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Olympiavergabe 2020
Ein Schwarzgeldkonto in Singapur

Die Vergabe der Sommerspiele 2020 nach Tokio steht unter Korruptionsverdacht. Frankreichs Staatsanwaltschaft ermittelt.

Von Thomas Kistner | 12.05.2016
    Ein Banner von Olympia 2020 in Tokio
    Ein Banner von Olympia 2020 in Tokio (Marina Schweizer)
    Seit Dezember ermittelt die Strafbehörde zu rund 1,8 Millionen Euro, die vor und nach der Städte-Kür des Internationalen Olympischen Komitees im September 2013 von einer japanischen Bank auf ein Schwarzgeldkonto in Singapur gezahlt wurden. In Juli und Oktober ging der Reibach auf das Konto einer Firma namens "Black Tidings", die eng an Papa Massata Diack angebunden ist, Sohn des ehemaligen Präsidenten des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF, Lamine Diack.
    Diack sitzt seit Dezember in Frankreich fest, seinen Sohn sucht Interpol per Haftbefehl. Diack Senior, der auch IOC-Mitglied war und über den Spieleort 2020 abgestimmt hatte, soll in der IAAF ein Korruptionssystem installiert haben, unter anderem, um positive Dopingproben gegen Schmiergeldzahlungen zu vertuschen. "Black Tidings" war bei diesen Schmutzgeschäften ein zentrales Werkzeug.
    Als Kontoinhaber firmiert ein Berater aus dem Umfeld des japanischen Marketing-Riesen Dentsu. Der taucht in vielen großen Sportaffären seit den Neunzigerjahren auf und ist mit der IAAF verbandelt. Dort war der Marketing-Zuständige bis vor kurzem Papa Massata. Interpol soll noch weit mehr fragwürdige Geldflüsse auf das Konto von Diacks Freund in Singapur zutage gefördert haben als bisher bekannt.
    Dem IOC beschert aber schon die aktuelle Enthüllung einen Rückfall in die alte Skandalzeit rund um die Salt-Lake-City-Affäre. Denn die japanischen Geldgeber versuchten nicht einmal, ihre Absicht zu verschleiern: "Tokio 2020 Olympic Game Bid" hieß laut Staatsanwaltschaft die Betreffzeile der Überweisungen: Olympia-Bewerbung 2020 Tokio. Im IOC war zudem gut bekannt, dass der einflussreiche Diack einschlägig vorbelastet war: Schon 2011 hatte er einen Verweis erhalten, weil er Geld von einer Schmiergeldagentur angenommen hatte.
    Die Salt-Lake-Affäre brachte das IOC an den Rand des Untergangs. Die Tokio-Affäre bringt es zumindest auf Augenhöhe mit der anderen Skandalorganisation im Weltsport, dem Fußballweltverband Fifa. Das FBI, heißt es, interessiert sich nun für die Vorgänge um beide Federationen.