Wenn Axel Esder in seinem Büro ans Fenster tritt und auf das 200.000 Quadratmeter große Firmenareal blickt, dann stapeln sich vor seinen Augen auf dem Lagerplatz zahllose Stahlröhren: Jede ist 18 Meter lang mit einem Durchmesser von bis zu 1,20 Metern.
"Europipe produziert im Schnitt im Jahr ungefähr eine Million Tonnen Rohre. Damit sind wir Weltmarktführer."
Europipe: ein Name für einen Weltmarktführer, der selbst im Ruhrgebiet, dem einstigen Kernland der deutschen Schwerindustrie, vielen nichts sagt. Dabei kann das frühere Mannesmann Röhrenwerk auf eine lange Tradition zurückschauen.
"Europipe ist 1991 gegründet worden, damals ein Gemeinschaftsunternehmen der Gründungsfirmen Mannesmann Röhrenwerke, Bergrohr Herne und Unisor Sacilor. Es ist ein deutsch-französisches Gemeinschaftsunternehmen","
erläutert Axel Esder, der für Europa und die GUS-Staaten zuständige Verkaufsleiter. Inzwischen gehört der Hersteller von Hightech-Röhren für Öl- und Gaspipelines zu je 50 Prozent dem Salzgitter-Konzern sowie der Dillinger Hütte, die sich wiederum zu mehr als der Hälfte im Besitz des Stahlkonzerns Arcelor Mittal befindet.
Europipe ist ein typisches Produkt der Globalisierung. Und es ist es eine Perle für seine Besitzer. Denn Röhren aus der Produktion von Europipe gehören zum Besten, was auf dem Weltmarkt zu finden ist. Da Röhren für eine Offshore-Pipeline für eine Einsatzdauer von mindestens 40 bis 45 Jahren ausgelegt sind, stellt Axel Esder nicht ohne Stolz fest:
""Europipe hat für alle weltweit ausgelieferten Projekte im Offshore-Bereich noch nie eine Reklamation gehabt."
Auch wenn man es ihnen von außen kaum ansieht: Röhren aus Mülheim sind Hightech-Produkte. Sie müssen enormen Belastungen Stand halten: zum einen vom Außendruck her, zum anderen aber auch von den Temperaturen sowie den zersetzenden Einflüssen von Chemikalien, die Erdöl- und Erdgas teilweise enthalten.
Aus seinem Bürofenster im fünften Stock des architektonisch nüchternen Verwaltungsgebäudes kann Esder jeden Tag dem florierenden Absatz zusehen, denn jeden Tag verlassen drei Züge mit 27 Waggons das Werk in Mülheim, beladen mit einem Gesamtgewicht von 1000 Tonnen Röhren. Ihr Zielort: der Fährhafen Mukran auf Rügen. Ihr Bestimmungszweck: in der Ostsee zwischen dem russischen Hafen Wyborg und Greifswald versenkt zu werden.
Durch diese Pipeline des Baukonsortiums Nordstream sollen schon in drei Jahren fast 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach Deutschland fließen: ein Riesenauftrag für Europipe. Denn diese Pipeline
"hat eine Länge von 1220 Kilometern. Das sind Rohre im Durchmesser von ungefähr 1,22 Meter. 1220 Kilometer entspricht ungefähr einer Gesamttonnage von 1,2 Millionen Tonnen. Davon hat Europipe einen Anteil von 900 Kilometern mit ungefähr 860.000 Tonnen bekommen."
Macht unter dem Auftragsstrich:
"Das ist eine Milliarde Euro. Das ist vom Wert und von der Größenordnung her das größte Geschäft, das Europipe jemals gemacht hat."
Dafür liefert Europipe aber auch sozusagen "mitdenkende" Röhren. In Russland wird das Gas mit einem Druck von 220 Bar eingepumpt, 1200 Kilometer weiter westlich in Greifswald kommt es mit rund 100 Bar an. Das heißt: Im Verlauf der Strecke müssen die gelieferten Röhren auf unterschiedliche Druckverhältnisse ausgelegt sein - und dementsprechend vom Durchmesser sowie der Wandstärke bereits in der Produktion angepasst werden: eine technologische Herausforderung, müssen doch bis Januar 2010 pro Monat circa 50 Kilometer Röhren am Standort Mülheim von den 550 Mitarbeitern rechtzeitig gefertigt und geliefert werden - in einer Halle, die es nach einer kurzen Autofahrt vom Verwaltungsgebäude auf das Firmengelände in mehrfachem Sinn in sich hat.
