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Chinesische Händler umgehen Umsatzsteuer

Über Amazon und Co. bieten auch viele Händler aus China ihre Ware an. Dafür müssten sie bei Versand aus Deutschland an die deutschen Behörden Umsatzsteuer zahlen - tun das aber häufig nicht. Die Markplatzbetreiber weisen die Verantwortung von sich. Und dem Fiskus entgeht ein hoher dreistelliger Millionenbetrag.

Von Sina Fröhndrich und Steffen Wurzel | 07.03.2018
    Der Mousezeiger eines Computers zeigt auf einer Seite des Internet-Handels von Amazon auf die Funktion Einkaufswagen
    Den Verbrauchern ist häufig nicht klar, von welchem Händler sie bei Onlinebestellungen ihre Ware bekommen (dpa / Carsten Rehder)
    Eine Versandtasche aus Karton. Inhalt: drei Ladekabel für ein Smartphone.
    "Hier sind jetzt die Ladekabel für mein Smartphone drin, die ich mir über Amazon bestellt habe. Nochmals eingeschweißt in eine Tüte, ansonsten ist der Pappumschlag leer, hier ist nichts weiter drin: keine Rechnung, auch draußen klebt nichts dran."
    Auf dem Karton prangt das Logo von Amazon. Hinter der Lieferung steckt aber nicht der US-Konzern selbst, sondern ein kleiner Händler aus China. Amazon übernimmt nur die Lagerung und den Versand. FBA - Fulfilment by Amazon, Vollzug durch Amazon - nennt sich dieses Modell. Der chinesische Händler bietet seine Ware über die Onlineplattform an - Marktplatz wird das genannt -, Amazon wickelt den Rest ab. Eine von drei Möglichkeiten, wie über Amazon verkauft wird. Denkbar ist auch, dass Amazon selbst als Händler auftritt oder ein Händler die Plattform nur für den Verkauf nutzt, den Versand aber selbst abwickelt.
    Viele ausländische Händler nicht registriert
    Im konkreten Beispiel lagerten die Ladekabel aus China im Amazon-Zentrum in Bad Hersfeld. Auf Nachfrage schickt der chinesische Händler zwar eine Rechnung - allerdings gibt es ein Problem mit der Umsatzsteuer. Die Rechnung ist falsch.
    "Sofern wir davon ausgehen, dass die Gegenstände aus einem deutschen Lager versandt worden sind, ist die Rechnung nicht korrekt. Der chinesische Lieferant hat zwar in seiner Rechnung den deutschen Steuersatz von 19 Prozent ausgewiesen. Allerdings muss er die von seinem Finanzamt des Landes, in dem er seinen Umsatz erklärt, erteilte Steuernummer angeben. Er hätte also bei einer Lieferung innerhalb Deutschlands auf der Rechnung seine deutsche Steuernummer angeben müssen. Tatsächlich ist aber auf der Rechnung seine britische Steuernummer angegeben."
    Nathalie Harksen kennt sich aus mit Umsatzsteuerfragen - sie hat eine Steuerberatungsgesellschaft in Münster. Dass der Händler für den Beispielkauf Umsatzsteuer in Deutschland abgeführt hat, ist nach ihrer Darstellung unwahrscheinlich. Und das ist kein Einzelfall. Schon länger beschweren sich deutsche Händler und auch Kunden darüber, dass ausländische Händler bei Amazon die hierzulande verpflichtende Umsatzsteuer umgehen.
    Schon 2016 sprach der Bundesrechnungshof von der "Steueroase Internet". Derzeit im Fokus sind vor allem Händler aus China. Kurz nach Weihnachten wurden die für chinesische Händler zuständigen Steuerfahnder aus Berlin-Neukölln aktiv: Mehrere Konten sollen gesperrt worden sein, die Behörde gibt sich auf Nachfrage zu laufenden Ermittlungen aber wortkarg und teilt nur so viel mit: Offiziell sind beim Berliner Finanzamt 680 Unternehmen aus China und Hongkong registriert. Auf dem Marktplatz bei Amazon, über den Händler ihre Ware anbieten, tummeln sich aber nach Meinung von Experten deutlich mehr.
    Mark Steier war selbst lange Zeit erfolgreicher Verkäufer bei der mit Amazon konkurrierenden Online-Plattform eBay und beobachtet die Marktplätze sehr genau.
