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Österreich
Grenzzaun teilt Spielfelds Bürger

Im österreichischen Spielfeld, an der Grenze zu Slowenien, soll ein fast vier Kilometer langer Zaun entstehen. Damit sollen Flüchtlinge zurückgehalten werden. Doch noch hat der Zaun Lücken: Winzer und andere Grundbesitzer weigern sich, ihren Boden zur Verfügung zu stellen. Der Bürgermeister hofft dagegen, dass die Barriere bei der Ankunft von Flüchtlingen Chaos verhindern wird.

Von Stephan Ozsváth | 18.12.2015
    Arbeiter errichten einen 3,7 Kilometer langen Zaun in Spielfeld, an der Grenze zwischen Österreich und Slowenien.
    Ein 3,7 Kilometer langer Grenzzaun zwischen Österreich und Slowenien sorgt für Streit. (afp / Joe Klamar)
    Spielfeld, in der Südsteiermark. Soldaten des österreichischen Bundesheeres schuften in der Kälte. Sie hieven Drahtmodule mit Haken hoch an vier Meter hohe Stahlpfosten. Auf einer Hebebühne stehen zwei Soldaten und tackern den Maschendrahtzaun an einem Stahlseil fest. Im Hintergrund eine Scheune: Hellrosa die Aufschrift "Hell" – Hölle. Ein Bordell. Oben am Berg verläuft die Autobahn Richtung Maribor. Hier unten im Tal ist die Grenze zu Slowenien, hier kommen die Flüchtlinge an. Mit rosa Sprühfarbe sind die Stellen markiert, wo slowenische Arbeiter die Stahlpfosten in die Erde drillen.
    Der Zaun führt die Flüchtlinge künftig in einem 180-Grad-Winkel zu Containern. Dort werden sie registriert. Und dann geht es weiter zu den Versorgungszelten. Die sind beheizt. "Das ist ist ein System wie auf einem Flughafen. Das sind Maßnahmen, wo die Flüchtlinge dann geführt werden; das heißt, in Gruppen zu dieser Grenzkontrolle geführt werden, sodass nicht mehr die große Masse an einem Punkt ansteht", erklärt Fritz Grundnig von der Landespolizeidirektion Steiermark. Das Leitsystem soll Chaos verhindern helfen: Flüchtlinge sollen nicht mehr über Absperrungen springen können und sich den Weg selbst suchen. Deshalb soll der Miet-Zaun auch 3,7 Kilometer lang werden.
    Zaun mit Lücken
    "Das soll keine Absperr-Maßnahme sein, sondern es ist einfach ein Leitsystem. Wenn die Anreise aus dem Süden zu groß wird, dass verhindert wird, dass diese Menschen über die Grüne Grenze kommen. Sollte es in diesem Zaun Lücken geben, die es durchaus geben wird, lassen sich diese Lücken mit anderen Maßnahmen überwachen beziehungsweise auch mit dem Einsatz von Personal abdecken."
    Die Lücken, von denen der Polizist spricht, sind nicht klein: zum Teil einen halben Kilometer breit, etwa dort, wo ein Feldweg die Weinstöcke von Erich Polz in dem steilen Hügelgelände teilt. "Wir haben hier unsere Weingärten und wir leben davon. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier ein Zaun weitergebaut wird - außer man würde massivste Rodungsmaßnahmen durchführen. Wenn wir hier unsere Weinstöcke belassen - davon gehe ich aus - wird auch kein Zaun sein."
    Der Winzer und andere Grundbesitzer weigern sich, ihre Grundstücke für den Zaun zur Verfügung zu stellen. So auch Hermann Strobl, dem ein Stück Wald gehört. Der frühere Grazer Kulturstadtrat meint: "Ich halte den Zaun für ziemlich unsinnig. Ich halte die Positionierung unten bei der Grenze, beim Übergang, wo die Flüchtlinge reinkommen, mit Containern, Aufnahmemöglichkeiten, Registrierungsmöglichkeiten für sehr sinnvoll. Den Zaun halte ich für gar nicht sinnvoll, weil die Flüchtlinge nicht drüber gehen werden."
    Bürgermeister befürwortet den Grenzzaun
    Die Spielfelder haben die Bilder vom Oktober nicht vergessen: Als Hunderte Flüchtlinge Sperren durchbrachen, und umherirrten. Bürgermeister Reinhold Höflechner, ein Konservativer, begrüßt deshalb die Bauarbeiten. "Wir sind sehr froh, dass dieser Zaun jetzt gebaut wird mit dem gesamten Grenzmanagement." Und der könne hoffentlich bald wieder abgebaut werden, hofft der Lokalpolitiker. Das wünscht sich auch Bakir Ramadan aus Tetovo, der mit seiner mazedonischen Familie einen Imbiss in Nähe der Grenzstation betreibt. "Es ist nicht so gut, weil die Grenze zu ist. Das macht uns Probleme. Unser Geschäft ist der Grenzverkehr: Zwischen Linz und Bosnien – diese Leute kommen nicht mehr. Wir hoffen, dass die Grenze nicht lange geschlossen bleibt. Wir haben bis zu 80 Prozent Verlust gemacht."
    Polizist Grundnig ist nicht sehr optimistisch: Er glaubt, dass nach dem Winter wieder mehr Flüchtlinge kommen werden. Bis zu 11.000 pro Tag könnten mit dem neuen Leitsystem abgefertigt werden, schätzt er. Während der Bauarbeiten am Zaun sind es nur wenige, so wie dieser Mann: "Ich bin aus Syrien", sagt er. Und er beschreibt seinen Weg: Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Slowenien. Nach Deutschland will er, weil er dort Familie hat, erzählt er. Und er will studieren und arbeiten.