"Wir befinden uns jetzt hier in dem Herzstück der Mülheimer Produktion, in der sogenannten 18-Meter-Straße, weil hier Rohre bis 18 Meter gefertigt werden können."
Rohre, die aus zwei Zentimeter dicken Stahlblechen entstehen. Der Spezialstahl wurde schon bei der Schmelze exakt auf die Belastungen am Grund der Ostsee abgestimmt. In Mülheim werden diese Bleche dann kalt gepresst. Im zweieinhalb Minutentakt - wie Ingenieur und Qualitätsmanager Dr. Christoph Kalwa beschreibt.
"Hier sehen wir den gesamten Bereich der 18-Meter-Straße. Wir fangen an im Bereich vorne, der Blechauflage, hier, etwas weiter vorn, sehen Sie die Hobelbank, an der die Blechkanten angearbeitet werden für die späteren Schweißungen. Wenn Sie sich jetzt umsehen, sehen Sie die Anbiegepresse, die dafür zuständig ist, die Bleche in den nahtnahen Bereich so vorzubereiten, dass sie hinterher den hohen Anforderungen gerecht werden."
Aus einem flachen Blech formen computergesteuerte Pressen erst ein "U", dann unter Einsatz einer der weltgrößten Pressen ein kreisrundes "O", dem nur noch Schweißnähte von innen und außen fehlen.
"Unser Herzstück - und auf das wir auch sehr stolz sind, ist unsere Hochpresse. Die Hochpresse hat 60.000 Tonnen. Das ist eine schnell gesagte Zahl. 60.000 Tonnen sind auf einem ganz schmalen Raum zusammengestaut: 60.000 Kleinwagen."
Jedes Blech trägt eine Nummer, um die Qualitätsherkunft nachweisen zu können. Und diese Nummer erhält dann auch das daraus gerundete Rohr. Ein Rohr, das die diversen Pressen sowie die Wasch- und die Schweißanlage durchlaufen hat, gleicht letztlich wie einem Ei dem anderen - und das mehrfach qualitätsgesichert.
Bei der Verlegung unter Wasser passen die Rundlinge beim mechanischen Zusammenschweißen schließlich wie eineiige Zwillinge zusammen. Bei der Qualitätskontrolle verlässt sich Europipe aber nicht nur auf die rechnergesteuerte Produktion. Jedes Rohr wird von einem Mitarbeiter genau in Augenschein genommen. Christoph Kalwa:
"Und das wird mit einem Mann gemacht, der durch das Rohr durchgefahren wird. Bei 600 Millimeter Rohren, bei 60 Zentimeter Durchmesser, da muss man schon ganz stabil sein von der Psyche her, dass man keine Angst drin bekommt."
Der Nord-Stream-Auftrag für die Ostsee-Gaspipeline ist zwar sprichwörtlich ein dicker Fisch für Europipe - für den Großauftrag werden pro Tag bis zu sechs Kilometer Röhren produziert - doch das lastet die Werkskapazität nur zu 40 Prozent aus. Europipe hat sich schließlich, so Axel Esder, nicht nur auf Offshore-Röhren verlegt.
"Aber natürlich liefern wir auch Rohre für Ölleitungen, für Konstruktionen. Plattformbeine zum Beispiel werden auch aus unseren Rohren gemacht. Wenn Sie sich heute mal so eine Fußballarena anschauen, da ist in der Dachkonstruktion auch schon das eine oder andere Europipe-Rohr drin zu finden."
Deutsches Röhren-Know-How ist gefragt, denn weltweit steigt mit dem Energiehunger auch der Bedarf nach qualitativ herausragenden Öl- und Gaspipelines. Und darum, so Axel Esder, befindet sich Europipe von Mülheim an der Ruhr auch auf globalem Expansionskurs.
"Wir sind weltweit tätig. Wir haben eine weitere Firma in Florida in den USA, Panama City. Wir haben eine weitere in Vittoria in Brasilien und bauen ein weiteres Werk jetzt in Alabama, in Mobile."