    "Eine ganz aktuelle Zahl, die ich ermittelt habe, ist, dass rund 2.000 Händler gegenwärtig bei Amazon Deutschland registriert sind, die das Land China angegeben haben und die keine Steuernummer haben. Das bedeutet, das sind die Chinahändler, die ganz sicher illegal und steuerhinterziehend handeln. Die tatsächliche Anzahl ist wesentlich größer, sie liegt bei rund 10.000, weil es halt auch noch Händler gibt, die mit gefälschten Steuernummern arbeiten oder die schlicht und ergreifend ihre Länder nicht angeben."
    Amazon weist Verantwortung von sich
    Amazon lehnt eine Gesprächsanfrage von Deutschlandfunk ab. Die Pressestelle verweist darauf, dass die Verkäufer auf dem Marktplatz selbst dafür verantwortlich seien, ihre steuerrechtlichen Pflichten zu erfüllen.
    Die Plattform sieht sich nur als Vermittler - und lässt sich das auch bezahlen. Für die Lagerung sind es bis zu 28 Euro je Kubikmeter, der Versand eines T-Shirts kostet einen Händler beispielsweise 2,60 Euro. Inzwischen läuft die Hälfte des Handels auf Amazon über den Marktplatz ab. In Deutschland gibt es Zehntausende Händler. Ein gutes Geschäft für Amazon - und auch für Einzelhändler, nicht nur für die aus China. Amazon profitiert von erfolgreichen Händlern und die profitieren vom Namen Amazon. Für den Kunden jedoch ist es nicht immer sofort ersichtlich, bei wem sie letztlich bestellen.
    Mark Steier spricht von "Marktplatzamnesie. Am Ende des Tages weiß keiner mehr, von wem er das Produkt gekauft hat, sondern nur wo - sprich bei Amazon oder Ebay. Natürlich ist es schön, wenn beide Marktplätze deutlicher darstellen, von welchem Händler die Produkte kommen beziehungsweise wo der Händler sitzt. Letztendendes ist das eine Fairness gegenüber den Verbrauchern, damit diese eine bewusste Entscheidung treffen können."
    Amazon-Vertriebszentrum in Deutschland
    Amazon weist jegliche Verantwortung von sich (dpa / Katerina Sulova)
    13 Milliarden Euro Umsatz soll Amazon 2015 allein in Deutschland gemacht haben - der Konzern selbst schweigt sich dazu aus. Doch der Staat geht meist leer aus, weil er kaum Umsatzsteuer sieht. Die Rede ist von einem hohen dreistelligen Millionenbetrag, der dem Fiskus entgeht. Hessens Finanzminister Thomas Schäfer von der CDU sieht Handlungsbedarf:
    "Der Marktplatz ist sozusagen nur der Vermittler. Und die Vermittler haben bisher keine Veranlassung für sich gesehen, die Erfüllung steuerlicher Verpflichtungen dort in die Überwachung mit aufzunehmen. Das zu korrigieren ist ein notwendiger Punkt, denn vielfach sind es ja Händler, die weit weg von der deutschen Finanzverwaltung ihre Tätigkeit haben - und Vollstreckungsmaßnahmen nach China sind sicherlich Dinge, wo man nicht so sicher sein kann, ob die am Ende erfolgreich wären."
    Marktplatzbetreiber in die Pflicht nehmen - oder deutsche Steuerbehörden stärken
    Die Länderfinanzminister wollen noch in diesem Quartal einen Gesetzesentwurf vorlegen. Ziel: die Marktplatzbetreiber wie Amazon oder Ebay in die Pflicht nehmen. Derzeit sieht das deutsche Recht den Lieferanten als Steuerschuldner. Das soll sich ändern.
    "Das heißt, in der Sekunde, wo ein Händler, der die Plattform nutzt, seinen steuerlichen Pflichten nicht genügt, dass dann der Betreiber der Plattform haften muss. Sozusagen in einer Kaskade. Und diese Regelung würden wir in der nationalen Gesetzgebung jetzt beginnend in diesem Jahr verankern."
    Auch die EU-Kommission will die Marktplatzbetreiber stärker in die Pflicht nehmen. Amazon und Co. sollen ab 2021 dazu verpflichtet sein, die Umsatzsteuer von Händlern abzuführen, die aus einem Nicht-EU-Land Waren in die EU liefern.
    Skeptisch bewertet der Bundesverband Onlinehandel das Vorhaben. Es gebe allein in Deutschland - neben Amazon und Ebay - 80 solcher Marktplätze. Alle zu überwachen sei unmöglich, sagt Verbandspräsident Oliver Prothmann. Er spricht von einem Katz- und Maus-Spiel.
