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Panama
Ärger über einen Staudamm im Indianergebiet

Panama ist ein reiches Land, die Hauptstadt wächst unaufhörlich und das Land braucht mehr Energie. Staudämme sollen dieses Problem lösen. Doch die Menschen, deren Dörfer bald im Wasser untergehen, fühlen sich übergangen.

Von Katharina Nickoleit | 21.02.2014
    Im Norden Panamas ist die Panamericana nicht mehr als eine schmale, schlecht geflickte Landstraße, die sich durch mit dichtem Regenwald bewachsene Berge schlängelt. Doch hinter einer Kurve taucht plötzlich eine gewaltige Baustelle auf. Hier entsteht der Staudamm Barro Blanco. Wenn er – voraussichtlich 2015 – fertiggestellt ist und das dahinter liegende Tal geflutet wird, verliert Göejet Miranda seine Existenz.
    "Mein Land wird überflutet und mein Haus auch. Unsere Schule und eine indigene Kirche werden ebenfalls im Wasser versinken. Mehr als 500 Familien sind davon betroffen."
    Rund 4.000 Personen werden sich eine neue Bleibe suchen müssen. Alle gehören dem indigenen Volk der Ngöbe-Bugle an. Sie verlieren auch einen Teil ihres kulturellen Erbes, im Überflutungsgebiet liegen ein alter Friedhof und Petroglyphen, Felsbrocken, in die vor Urzeiten okkulte Zeichen geritzt wurden. Auch für die Natur geht ein wichtiger Lebensraum verloren. In dem weitgehend naturbelassenen Urwald lebt beispielsweise der Tabasará-Frosch.
    "Von dem Tabasará-Frosch gibt es nur noch wenige Exemplare, er ist vom Aussterben bedroht. Das ist einer der Reichtümer, die wir in diesem Gebiet haben."
    Die betroffenen Dörfer und eine ganze Reihe Menschenrechts- und Naturschutzorganisationen protestieren seit Jahren gegen den Bau des Staudammes. Die Auseinandersetzung wird hart geführt, es gab Demonstrationen, Straßensperren, Verhaftungen, Verletzte und zwei Tote. Der Bau des Staudamms kostet viele Milliarden Dollar, Investoren aus der ganzen Welt beteiligen sich daran. Auch die deutsche Entwicklungs- und Investitionsgesellschaft DEG, die für das Projekt ein Darlehen von 25 Millionen US-Dollar zugesagt hat. Sie ist eine Tochter der Kreditanstalt für Wiederaufbau und mit Steuermitteln ausgestattet. In einer Stellungnahme erklärt das die DEG:
    "Projektdesign und Planung basieren auf den rechtlichen Anforderungen Panamas sowie internationalen Sicherheits-, Umwelt- und Sozialanforderungen. Die sozialen und ökologischen Auswirkungen wurden durch die Projektgesellschaft im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsstudie untersucht, und es wurden Aktionspläne entwickelt, um diese ausreichend zu berücksichtigen."
    Doch Göejet Miranda, einer der Führer des Widerstandes gegen den Staudamm, ist sich sicher, dass in seinem Dorf niemand nach seiner Meinung zu dem Projekt gefragt wurde. Und die schließlich doch noch angebotene Entschädigung sei mit 1000 US-Dollar pro Familie zu gering. Die Wut ist groß, das indianische Volk fühlt sich übergangen.
    "Sie haben gesagt, sie hätten alles ordnungsgemäß in Zeitungen und im Internet veröffentlicht – aber bei uns in den Dörfern gibt es keine Zeitungen und kein Internet. Wir sind reingelegt worden. Jetzt wird ein Projekt durchgedrückt, zu dem wir nie unser Einverständnis gegeben haben und damit werden unsere Rechte verletzt."
    Bislang wurden alle Klagen gegen den Staudamm abgewiesen. Die einzige Hoffnung der betroffenen Dörfer ist nun, dass die ausländischen Investoren ihre Finanzierungszusagen zurückziehen.
    "Ich gebe der Bank aus Deutschland keine Schuld, sondern dem Unternehmen und der Regierung. Die Bank hat denen geglaubt. Aber Deutschland finanziert ein Projekt, das Menschen vertreibt. Ich bitte die Bank aus Deutschland, dass sie die Hand aufs Herz legt und sich mit den Leuten trifft, die direkt von dem Projekt betroffen sind."
    Es sind schon viele Briefe an Banken in Deutschland, den Niederlanden und den USA geschickt worden, die den Staudamm Barro Blanco finanzieren. Die Antworten waren vage, es gehe doch um Fortschritt, um die Entwicklung Panamas. Göejet hat wenig Hoffnung, das Projekt noch stoppen zu können. Aber er und die anderen wollen bis zur letzten Sekunde kämpfen.