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Öffentlichkeitsarbeit als Alternative zum Journalismus

Der Beruf des Journalisten ist für viele ein Traumberuf. Doch als ausgebildeter Journalist einen Job zu bekommen, ist gar nicht so leicht. Im vergangenen Jahr waren über 7000 Journalisten arbeitslos gemeldet. Eine Alternative zum Journalismus ist die Öffentlichkeitsarbeit. Die Fachhochschule Gelsenkirchen bietet Public Relations jetzt als eigenen Studiengang an.

Von Hilde Braun |
    Nils Hofmann ist Pressesprecher bei der Essener Verkehrs AG. Bevor er diesen Job machte war er Radiojournalist. Für den PR-Bereich musste er sich nicht nur ein ganz spezielles Fachvokabular aneignen, sondern ganz neue Aufgaben erledigen.

    " Das meiste lernt man hier als Training on the job, hier produzieren wir Geschäftsberichte, Broschüren, wir machen Lobbying, wir machen Veranstaltungen, Merchandising und sowas..."

    Dinge, die Nils Hofmann als Radiojournalist nicht gelernt hat. Für ihn als Quereinsteiger war das nicht immer einfach. Er ging nach dem Prinzip "Learning by Doing" vor, indem er sich alles selbst beibrachte: Ein Lexikon mit Public Relations Begriffen war der erste Schritt, der intensive Kontakt zu Agenturen der zweite, diverse Fortbildungen im Bereich Öffentlichkeitsarbeit der dritte:

    "Der entscheidende Unterschied ist, dass man Meinungsjournalist wird und daran muss man sich gewöhnen, dass heißt bevor man eine Entscheidung trifft muss man sich überlegen ob man mit einem Unternehmen auch durch eine Krise gehen mag und dann immer noch erhobenen Hauptes daraus geht. Ich hab das für die Verkehrsbranche mit Ja beantwortet bei mir.. "

    Genau diesen Sprung wie ihn Nils Hofmann gemacht hat, will die Fachhochschule Gelsenkirchen ab dem kommenden Wintersemester mit neuen Studienangeboten abfangen. Mit gutem Grund, denn die Branche wächst. Allein in Nordrhein-Westfalen wurden im vergangenen Jahr 250 neue Stellen geschaffen. Karl-Martin Obermeier ist Professor für den neuen Studiengang Journalismus und Public Relations:

    " Campaining bieten wir an, das heißt wie leg ich eine PR-Kampagne an, wir bieten an Public Affairs, das Unternehmen ja häufig gucken müssen wie reagiert die Politik und die Gesetzgebung auf die Tätigkeit der Unternehmen, wir bieten Evaluationskontrolle an, das heißt wie überprüfe ich eigentlich den Erfolg meiner Kampagne, aber natürlich auch, wie strategisch lege ich eine Mitarbeiterzeitung an, wie gestalte ich einen Geschäftsbericht..."

    Auf dem Bachelor-Studiengang liegt ein Numerus Clausus von 1,6. Zum Wintersemester können sich 60 Studierende bewerben. Das Studium dauert sechs Semester.
    Den Master in P.R. gibt es zum ersten Mal in Deutschland. Dazu werden nur 20 Studierende im Herbst zugelassen. Vorraussetzung: sie haben einen Abschluss, egal ob Diplom, Bachelor oder Magister und 2 Jahre Berufserfahrung. Die Dozenten kommen aus der Praxis:

    "Von einem ehemaligen Staatsminister, der Public Affairs, also die Politikschnittstelle anbieten wird bis hin zu ehemaligen Regierungssprecher und Koriphäen aus dem PR-Bereich, der klassische deutsche PR-Papst, der alle Standardwerke geschrieben hat ist Horst Avenarius, der wird bei uns auch als Lehrbeauftragter arbeiten."

    Neben Fächern wie Projektmanagement und visuelle Kommunikation wird den Studierenden klargemacht, dass sie als PR-Agent oder Pressesprecher ihre Seele für das Unternehmen in dem sie arbeiten nicht verkaufen müssen.

    "Es gibt mit Sicherheit schwierige Fälle von P. R. wenn ich an die Rüstungsindustrie denke wenn ich an die Tabakindustrie denke, wenn ich an die Gentechnik denke ist das im P.R. -Bereich mit Sicherheit nicht so ein Zuckerjob. "

    "Wir haben 3 bis 4 Module in dem wir uns mit Moral und Ethik in den Public Relations auseinandersetzen. "

    Nachteil des Masterstudienganges: er kostet Geld. Für 4 Semester müssen 20.000 Euro gezahlt werden. Einzelne Unternehmen haben aber bereits signalisiert für ihre Mitarbeiter diesen Betrag zu übernehmen. Wer nicht berufstätig ist, für den hat die Fachhochschule Gelsenkirchen eine Möglichkeit gefunden, die Kosten zu sparen. Die Studierenden können in einer neu gegründeten Junioragentur an der FH die Gebühren durch einen Halbtagsjob "abarbeiten" und gleichzeitig praktische Erfahrungen sammeln.

    Kreativität ist - fast noch stärker als im Journalismus - Voraussetzung für die Öffentlichkeitsarbeit. Das unterscheidet sich natürlich je nach Branche.
    Karl-Martin-Obermeier:

    " Die eine Richtung sind die Menschen die später in Unternehmen arbeiten in Kommunikationsabteilungen als Pressesprecher oder in Online-Redaktionen, die Kundenzeitschriften herausgeben also die klassisch inhouse arbeiten; und der zweite Pfad ist im Prinzip dieser Bereich der PR-Agenturen in Deutschland, dass ist eine Szene, die sich auch sehr gut entwickelt, das ist eine Branche die ein Umsatzplus im vergangenen Jahr von rund 12 Prozent hatte, das ist also eine prosperierende Branche."

    An der Fachhochschule Gelsenkirchen gibt es für den neuen Studiengang jedenfalls schon jede Menge Interessenten, von Bremen bis nach Bayern kommen die Bewerbungen. Beim Master gibt es noch Plätze, für den Bachelor findet die Auswahl nach der Bewerbungsfrist am 15. Juli statt.