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Philipp-Schwartz-Initiative
Stipendien für bedrohte Wissenschaftler

Der Syrer Yaser Hantouch ist promovierter Architekt und forscht momentan an der Technischen Universität Berlin. Unterstützt wird er von der Philipp-Schwartz-Initiative, die Stipendien für bedrohte Wissenschaftler vergibt. Sobald der Krieg in seiner Heimat vorbei ist, will er zurück und beim Wiederaufbau helfen.

Von Claudia van Laak | 17.01.2017
    Die Universität Aleppo am 15. Januar 2013 nach einem Bombenanschlag.
    Die Universität Aleppo wurde im Januar 2013 Ziel eines Bombenanschlags. (dpa / picture-alliance / SANA)
    Ein kleines goldenes Kreuz mit einem gekreuzigten Christus – das trägt der promovierte Architekt Yaser Hantouch um den Hals. Er ist syrischer Christ. Früher, sagt er, und angesichts des Kriegs in Syrien klingt es, als ob dieses "Früher" Jahrhunderte zurückliegt, früher war alles ganz einfach: Alle Religionen haben friedlich zusammengelebt. Er selber trage zum Beispiel einen muslimischen Vornamen - Yaser.
    "Die Christen nennen eigentlich niemanden "Yaser". Das ist ein richtiger muslimischer, islamischer Name. Yaser. Wir hatten eine muslimische Nachbarin, sie hat mir damals diesen Namen gegeben. Meine Eltern waren sicher nicht dagegen. Das war einfach normal."
    Promotion zum Thema Energieeffizienz
    40 Jahre alt ist Yaser Hantouch, er lebt mit Frau und zwei Kindern in Berlin, arbeitet an der Technischen Universität, um gemeinsam mit anderen Technikern und Wissenschaftlern den Campus energieeffizienter zu machen. Die TU kennt Yaser Hantouch schon lange, der Wissenschaftler hat hier zum Thema Energieeffizienz promoviert.
    "Es gab damals ab 2002 eine Kooperation zwischen der Universität Aleppo und der TU Berlin. Mehr als 100 Doktoranden sind damals zusammengekommen. Und dann hatte ich ein Stipendium von der syrischen Regierung, und dann war ich hier durch diese Kooperation."
    Der syrische Architekt Yaser Hantouch.
    Der syrische Architekt Yaser Hantouch. (Deutschlandradio / Claudia van Laak )
    Yaser Hantouch wollte aber nie in Deutschland bleiben, er beeilte sich mit der Promotion, um an die Universität Aleppo zurückzukehren, und spezialisierte sich auf das Thema Energieeffizienz im Siedlungsbau, weil er sicher war, dieses Wissen in Syrien gut gebrauchen zu können.
    "Weil, habe ich gedacht, okay, 2014, dann wird der Krieg zu Ende sein, dann kann ich weiter damit arbeiten für die Zukunft in Syrien."
    Mitarbeit in internationalem Forscherteam
    Es kam anders. Yasar Hantouch kam wieder nach Deutschland, hatte zunächst die Möglichkeit, am Projekt "Stunde Null" der BTU Cottbus mitzuarbeiten. Ein internationales Forscherteam hat dafür ein digitales Archiv erstellt, das die Baupläne der Stadt Aleppo dokumentiert.
    "In diesem Fall, wenn man wieder aufbauen will, kann man wissen, das war so und so, das ist der Zustand von diesem Gebäude, das ist der Zustand von diesem Platz. Als ich mich dort beworben habe, habe ich geschrieben, Syrien und Aleppo ist nicht in meinem Kopf, Syrien und Aleppo ist in meinem Herz."
    Yaser Hantouch lächelt ein wenig melancholisch. Wie viele Syrer im Exil fühlt er sich zerrissen. Ihm und seiner Familie geht es gut in Deutschland. Doch was ist mit den Verwandten, den Freunden? Muss er ein schlechtes Gewissen haben, weil er in Sicherheit ist und seine Geschwister um ihr Leben kämpfen?
    "Manchmal denkt man immer an Heimat. Was passiert heute? Was war gestern? Was wird morgen? Was machen wir? Bis wann bleibt es so? Wann sehen wir unsere Familien dort? Sonst läuft alles super. Aber diese Sehnsucht nach Heimat."
    Dem promovierten Architekten ist klar, dass er doppelt privilegiert ist. Er lebt nicht als Flüchtling in Deutschland, musste nie mit 200 Menschen gemeinsam in einer Turnhalle hausen und auch nicht tagelang Schlange stehen vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales LaGeSo. Den Deutschen möchte er noch sagen:
    "In Syrien, im Libanon, in Deutschland, überall gibt es gute Leute und schlechte Leute. Und es sind sowohl gute als auch schlechte Leute nach Deutschland gekommen. Es gibt ausgebildete Leute, es gibt normale Leute, es gibt Leute, die kein Arabisch beherrschen."
    Hoffnung auf Rückkehr nach Syrien
    Yaser Hantouch wirbt deshalb um Geduld – auf beiden Seiten. Zwei Jahre lang wird der Architekt jetzt durch ein Stipendium der Philipp-Schwartz-Initiative für bedrohte Wissenschaftler unterstützt. Er hofft darauf, 2019 nach Syrien zurückkehren zu können - Aleppo wieder aufbauen – das ist sein großes Ziel.