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Passive Sicherheit auf der Straße

Technik. - In unsicheren Zeiten ist Sicherheitstechnik ein begehrtes Gut, so auch gepanzerte Autos, die vor Anschlägen aller Art schützen. In einer kleinen Stadt vor den Toren Bremens widmet sich ein eigenes Zentrum ganz den Hochsicherheitsboliden.

Von Mirko Smiljanic | 24.01.2006
    Die Halle ist hell und sauber, in den Regalen liegen dicht an dicht frisch lackierte Kotflügel, ein Techniker testet am Laptop die Elektronik eines Landrovers. Nur im hinteren Bereich dieser Autowerkstadt der besonderen Art sieht der Besucher Ungewöhnliches: zwei Seitenscheiben, fast zerfetzt von einem Sprengsatz und eine von Schusslöchern fast zerfetzte Fahrertür. Die Betonung liegt auf "fast", denn die simulierten Testanschläge sollen beweisen, dass die Karossen selbst schweren Angriffen standhalten. Ein paar Meter daneben stehen die umgebauten Panzer-PKW, heil und edel natürlich.

    "Dies ist eine verlängerte Limousine der bekannten S-Klasse von Mercedes. Dieses Fahrzeug ist von uns gepanzert worden und in der Karosserie auch verlängert worden,..."

    …sagt Ralf Töbelmann, Entwicklungschef von Centigon Deutschland, einer weltweit aktiven Firma für Sicherheitstechnik, während er mit dem Finger auf die Schwachstellen des Wagens zeigt.

    "Die Schwachpunkte liegen bei diesem Fahrzeug in erster Linie vorne bei der Motorisierung und des Antriebs und im Bereich der Räder und in den Übergängen der Türen. "

    Natürlich zählen zu den Schwachpunkten alle Scheiben, deren normale Ausführung schon ein gezielter Steinwurf den Garaus macht. International unterscheiden Fachleute sieben Beschussklassen. Sie beginnen mit dem schlichten Steinwurf, gehen über Faustwaffen hin zu automatischen Waffen, deren Kugeln selbst beim Dauerfeuer die Scheibe zwar zerstören, nicht aber durchdringen dürfen.

    "Das ist kein reines Glas, das da verwendet wird, es wird ein Verbund aufgebaut aus verschiedenen Glasschichten in unterschiedlichen Stärken mit Kunststoffen und Folien, die zusammen ein so genanntes Glaspaket ergeben, die das Projektil abfangen."

    Bis zu sieben Zentimeter dick sind die getönten Scheiben und höllisch schwer, was jeder merkt, der die Tür öffnet. Die Innenausstattung der Wagen ist edel, aber auf so etwas schaut Ralf Töbelmann nicht, für ihn steht die Sicherheit im Vordergrund. Zum Beispiel die der Türen und Kotflügel.

    "Dort werden in der Regel höchstfeste Stähle eingesetzt, die in Materialstärken zwischen sieben und zehn Millimeter liegen,..."

    …wobei die Konstrukteure den gesamten Fahrgastbereich hermetisch abriegeln.

    "Es wird eine komplette Zelle aufgebaut, ein Käfig, der aus diesen Stählen besteht. Sie haben, angefangen vom Scheibenrahmen, die dicken Panzerscheiben herum, den Übergang zur Außendichtung, von da aus geht’s zu den Säulen und hinter dieser Verkleidung verbirgt sich der massive Panzerstahl."

    Das Dach ist ebenfalls mit Stahlplatten ausgekleidet, nur der Boden nicht. Hier setzen Ingenieure Aramid- und Kevlarfasern ein, die vor Explosionssplittern schützen. Probleme bereitet zudem der Tank. Er wird mit einer Kunststoffschicht ummantelt,…

    "…das heißt, der Tank wird von außen mit einem Material beschichtet, dass sich die Löcher beim Eindringen eines Projektils wieder automatisch verschließen, das Benzin würde in diesem Fall nicht auslaufen. "

    Daneben wird natürlich viel Elektronik eingesetzt. Eine Gegensprechanlage etwa ermöglicht den Kontakt nach außen, ohne die Scheiben abzusenken.

    "Dann hat man die Möglichkeit, sich gegen Feuer zu schützen, dieser Wagen besitzt eine Feuerlöschanlage, mit dem ein Feuer bekämpft werden kann, das sich im Unterraum ausbreitet."

    Viel Technik, die ihren Preis hat: Panzer-PKW kosten schon mal eine Million Euro. Und sie hat ihre Grenzen. Gegen eine Panzerfaust schützt kein noch so gut ausgerüsteter Wagen. Da hilft nur eines, sagt Rolf Töbelmann: Die Welt muss friedlicher werden!