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Operationstisch der Zukunft

Medizintechnik. - Die ersten Operationstische waren schlichte Möbel, mittlerweile sind sie Hightech-Arbeitsplätze, die weit mehr können, als Patienten möglichst günstig für einen Eingriff zu lagern. Wie weit die Entwicklung fortgeschritten ist, zeigen Wissenschaftler der RWTH Aachen auf der diesjährigen Medica, dem weltgrößten Forum für Medizin.

Von Mirko Smiljanic | 14.11.2007
    Schwarze Kunststoffliege, höhenverstellbarer Edelstahlfuß, auf der rechten Seite ein Flachbildschirm inklusive Rechner - der intelligente OP-Tisch wirkt minimalistisch edel. Dabei bietet der Powerarbeitsplatz für Chirurgen mittlerweile so viele Möglichkeiten, dass ohne Computersteuerung nichts mehr geht. Schon gar nicht die flexible und ergonomisch korrekte Lagerung des Patienten - sagt Bastian Ibach vom Lehrstuhl für Medizintechnik der RWTH Aachen und ruft den Menüpunkt "Positionierung" auf.

    " Ich kann als Erstes die Größe des Operateurs einstellen, als Nächstes die etwaige Körpergröße des Patienten, aus der dann die optimale Höhe - in diesem Fall für eine Knieendoprothetik - berechnet wird, dann wähle ich die Körperseite aus, die behandelt wird beim Patienten, und als nächstes liefert mir die Software die empfohlene Position für den Tisch, das kann ich für verschiedene Eingriffe machen und dann den Tisch per Knopfdruck und Bestätigung bewegen in die gewünschte Position. "

    Natürlich lässt sich der Tisch sekundenschnell und millimetergenau jeder neuen Operationsphase anpassen - was übrigens kein lässlicher Service für müde Chirurgen ist. Untersuchungen zeigen, dass die optimale Lagerung des Patienten und die optimale Position des Arztes großen Einfluss auf das Operationsergebnis haben. Immerhin stehen Operateure mitunter stundenlang vor ihrer - wie Ibach es nennt - "Werkbank", jede noch so kleine Entlastung ist wünschenswert. Der Operationstisch der Zukunft leistet aber noch mehr. Unnötige Röntgenaufnahmen während der OP gehören der Vergangenheit an. Muss der Arzt etwa einen Oberschenkelknochen operieren, schaut er sich zunächst an einem digitale Modell an, wie das Röntgenbild aussieht, würde es denn geschossen.

    " Und die Einstellung des interoperativ genutzten Röntgen C-Bogens, mit dem normalerweise Röntgenbilder gemacht werden, wird dann von einem Navigationssystem ähnlich einem GPS-Kamerasystem wahrgenommen, und ausgehend von diesem hinterlegten Modell eine Vorschau des Bildes erzeugt, das man eben erhalten würde, wenn an dieser Stelle eine Röntgenaufnahme gemacht würde. "

    Erst wenn der Operateur mit dem Bild zufrieden ist - erläutert Wolfgang Lauer vom Lehrstuhl für Medizintechnik der RWTH Aachen - wird auch eine Röntgenaufnahme gemacht. Statt zehn Röntgenaufnahmen, reicht eine! All das ist Hightech-Navigation auf engstem Raum, deren Steuerung ausgesprochen schwierig ist. Immerhin bewegen sich die Mediziner im sterilen Bereich:

    " Da ist ja häufig das Problem, dass der steril Gekleidete eben keine unsterilen Sachen anfassen darf, und da ist Sprachsteuerung oder zum Beispiel ein Pointer, mit dem man auf einem Bildschirm zeigt und Aspekte ausgewählt werden können, das sind verschiedene Dinge, die wir derzeit entwickeln und evaluieren auf ihre Gebrauchstauglichkeit. "

    Wobei die Sprachsteuerung noch zu unausgereift ist, um Schwester Liselotte - "Tupfer, Skalpell, mehr Licht bitte!" - zu ersetzen. Gleiches gilt für Operationsroboter. Natürlich lassen sie sich über den intelligenten OP-Tisch ansteuern, umgesetzt wird dieses Konzept aber erst in einigen wenigen Bereichen. Zum Beispiel beim elektronischen Operationsmikroskop, bei dem der Operateur eine Spezialbrille trägt, so Wolfgang Lauer:

    " Ein Headmount Display, in das die Bilder dieser Kamera übertragen wurden, zusätzlich konnten individualisierte Informationen wie Röntgenbilder, Planungsergebnisse eingeblendet werden, und die Steuerung erfolgt in Verbindung mit dem Headmount Display durch die Kopfbewegung des Operateurs, also eine sehr intuitive Eingabemöglichkeit. "