Speziell ausgerichtet auf den amerikanischen Markt mit der dort gefragten Spiralröhrentechnik, aber auch die beherrschen die Mülheimer Ingenieure aus dem Effeff.
"Europipe produziert im Schnitt im Jahr ungefähr eine Million Tonnen Rohre. Damit sind wir Weltmarktführer."
Europipe: ein Name für einen Weltmarktführer, der selbst im Ruhrgebiet, dem einstigen Kernland der deutschen Schwerindustrie, vielen nichts sagt. Dabei kann das frühere Mannesmann Röhrenwerk auf eine lange Tradition zurückschauen.
"Europipe ist 1991 gegründet worden, damals ein Gemeinschaftsunternehmen der Gründungsfirmen Mannesmann Röhrenwerke, Bergrohr Herne und Unisor Sacilor. Es ist ein deutsch-französisches Gemeinschaftsunternehmen","
erläutert Axel Esder, der für Europa und die GUS-Staaten zuständige Verkaufsleiter. Inzwischen gehört der Hersteller von Hightech-Röhren für Öl- und Gaspipelines zu je 50 Prozent dem Salzgitter-Konzern sowie der Dillinger Hütte, die sich wiederum zu mehr als der Hälfte im Besitz des Stahlkonzerns Arcelor Mittal befindet.
Europipe ist ein typisches Produkt der Globalisierung. Und es ist es eine Perle für seine Besitzer. Denn Röhren aus der Produktion von Europipe gehören zum Besten, was auf dem Weltmarkt zu finden ist. Da Röhren für eine Offshore-Pipeline für eine Einsatzdauer von mindestens 40 bis 45 Jahren ausgelegt sind, stellt Axel Esder nicht ohne Stolz fest:
""Europipe hat für alle weltweit ausgelieferten Projekte im Offshore-Bereich noch nie eine Reklamation gehabt."
Auch wenn man es ihnen von außen kaum ansieht: Röhren aus Mülheim sind Hightech-Produkte. Sie müssen enormen Belastungen Stand halten: zum einen vom Außendruck her, zum anderen aber auch von den Temperaturen sowie den zersetzenden Einflüssen von Chemikalien, die Erdöl- und Erdgas teilweise enthalten.
Aus seinem Bürofenster im fünften Stock des architektonisch nüchternen Verwaltungsgebäudes kann Esder jeden Tag dem florierenden Absatz zusehen, denn jeden Tag verlassen drei Züge mit 27 Waggons das Werk in Mülheim, beladen mit einem Gesamtgewicht von 1000 Tonnen Röhren. Ihr Zielort: der Fährhafen Mukran auf Rügen. Ihr Bestimmungszweck: in der Ostsee zwischen dem russischen Hafen Wyborg und Greifswald versenkt zu werden.
Durch diese Pipeline des Baukonsortiums Nordstream sollen schon in drei Jahren fast 30 Milliarden Kubikmeter Erdgas nach Deutschland fließen: ein Riesenauftrag für Europipe. Denn diese Pipeline
"hat eine Länge von 1220 Kilometern. Das sind Rohre im Durchmesser von ungefähr 1,22 Meter. 1220 Kilometer entspricht ungefähr einer Gesamttonnage von 1,2 Millionen Tonnen. Davon hat Europipe einen Anteil von 900 Kilometern mit ungefähr 860.000 Tonnen bekommen."
Macht unter dem Auftragsstrich:
"Das ist eine Milliarde Euro. Das ist vom Wert und von der Größenordnung her das größte Geschäft, das Europipe jemals gemacht hat."
Dafür liefert Europipe aber auch sozusagen "mitdenkende" Röhren. In Russland wird das Gas mit einem Druck von 220 Bar eingepumpt, 1200 Kilometer weiter westlich in Greifswald kommt es mit rund 100 Bar an. Das heißt: Im Verlauf der Strecke müssen die gelieferten Röhren auf unterschiedliche Druckverhältnisse ausgelegt sein - und dementsprechend vom Durchmesser sowie der Wandstärke bereits in der Produktion angepasst werden: eine technologische Herausforderung, müssen doch bis Januar 2010 pro Monat circa 50 Kilometer Röhren am Standort Mülheim von den 550 Mitarbeitern rechtzeitig gefertigt und geliefert werden - in einer Halle, die es nach einer kurzen Autofahrt vom Verwaltungsgebäude auf das Firmengelände in mehrfachem Sinn in sich hat.