    "Ja, es ist heute so, dass die Händler insbesondere über Amazon und Ebay verkaufen. Aber worüber verkaufen sie denn morgen und übermorgen? Sie können übermorgen dann ihren Online-Shop haben, da machen sie genauso weiter. Sie können einen anderen Marktplatz benutzen, wo deutsche Behörden keinen Zutritt haben. Deswegen ist das für mich nicht die Lösung, sondern nur so ein Pflaster."
    Der Bundesverband Onlinehandel setzt stattdessen auf mehr Personal in den Finanzbehörden und auf Abmahnungen gegen Händler, die die Umsatzsteuer nicht korrekt abführen. Prothmann war Anfang des Jahres in China unterwegs. Dort, erzählt er, sei sehr wohl registriert worden, dass deutsche Steuerbehörden verstärkt gegen chinesische Amazonhändler vorgehen.
    "Das ging rum wie ein Lauffeuer, wie man so schön sagt. Das heißt, die Art der Maßnahme war sehr effektiv und hat bei einer Menge von Händlern dazu geführt, dass sie darüber nachdenken, was sie als nächstes machen. Ich hab erste Anfragen, die wollen hier ein Unternehmen in Deutschland anmelden, um das Thema dann korrekt zu machen."
    Über Amazon verkaufen, aus China versenden
    Ein unscheinbares Geschäftsgebäude im Norden von Shanghai. Im dritten Stock befindet sich - neben einem kleinen Studio für Animationsfilme und einer Kindertagesstätte - die Onlinehandels-Firma von Pete mit einem Jahresumsatz von umgerechnet rund 5 Millionen Euro.
    "That’s our Amazon team over there. And here we have a Wish team, an Ebay team and we also have some people for purchasing."
    Pete hat in Großbritannien studiert und seit einigen Jahren lebt er mit Frau und Tochter in Shanghai. Über seinen Onlineshop verkauft er vor allem Heimdeko-Artikel und Klamotten, unter anderem auch nach Europa. Hier im Shanghaier Großraumbüro arbeiten etwa zehn seiner insgesamt 40 Mitarbeiter.
    "This is a system where one of our sales persons is replying to customer mails - those work in our amazon team."
    Verkauft wird über vier verschiedene Plattformen: per Ebay, über die amerikanische App Wish, über die in China erfolgreichste Shopping-App Taobao und - besonders wichtig für den europäischen Markt - auf Amazon.
    "This is the backend but that’s also what the customers see on their phone."
    Pete gibt sich im Gespräch betont offen: Steuern zahle er bei Verkäufen in Europa nur manchmal. Und das sei völlig legal. Diese auf den ersten Blick unlogisch klingende steuerrechtliche Aussage hat jedoch mit den Besonderheiten von Amazon zu tun.
    Denn chinesische Händler haben mehrere Möglichkeiten, ihre Waren über die Plattform zu verkaufen. Sie können Waren quasi auf Vorrat in europäischen Logistikzentren des US-Konzerns einlagern und von dort aus versenden. Vorteil: Diese Produkte kommen schnell beim Kunden an. Nur einen kleinen Teil seines Geschäfts wickelt der Shanghaier Händler Pete so ab. Den Großteil seiner Ware verschickt er nach eigenen Angaben direkt aus China. Alle Verantwortung für Steuern und Zoll schiebt er damit ab: an die Käufer.
    "Wir versenden die meiste Ware von China aus. Darauf fällt dann für mich als Händler in Europa keine Umsatzsteuer an. Wenn ich auch von einem Lager in Deutschland aus verkaufen würde, fiele Umsatzsteuer an. Das ist aber nicht der Fall."
    Einige seiner für Europa bestimmten Waren lagern in einem Amazon-Logistikzentrum in Großbritannien, erzählt Pete. Und auf die von dort aus verschickte Ware führe er artig britische Mehrwertsteuer ab - vier Mal im Jahr.
    "We are doing the UK ones. We are paying four times a year. We are following all the rules."
    Weil er sich an die Steuer-Spielregeln halte, könne er längst nicht so schnell wachsen wie viele seine Konkurrenten, klagt der 37-Jährige. So wie deutsche Händler spüre auch er den Druck durch Steuerhinterzieher. Denn, so Pete, die großen chinesischen Amazon-Händler würden meist überhaupt keine Steuern zahlen.
