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Parlamentswahl in Kroatien
Umfragen prognostizieren Kopf-an-Kopf-Rennen

Im neuesten EU-Mitgliedstaat Kroatien finden am Sonntag vorgezogene Neuwahlen statt. Dabei wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Nationalkonservativen und Sozialdemokraten erwartet. Ein klarer Sieger gilt als unwahrscheinlich. Die Ungewissheit verstärkt die Zukunftsängste der Kroaten.

Von Stephan Ozsváth | 10.09.2016
    Ein Mann geht in der kroatischen Hauptstadt Zagreb mit seinem Hund an einem Wahlplakat der nationalkonservative Partei HDZ vorbei.
    In Kroatien wird ein neues Parlament gewählt. Spitzenkandidat der Nationalkonservativen ist Andrej Plenkovic. (picture alliance / dpa / Antonio Bat)
    Wahlkampfauftritt des konservativen Kandidaten Andrej Plenkovic in Drnis, in Dalmatien. Ein Tamburica-Orchester spielt in einem der beiden Festzelte, Feigenmarmelade und luftgetrockneter Schinken werden präsentiert und verkostet. Der 3.500-Einwohner-Ort lebt vom Schinken. Zrinka Vukorepa ist Anfang 20, sie lebt noch bei ihren Eltern. Sie würde gerne in Drnis bleiben, sagt sie, in dem schönen Städtchen eine Familie gründen. Ein Traum wäre es, einen Job zu finden, aber das sei aussichtslos.
    Spitzenkandidat der Nationalkonservativen verspricht 150.000 neue Jobs
    So wie ihr geht es vielen jungen Leuten in Kroatien. Jeder dritte findet keinen Job, nach einer Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung planen etwa soviele, ins Ausland auszuwandern. Entsprechend ausgesprägt ist auch das Misstrauen in die demokratischen Institutionen – in Kroatien, wie der EU. Tamburica-Ensemble-Leiterin Milka Tomic sieht schwarz: "Ich bin gegen das Auswandern, sagt sie, denn die Jugend ist unser Reichtum – wie überall. Aber leider ist es hier wie anderswo auch: Die Jungen gehen weg, in der Hoffnung auf ein besseres Leben."
    Die nationalkonservative HDZ hat einen Mann der Mitte ins Rennen geschickt. Spitzenkandidat Andrej Plenkovic verspricht 150.000 neue Jobs – durch Wachstum. Im ARD-Interview sagt er: "Die Regierung muss Voraussetzungen schaffen, damit die Leute hier bleiben. Gute Bedingungen für die Landwirtschaft, etwa Familienbetriebe. Auch die Sozialpolitik muss Anreize zum Hierbleiben liefern. Statt das Recht auf Freizügigkeit so zu nutzen, dass die Bevölkerung schrumpft."
    Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen HDZ und Mitte-Links-Liste
    Beim Wahlkampf-Abschluss in der Hauptstadt Zagreb warnt Plenkovic, es gebe nur eine Chance, weil das Wahlsystem keinen zweiten Wahlgang zulässt. Das Ergebnis der letzten Wahl habe dazu geführt, dass die HDZ wegen der Forderungen der kleineren Koalitionspartner politische Experimente machen musste. "Ich garantiere euch", so Plenkovic, "dass es nach dem Wahlsonntag solche Experimente nicht mehr geben wird". Als Wahlkampfhelfer hatte sich Plenkovic Europa-Politiker wie Doris Pack geholt, die für Plenkovic warb: "Er war vor 23 Jahren Praktikant bei mir im Europäischen Parlament."
    Umfragen zufolge wird es wieder ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der HDZ und der Mitte-Links-Liste um die Sozialdemokraten von Ex-Premier Zoran Milanovic geben, der im Wahlkampf mit nationalistischen Tönen – etwa gegen Serben und Bosnier – negativ auffiel. Auf der schwach besuchten Abschlusskundgebung in der Hauptstadt Zagreb gab er sich siegessicher. "Der Wahlsieg ist nur ein Mittel, sagte er. Denn unser Ziel ist ein starkes Kroatien, das beneidet und bewundert wird. Das von seinen Werten und seinem Wohlstand her Teil des Westens ist – Vorwärts zum Sieg." Zünglein an der Waage wird wieder die Reform-Partei Most sein. Sie warb zum Abschluss des Wahlkampfs mit der Cover-Rockband "Stop" um Stimmen.