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Österreichs Bergbauern gehen neue Wege

Österreich hat innerhalb der Europäischen Union einen der höchsten Anteile an Berggebieten. Rund 39% aller land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (ohne reine Almbetriebe) sind in Österreich als Bergbauernbetriebe eingestuft. Bereits seit einigen Jahren wehren sich die Bergbauern, nur Landschaftsgärtner für die Tourismusbranche zu sein und wollen ihr Image mit einer konsequenten Umorientierung hin zu biologischer Landwirtschaft verändern, eine stärkere Profilierung soll dabei helfen.

von: Susanne Lettenbauer |
    Österreich hat innerhalb der Europäischen Union einen der höchsten Anteile an Berggebieten. Rund 39% aller land- und forstwirtschaftlichen Betriebe (ohne reine Almbetriebe) sind in Österreich als Bergbauernbetriebe eingestuft. Bereits seit einigen Jahren wehren sich die Bergbauern, nur Landschaftsgärtner für die Tourismusbranche zu sein und wollen ihr Image mit einer konsequenten Umorientierung hin zu biologischer Landwirtschaft verändern, eine stärkere Profilierung soll dabei helfen.

    Erst im vergangenen Jahr waren Österreichs und Deutschlands Bioverbände aufgeschreckt worden durch die Meldung, dass über 700 Biobergbauern nahezu geschlossen wieder zu konventioneller Landwirtschaft zurückgekehrt seien. Knapp 5000 Biobergbauern hatte es Mitte der 90er Jahre in Tirol gegeben, mittlerweile haben 2000 davon der alternativen Tierzucht den Rücken gekehrt und sind in den Schoss des allmächtigen Bauernbundes, der wichtigsten Teilorganisation der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), zurückgekrochen.

    Was hier wie das Ende der Biolandwirtschaft rund um Innsbruck und Salzburg anmutet, sind die Auswirkungen eines Übergangsprozesses, der eine Gesundschrumpfung ist. Denn:

    Im Tiroler Berggebiet wie auch im Pongau, Pinzgau und Salzburger Land pendelt die Zukunft des biologischen Landbaues zwischen den zwei Polen, die da heißen: Idealismus und Pragmatismus. Doch seit vergangenem Herbst scheinen diese Pole keine Gegensätze mehr zu sein. Junge Vermarkterfirmen wie "Bio vom Berg” helfen in Form von Genossenschaften, Kontakte zu Österreichs Supermarktketten aufzubauen, um diese zu einer eigenen Bioproduktpalette anzuregen. Denn Bioläden wie in Deutschland gibt es hier nicht.

    Hieß es zur letzten Wahl von der SPÖ, der Anteil des Bio-Landbau sollte in den nächsten 5 bis 7 Jahren auf 25% gesteigert werden, schauen die Bergbauern derweil sehr genau, wo es die konkreten Zukunftschancen gibt.

    Anton Maier aus St. Johann im Pongau, gut 50 Kilometer südlich von Salzburg, macht seinen Schülern vor, wie ein biologisch bewirtschafteter Hof mit Holzstall und freilaufenden Kühen aussehen muss. Maier ist neben Landwirt auch Lehrer für Betriebswirtschaftslehre an der landwirtschaftlichen Fachschule Bruck an der Großglocknerstrasse - dort, wo die 15-17jährigen zukünftigen Bergbauern das Handwerk lernen: Schlachten, Buttern, Käsen, Züchten und - Förderanträge stellen. Immer öfter fällt den Jungen beim Rechnen auf, dass Biohöfe mit Kühen bis zu 5000 Liter Milchleistung im Jahr weniger Arbeit machen, mehr Geld bringen und nebenbei umweltfreundlicher als 12 000 Liter Superkühe sind.

    Galt es in den Nachkriegsjahren noch, den Schülern und deren Eltern beizubringen, wie man möglichst viel und rationell produziert, so geht es heute hauptsächlich darum, wie man am besten Kosten einsparen kann und trotzdem Geld bekommt. Denn der überwiegende Teil der 7300 Bergbauern im Salzburger Land sind Nebenerwerbsbauern.

    Seit Österreich 1995 EU-Mitglied wurde, gelten für die Bauern im Alpenland die allgemeinen Förderrichtlinien Europas. Daneben gibt es das Österreichische Programm für Umwelt und Landwirtschaft ÖPUL, das ergänzt wird durch die Ausgleichszulagen je nach Lage des Bauernhofes.

    Anton Maiers Hof mit 14 Kühen und 20 Jungrindern liegt im Tal, in der so genannten Erschwernisgruppe 0 des Berghöfekatasters, pro Hektar erhält er 250 Euro im Jahr, die konventionellen Bauern erhalten 160 Euro:

    Bezogen auf die Fläche sind wir fast an der Obergrenze. Wir haben zu Haus 15 ha und da gibt es eben bei diesem ÖPUL-Programm Obergrenzen, die darf man nicht überschreiten. Pro Tier sind es 1,9 Großvieheinheiten pro Hektar. Das Programm ist an sich sehr vernünftig ausgetüftelt. Man könnte in manchen Bereichen noch feilen und sagen: Unterstützen wir die biologische Produktion noch mehr, wenn wir hier den Fördersatz erhöhen und für die nichtbiologische Produktion erniedrigen, dann würden noch mehr Bauern in diese Richtung umsteigen.

    Von Anfang Juni bis Anfang September sind Maiers 35 Tiere auf der 50 Kilometer weit entfernten Alm, 1400 Meter hoch. 220 Euro steuert das ÖPUL-Programm zu jeder Kuh bei, sein Kollege im örtlichen Bauernladen mit der Erschwernisgruppe 3, Rupert Hubbauer, seit 1992 Vollzeit-Ökobergbauer, erhält noch ein wenig mehr:

    Für mich ist die Förderung sehr wichtig. Ohne die Förderung könnte ich den Betrieb nicht so bewirtschaften. Also dann müsste ich mir dann in dieser Zeit überlegen, ob ich nicht irgendwo einem Nebenerwerb nachgehe außerlandwirtschaftlich. Uns so sage ich mir, mit der Direktvermarktung ein bisschen und der Landwirtschaft ist das der Weg, der passt. Es muss jeder Betrieb sowieso seinen eigenen Weg finden, aber so passt er für mich und die Bauern hier im Bauernladen. Wie gesagt, für mich lohnt es sich nur im Zusammenhang mit den Förderungen. Dass man von der Produktion allein leben könnte, ist unrealistisch.

    Bergbauern wie Hubbauer und Maier ist die Biolandwirtschaft ein Anliegen, keine Frage. Maier ist auch überzeugt, dass seine Schüler ökologisch und extensiv wirtschaften werden, was im Alpengebiet oftmals gar nicht anders geht. Sie sind Mitglied im Verband "Bio Ernte Austria”, einem der 9 Anbauverbände Österreichs. Wer in keinem dieser Verbände ist wie die so genannten Kodexbetriebe, jene, die vor nicht allzu langer Zeit so zahlreich wieder zum konventionellen Landbau gewechselt sind, sind die Pragmatiker. Ob Bio oder nicht, ist nur eine Frage des Fördergeldes. Unterdessen kämpft die kleine, aber überaus publizierfreudige Bundesanstalt für Bergbauernfragen in Wien um ihre Existenz, da sie Fragen aufwirft nach der Vision, was eine Bergbauern-Landwirtschaft jenseits von Hobbyzüchtern in Zukunft leisten soll.