Archiv


Pilzgifte bedrohen die Gesundheit

Die "Welt der Microben" - so lautet der Titel einer besonderen Fachtagung in Paris. 4200 Bakteriologen, Pilzforscher, Mikrobiologen, und Virologen treffen sich in diesen Tagen zu einer ersten gemeinsamen Konferenz. In der Welt der Mikroben spielen die Pilze eine wichtige Rolle, trotzdem befassen sich nur die wenigsten Forscher auf dem Pariser Kongress mit Ihnen. Dabei bedrohen die Gifte von mikroskopisch kleinen Pilzen die Gesundheit der Weltbevölkerung. Das behaupten jedenfalls einige Experten.

Kristin Raabe |
    Genüsslich nehmen wir das Gift auf, Tag für Tag, Jahr für Jahr, immer mehr davon, langsam schädigt es unsere Organe oder unser Immunsystem. Mikroskopisch kleine Pilze in unserer Nahrung produzieren Giftstoffe. Und die sind in Cornflakes, Erdnüssen, Wein, Brot oder Kaffee. Von der Gefahr spüren wir lange nichts und wenn es soweit ist - dann denkt kaum ein Arzt daran, was die Ursache von all dem Leiden sein könnte.

    Pilzgifte sind über all auf der Welt ein stark unterschätztes Problem. Der Grund ist ganz einfach: Wenn wir mit Viren oder Bakterien verseuchte Nahrung essen, werden wir sofort krank. Aber von Pilzgiften verseuchte Nahrung schädigt uns erst auf lange Sicht. Leberkrebs, Immunschwäche oder Nierenversagen - all das kann durch Pilzgift entstehen. Das sind unscheinbare Gifte - man sieht sie nicht, bemerkt sie auch nicht, aber langfristig machen sie krank.

    John Pitt arbeitet in Australien an einem Forschungsprojekt der Regierung. Von vielen Pilzgiften kennt auch ein Experte wie er, kaum die genauen Auswirkungen auf den Mensch. Ein Gift hat er allerdings besonders gründlich untersucht. Aflatoxin. Es kommt vor allem in Erdnüssen vor und ist seiner Meinung nach weltweit die Hauptursache für Leberkrebs.

    Wir haben in Asien in der Nahrung nach dem Pilz gesucht, der die Quelle für Aflatoxin ist. Das ist Aspergillus flavus . Und tatsächlich konnten wir diesen Pilz in fast allen Nahrungsmitteln nachweisen. Besonders hohe Konzentrationen fanden wir in Erdnüssen in Indonesien. Dort war die Konzentrationen um ein vielfaches höher als wir das in Europa erlauben würden. Und Erdnüsse sind ein wichtiger Bestandteil der Ernährung in Indonesien. Einfach jeder ist dort viele Erdnüsse. Die Konsequenz ist klar: Aflatoxin tötet viele Menschen in Indonesien.

    Die Weltgesundheitsorganisation hat einen Grenzwert für Aflatoxin in der Nahrung festgelegt. Er liegt bei 15 Mikrogramm pro Kilo. In Indonesien fanden die Forscher weit über 1000 Mikrogramm in einem Kilo Erdnüsse. Auch auf den Philippinen und in Thailand waren die Grenzwerte bei einigen Kontrollen deutlich überschritten. In Indonesien ist das Problem allerdings am größten.

    Die Indonesier wissen das nicht. Das sind Informationen, die wir dort nicht veröffentlicht haben, denn wir haben keine Lösung für dieses Problem. Wenn Sie dort die Erdnüsse mit Hilfe von speziellen Tests sortieren würden, wie wir das in Australien, Nordamerika und Europa tun, dann würden die verseuchten Erdnüsse in Indonesien nicht zerstört werden. Die armen, unterpriviligierten Schichten würden diese schlechten Erdnüsse bekommen. Und gerade die Armen sind sowieso oft in einer schlechten körperlichen Verfassung. Das würde den Effekt noch verschlimmern. Es gibt also keine Lösung für das Aflatoxin Problem in Ländern wie Indonesien. Aber es tötet definitiv eine große Anzahl an Menschen.

    Bislang gibt es keine Methode, durch die sich die Ausbreitung des Pilzes in den Erdnüssen verhindern lässt. Es ist aber möglich die stark mit dem Pilzgift verseuchten Erdnüsse auszusortieren. In Indonesien ist das leider nicht möglich. Welche fatalen Folgen das hat, konnte John Pitt bei einem seiner Forschungsaufenthalte in Indonesien selbst beobachten.

    Ich hatte in Indonesien ein Treffen mit einem sehr angesehenen Professor. Wir saßen also am Tisch und er bot mir Erdnüsse an, die ich natürlich sofort ablehnte. Ich fragte ihn dann, ob er Aflatoxin für ein ernstes Problem in Indonesien hält. Er schaute mich nur an und sagte: Ich habe allein in meiner Abteilung 8 Kollegen durch Leberkrebs verloren. Das war das Ende unserer Unterhaltung.

    Dass nur wenige Europäer einen Bekannten durch Leberkrebs verloren haben, hat einen einfachen Grund: Hier gibt es Grenzwerte, die auch kontrolliert werden. Im Handel erhältlich sind also nur gut sortierte Erdnüsse, die keine hohen Aflatoxinwerte enthalten. Wer nach Indonesien reist, sollte dort auf keinen Fall Erdnüsse oder Erdnussprodukte essen. Hierzuland gibt es jedoch andere Pilzgifte, die ebenfalls die Gesundheit langfristig schädigen.

    Eine Sache macht mir große Sorgen. Viele Pilzgift können das Immunsystem schwächen. Das bedeutet, dass man für viele Infektionen empfänglicher wird - also auch für alle möglichen Arten von gängigen Bakterien- oder Virusinfektionen. Das ist ein indirekter Effekt von Pilzgiften, der nicht genug beachtet wird.

    Und leider auch nicht erforscht - denn die meisten Gelder fließen in die Erforschung von Bakterien und Viren. Die Pilzgift, die uns für diese Erreger erst empfänglich machen, interessieren nur wenige Wissenschaftler. Und die haben kaum eine Chance im Gerangel um die spärlichen Forschungsgelder.

    Beitrag als Real-Audio

    020730-Pilzgifte.ram