"Wir befinden uns jetzt hier in dem Herzstück der Mülheimer Produktion, in der sogenannten 18-Meter-Straße, weil hier Rohre bis 18 Meter gefertigt werden können."
Rohre, die aus zwei Zentimeter dicken Stahlblechen entstehen. Der Spezialstahl wurde schon bei der Schmelze exakt auf die Belastungen am Grund der Ostsee abgestimmt. In Mülheim werden diese Bleche dann kalt gepresst. Im zweieinhalb Minutentakt - wie Ingenieur und Qualitätsmanager Dr. Christoph Kalwa beschreibt.
"Hier sehen wir den gesamten Bereich der 18-Meter-Straße. Wir fangen an im Bereich vorne, der Blechauflage, hier, etwas weiter vorn, sehen Sie die Hobelbank, an der die Blechkanten angearbeitet werden für die späteren Schweißungen. Wenn Sie sich jetzt umsehen, sehen Sie die Anbiegepresse, die dafür zuständig ist, die Bleche in den nahtnahen Bereich so vorzubereiten, dass sie hinterher den hohen Anforderungen gerecht werden."
Aus einem flachen Blech formen computergesteuerte Pressen erst ein "U", dann unter Einsatz einer der weltgrößten Pressen ein kreisrundes "O", dem nur noch Schweißnähte von innen und außen fehlen.
"Unser Herzstück - und auf das wir auch sehr stolz sind, ist unsere Hochpresse. Die Hochpresse hat 60.000 Tonnen. Das ist eine schnell gesagte Zahl. 60.000 Tonnen sind auf einem ganz schmalen Raum zusammengestaut: 60.000 Kleinwagen."
Jedes Blech trägt eine Nummer, um die Qualitätsherkunft nachweisen zu können. Und diese Nummer erhält dann auch das daraus gerundete Rohr. Ein Rohr, das die diversen Pressen sowie die Wasch- und die Schweißanlage durchlaufen hat, gleicht letztlich wie einem Ei dem anderen - und das mehrfach qualitätsgesichert.
Bei der Verlegung unter Wasser passen die Rundlinge beim mechanischen Zusammenschweißen schließlich wie eineiige Zwillinge zusammen. Bei der Qualitätskontrolle verlässt sich Europipe aber nicht nur auf die rechnergesteuerte Produktion. Jedes Rohr wird von einem Mitarbeiter genau in Augenschein genommen. Christoph Kalwa:
"Und das wird mit einem Mann gemacht, der durch das Rohr durchgefahren wird. Bei 600 Millimeter Rohren, bei 60 Zentimeter Durchmesser, da muss man schon ganz stabil sein von der Psyche her, dass man keine Angst drin bekommt."
Der Nord-Stream-Auftrag für die Ostsee-Gaspipeline ist zwar sprichwörtlich ein dicker Fisch für Europipe - für den Großauftrag werden pro Tag bis zu sechs Kilometer Röhren produziert - doch das lastet die Werkskapazität nur zu 40 Prozent aus. Europipe hat sich schließlich, so Axel Esder, nicht nur auf Offshore-Röhren verlegt.
"Aber natürlich liefern wir auch Rohre für Ölleitungen, für Konstruktionen. Plattformbeine zum Beispiel werden auch aus unseren Rohren gemacht. Wenn Sie sich heute mal so eine Fußballarena anschauen, da ist in der Dachkonstruktion auch schon das eine oder andere Europipe-Rohr drin zu finden."
Deutsches Röhren-Know-How ist gefragt, denn weltweit steigt mit dem Energiehunger auch der Bedarf nach qualitativ herausragenden Öl- und Gaspipelines. Und darum, so Axel Esder, befindet sich Europipe von Mülheim an der Ruhr auch auf globalem Expansionskurs.
"Wir sind weltweit tätig. Wir haben eine weitere Firma in Florida in den USA, Panama City. Wir haben eine weitere in Vittoria in Brasilien und bauen ein weiteres Werk jetzt in Alabama, in Mobile."
Speziell ausgerichtet auf den amerikanischen Markt mit der dort gefragten Spiralröhrentechnik, aber auch die beherrschen die Mülheimer Ingenieure aus dem Effeff.