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Pfeffer aus der Tube

Lebensmittelexperten der Universität Stuttgart-Hohenheim schlagen vor, Pfeffer, Paprika und viele weitere Gewürze vermehrt als Paste aus der Tube zu verkaufen. Die gewöhnungsbedürftige Konsistenz hat einige Vorteile: In Pasten sind keine Krankheitserreger vorhanden, die beim herkömmlichen Trocknungsverfahren am Gewürz haften bleiben können, und die Herstellung verbraucht wesentlich weniger Energie.

Von Thomas Wagner |
    Die gute, alte Pfeffermühle - bald hat sie ausgedient. So sagt es jedenfalls Professor Reinhold Carle, Lebensmittelforscher an der Universität Hohenheim bei Stuttgart voraus. Seiner Meinung nach sollen getrocknete Gewürze zukünftig buchstäblich dort bleiben, wo der Pfeffer wächst:

    "Der Nachteil beim Trocknen ist, das häufig unter sehr unhygienischen Bedingungen getrocknet wird, nämlich am Boden liegend. Und bei der Trocknung werden die Enzyme, die hinterher die Qualität des Gewürzes beeinträchtigen können, nicht inaktiviert."

    Bei tropischen Gewürzen wie dem Pfeffer kommt ein weiteres Problem hinzu: Die Trocknung erfolgt unter hoher Luftfeuchtigkeit. Die wiederum fördert das Wachstum von kleinen Pilzen. Diese Pilze scheiden Gifte aus, so genannte "Aflatoxine", die die Lebensmittelforscher als gesundheitlich höchst bedenklich bezeichnen. Für Professor Reinhold Carle ist es deswegen höchste Zeit, sich nach alternativen Methoden zur herkömmlichen Gewürztrocknung umzuschauen - Methoden, mit denen sich die hygienischen Probleme vermeiden lassen.

    "In unserem Verfahren holen wir eben die Pflanzen frisch vom Feld oder die Pflanzenteile, zermahlen sie in einer Paste, führen einen Anfangs-Erhitzungsschritt durch. Und dabei werden die Keime abgetötet. Und es werden dann auch die Enzyme inaktiviert. Und das unter Bedingungen, dass flüchtige Bestandteile wie ätherische Öle erhalten bleiben."

    Die nämlich bestimmen die Eigenschaften guter Gewürze ganz wesentlich mit. Die Kunst ist damit die: Auf der einen Seite sollen in einem Erhitzungsverfahren die gesundheitsbedenklichen Elemente abgetötet, auf der anderen Seite die charakteristischen Gewürzbestandteile erhalten bleiben. Genau dies haben sich die Lebensmittelforscher an der Uni Hohenheim um Professor Reinhold Carle zum Ziel gesetzt, in Verbund mit zwei namhaften Gewürzherstellern und dem Freisinger Fraunhofer Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung. Herausgekommen ist dabei das sogenannte Actijoule-Verfahren. Reinhold Carle:

    "Ja, beim Actijoule-Verfahren wird in einem herkömmlichen Röhrentauscher die Paste erhitzt, im unteren Temperaturbereich. Und die Erhitzung auf die Endtemperatur wird dann elektrisch gemacht. Das heißt: Es gibt da einen sehr, sehr schnellen Wärmeübergang. Und dann wird das Ganze sofort wieder herabgekühlt. Damit eine Schädigung durch Hitze nicht stattfinden kann."

    Das, was dabei übrig bleibt, ist eben jene Gewürzpaste, die bereits jetzt erprobt wird - beispielsweise in Großfleischereien. Dabei zeigt sich ein weiterer Effekt: Die Erzeugung der Gewürzpasten benötigt wesentlich weniger Energie als industrielle Trocknungsverfahren.

    "Gut, es entfällt zunächst einmal die aufwendige Trocknung, die bei uns meistens künstlich durchgeführt wird. Das heißt: unter Zufuhr von Wärmeenergie. Und es entfällt das aufwendige Vermahlen, das bei uns bei Gewürzen häufig noch unter Zusatz von Stickstoff erfolgen muss, um einmal Holzteile zu zerspröden und zum anderen, um Staubexplosionen zu verhindern. Das alles wird entfallen. Und das ist ein wesentlicher Kostengesichtspunkt."

    Aus all diesen Gründen ist sich des Hohenheimer Lebensmittelexperte Reinhold Carle sicher: Pfeffer, Paprika und all die anderen Gewürze als Paste aus der Tube werden nicht nur in der industriellen Lebensmittelproduktion, sondern zunehmend auch in Privathaushalten Einzug halten, wenn auch die Umgewöhnung von der traditionellen Pfeffermühle zur Gewürztube anfangs schwerfallen mag:

    "Mit kann das nicht schnell genug gehen. Aber das Brechen einer Tradition ist nicht ganz einfach. Man ist an die Pfeffermühle gewohnt. Aber ich denke, beim grünen Pfeffer wird der Konsument sehen, dass das Produkt, das wir herstellen, überzeugend schön ist und schmeckt. Und ich denke, das wird bei Leuten, die Wert legen auf einen guten Geschmack, sehr schnell Einzug finden."