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Patente unterm Hammer

Forschungspolitik. - Nicht jeder, der eine Erfindung hat patentieren lassen, will dieses Patent auch selbst in ein Produkt umwandeln. Manch ungenutztes Patent schlummert deshalb in den Schubladen den Firmen. In Japan ist deshalb vor einigen Jahren die Idee entstanden, "gewerbliche Schutzrechte" bei Auktionen zu versteigern. Jetzt kamen erstmals auch in Europa Patente nach diesem Vorbild unter den Hammer.

Von David Globig |
    Vor Beginn der Versteigerung scherzte Auktionator Michael Perlick darüber, ob er seinen Hammer denn überhaupt brauchen wird. Vielleicht war er sich wirklich nicht sicher. Schließlich war es die erste Live-Auktion in Europa, bei der Patente, Lizenzen und Markenrechte versteigert werden sollten; und keiner konnte absehen, wie sie laufen wird.

    Üblicherweise versuchen Patentinhaber und Interessenten, den Preis - zum Beispiel für bislang ungenutzte Patente oder Lizenzen - in bilateralen Verhandlungen festzulegen, also in Zwei-Parteien-Gesprächen. Dr. Manfred Petri vom Veranstalter IP Auctions GmbH glaubt aber, dass dadurch beiden Seiten oft Nachteile entstanden sind.

    "Das war eine eher geheimnisvolle und geheimnisumwitterte Angelegenheit. Hat zum Teil sehr, sehr lange gedauert, was dann die Gesamtlaufzeit des Patentes oder des gewerblichen Schutzrechts generell beeinträchtigt und verkürzt hat. Und das Ganze war eben nicht transparent. Und wenn die Konkurrenz bestimmte Dinge nicht mitkriegt, dann bedeutet das ja auch, dass letztendlich nicht der optimale Preis erzielt wird, weil es eben nur bilateral ist und nicht multilateral."

    Sprich: Bei einer Auktion können konkurrierende Interessenten den Preis in die Höhe treiben. Ein weiterer Unterschied: Im Gegensatz zu zähen Verhandlungen geht eine Versteigerung flott über die Bühne.

    Allerdings schätzt nicht jeder Patentinhaber die Offenheit einer Auktion und mancher bietet deshalb nur zweitklassige Patente zur Versteigerung an - Ladenhüter. Die Veranstalter mussten also eine Vorauswahl treffen. Von mehr als 1500 Anmeldungen blieben nur etwa 400 Patente übrig. Sie wurden gebündelt zu gut 80 Auktions-Losen, die von Maschinenbau und Automobiltechnik bis hin zu Nano- und Biotechnologie reichten. Unter den Anbietern: viele bekannte Namen - wie die Fraunhofer-Gesellschaft, BASF, Volkswagen oder Rolls-Royce Deutschland. Dennoch dauerte es eine ganze Weile, bis Michael Perlicks Hammer das erste Mal fiel.

    "11.000 for the first time, 11.000 Euros for the second time and 11.000 for the last time - sold to 116. First thing sold, hey!"

    Zwar ein gutes Stück unter dem Aufrufpreis von 25.000 Euro; trotzdem ist Erfinder Hans-Helmut Hasse über die 11.000 Euro nicht unglücklich.

    "Ich bin zufrieden. Man sollte, wenn man auch große Visionen hat, immer Realist bleiben. Und ich sage mal so: Meine Spesen sind raus."

    Zehn Jahre lang hat er an einem Solarmotor getüftelt, der mit speziellen Kunststoffseilen arbeitet. Diese Seile dehnen sich aus, sobald sie feucht werden und ziehen sich zusammen, wenn sie das Wasser durch Verdunstung wieder abgeben. Einsetzen ließe sich ein solcher Motor zum Beispiel für Pumpen in Meerwasser-Entsalzungsanlagen. Auf unterschiedlichste Weise hat Hans-Helmut Hasse bereits versucht, sein Patent an den Mann zu bringen. Für ihn sind Auktionen eine ideale Ergänzung:

    "Dieser Weg ist für mich sehr interessant. Ich bekomme hier Kontakt zur Geschäftswelt und zwar quasi vorselektiert zu derjenigen, die auch wirklich ein Interesse an der Technologie hat, mit der ich ja schwanger gehe. Und ich bekomme hier einen quasi wahren Preis oder eine gerechte Notierung meines derzeitigen Standes der Technik."

    Beim Erlös ist die erste europäische Live-Patent-Auktion zwar weit hinter den amerikanischen Vorbildern mit ihren Millionenumsätzen zurückgeblieben. Trotzdem zeigt sich auch Guido von Scheffer, der Geschäftsführer der IP Auctions GmbH, mit der Premiere zufrieden.

    "Es ist eine knappe halbe Million über den Tisch gegangen. Wir haben rund 30 Prozent der Lots verkauft. Das entspricht unseren Erwartungen. Wie der Kaufmann immer sagt: Es könnte besser sein. Das ist ganz klar. Wir haben sehr viel gelernt aus der Auktion, wir haben sehr viel gelernt in der Vorbereitung, wir haben sehr viel gelernt in der Durchführung der Auktion, was wir in folgenden Auktionen umsetzen werden."

    Alle sechs bis zwölf Monate könnte eine solche Auktion stattfinden. Mit der Zeit dürfte sich dann auch in Deutschland der Gedanke durchsetzen, dass man Patente versteigern kann.