    "Ich kenne einen Händler hier aus Shanghai, der seit kurzem auf Amazon UK verkauft. Die britischen Finanzbehörden haben ihn überprüft und sagen nun, dass er rund 25.000 Euro Steuern nachzahlen soll, weil er getrickst habe. Diese Trickserei kann also auch nach hinten losgehen. Etwa, wenn man eine Strafe aufgebrummt bekommt oder der Account gesperrt wird. Wir sind deswegen vorsichtig. Andere Verkäufer aber versuchen es einfach. Und haben auf diese Art und Weise auch schon einen ordentlichen Batzen verdient."
    Steuer optimieren - aber nicht hinterziehen
    Doch auch deutsche Händler wissen inzwischen sehr gut, wie sie mit Amazon ein sehr einträgliches Einkommen generieren können. Blogs, Videos und Online-Konferenzen zeigen den Weg vom richtigen Produkt bis zum erfolgreichen Geschäft. Und auch hier wird versucht, die Steuerlast - wenn möglich - so niedrig wie möglich zu halten. Ein Auszug aus einem Podcast:
    "Bei der Umsatzsteuer, da gibt es Möglichkeiten, das zu optimieren, muss man eben sehr stark aufpassen wegen Lieferschwellen in der EU, verschiedene Mehrwertsteuern und so weiter."
    Der ehemalige Onlinehändler Mark Steier findet dieses Vorgehen nicht problematisch. Es sei fair, im Rahmen gültiger Gesetze Steuern zu optimieren - das gelte auch, wenn Amazon, Google und Apple dies machen würden. Anders sei es beim Thema Steuerhinterziehung. Die Rolle Amazons sei hier zweifelhaft, behauptet Steier - und berichtet über eine Veranstaltung des Onlinekonzerns für deutsche Händler, die in den USA verkaufen wollten.
    "Das was das eigentlich das Erschreckende ist, es wurde halt auch gesagt, naja gut, man kann sich ja später noch registrieren oder nachregistrieren. Für die Händler, die dort anwesend waren, ist das halt so verstanden worden, dass das nicht eine direkte Anleitung war, illegal zu handeln, aber dass es dem Marktplatz eher darauf angekommen ist, die Produkte zu onboarden, als wirklich auch die Validität der Anmeldedaten zu achten."
    Was faktisch einer Aufforderung zur Steuerhinterziehung gleich komme. Ähnliches werde über Veranstaltungen von Ebay für chinesische Händler berichtet, sagt Steier.
    Amazon selbst bemüht sich um ein gutes Image. Kundenfreundlich zu sein - das ist das oberste Gebot. Im Falle der drei bestellten Ladekabel gab es eine schnelle Reaktion des Kundenservice, die lautete: Man könne leider nicht weiterhelfen. Auf neuerliche Nachfrage teilte ein Kundenberater mit, er habe den Händler aufgefordert, eine korrekte Rechnung zu schicken. Die neue Rechnung kam, aber auch diese ist falsch. Dazu erklärte der Kundenservice von Amazon:
    "Es tut mir sehr leid, dass Sie noch immer eine fehlerhafte Rechnung mit falscher Umsatzsteuer erhalten. Wir möchten Ihnen einen effizienten und zufriedenstellenden Service bieten. Bitte entschuldigen Sie, dass wir in diesem Fall Ihre Erwartungen nicht erfüllen konnten."
    Inzwischen liegt der Fall dem Finanzamt Neukölln vor. Und wird bearbeitet - mehr dürfen die Beamten auf Anfrage nicht mitteilen.
    Steuertrickserei auch bei der Wareneinfuhr
    Doch die steuerrechtlichen Fragen sind nicht nur ein Problem, das sich beim Onlinehandel auftut. Auch bei der Einfuhr der Waren wird getrickst. Denn eigentlich müsste jeder, der in der Europäischen Union Waren vertreibt, hier auch eine Adresse haben, sagt Hans-Michael Wolffgang, Professor für Steuerfragen an der Universität Münster. Um die Anmeldung beim Zoll kommt nur herum, wer seinen Warenwert mit unter 22 Euro angibt.
    "Bei jeder Einfuhr muss der chinesische Händler den Wert angeben. Und ob die Wertangabe unter 22 Euro immer realistisch ist, das wird von Experten angezweifelt. Aber auf jeden Fall besteht die Vermutung, dass es Unterfakturierungen gibt durch ausländische Einführer und es dadurch dann zu Verlusten bei den Einnahmen der Einfuhrumsatzsteuer kommt."
    Auf verschiedenen Geldscheinen mit Muenzen steht das Wort Einfuhrumsatzsteuer
    Geldscheine und Muenzen mit Einfuhrumsatzsteuer (dpa / Sascha Steinach)
    In China kennt man diesen Trick natürlich. Denn Zöllner in Europa könnten höchstens Stichproben machen, weiß der Shanghaier Onlinehändler Pete zu berichten.
    "Ich würde sagen: 90 Prozent der Sendungen aus dem Ausland rutschen einfach durch den Zoll durch. Ich glaube nicht, dass der deutsche Zoll die Kapazität und die Zeit hat, jedes einzelne Paket zu kontrollieren."
    Die Verantwortung liege letztlich beim deutschen Kunden, betont Pete. Der wisse über den Wert der Warensendung Bescheid und müsse im Zweifelsfall entsprechend verzollen - oder im Falle eines geringen Warenwertes eben auch nicht.
    "If you are a german customer, you buy a product from overseas, you may or may not pay the customs depending on the value of your purchase."
    Problem Produktsicherheit
    So gelangen auch Produkte in die EU, die nicht immer den hiesigen Sicherheitsvorgaben entsprechen. Beispielsweise billige Ladekabel, Spielzeug oder Lebensmittel.
    "Das ist auch in der Tat das größere Problem", sagt der frühere Onlinehändler Mark Steier und erinnert an Hoverboards, elektrische Rollbretter, die in Brand geraten waren.
    "Spielen wir mit der Gefahr, dass etwas passieren kann? Wir haben offensichtlich verdrängt, dass es die Sache mit den Hoverboards gegeben hat - und sie ist genau darin begründet, dass hier Chinesen diese Produkte eingeführt haben, die waren nicht registriert, dadurch hat es Hausbrände gegeben. Das müssen wir verstehen und das müssen auch die Marktplätze verstehen, das ist noch ein ambivalentes Verhalten: Auf der einen Seite legen die Marktplätze sehr viel Wert auf die Kundenzufriedenheit, gleichzeitig setzen sie sie nicht konsequent um. Warum? Weil noch zu wenig Beschwerden kommen."
    Was auch daran liegen könnte, dass es mehrere Stellen gibt, die für Produktsicherheit und Marktüberwachung zuständig sind: Ware, die nach Deutschland kommt, überwacht der Zoll. Zumindest wenn diese direkt in die Bundesrepublik geliefert wird. Fällt den Zollbeamten etwas auf, melden sie die Produkte bei den Marktüberwachungsbehörden; in jedem Bundesland gibt es eine eigene. Für Produktsicherheit ist bei technischen Geräten ferner die Bundesnetzagentur und bei Kosmetik das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit zuständig.
    "Wir brauchen sicherlich an der einen oder anderen Stelle neue Strukturen. Wir brauchen einen etwas differenzierten Rechtsrahmen, es haben sich eine ganze Menge an Geschäftsmodellen und Prozessen aufgetan, die wir mit dem heutigen Rechtsrahmen nicht hundertprozentig abdecken können."
    Sagt Thomas Bleyer von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Auch seine Behörde ist zuständig für Produktsicherheit. Sie meldet gefährliche Ware an die EU - vorausgesetzt, diese werden überhaupt entdeckt. Fast 5.000 Zollbeamte gibt es. Aber können diese den gesamten Warenstrom kontrollieren?
    "Der Zoll ist auch in der Lage, sehr große Mengen aus dem Warenstrom herauszuziehen. Allerdings ist auch klar, den Bereich, der er überblicken muss, das sind 34 Produktsektoren -von Spielzeug bis komplexe Anlagen. Da kann er sicherlich nicht immer ganz genau hinschauen und da können wir uns leider nicht ganz sicher sein. Es gibt Lücken, es gibt verschiedene Wege nach Europa, aber auch alleine die reine Menge an Produkten, die nach Europa gelangt, lässt es also nicht zu, dass man alles kontrolliert."
    Es bleibt also viel zu tun für den deutschen und europäischen Gesetzgeber - und bei Ebay, Amazon und Co. geht der Handel derweil munter weiter und wächst. Auch der Shanghaier Onlinehändler Pete rechnet mit weiter wachsenden Umsätzen. Auch, weil Ware aus China nicht mehr als schäbige B-Ware wahrgenommen werde.
    "Das Image wandelt sich. Auch im Westen begreift man, dass aus China inzwischen qualitativ hochwertige Produkte kommen. Die Händler hier sprechen englisch - und sie zahlen sogar Steuern."