Nun endlich hat sich eine Allianz von Bildungspolitikern und Wissenschaftlern zusammengetan, die den vorschulischen Bereich komplett reformieren will. Motiviert sind die Reformer vor allem durch externe Faktoren. Zum einen: Die internationalen Vergleichsstudien, von PISA bis zu IGLU, zeigen sehr genau die deutschen Defizite. Nach jahrzehntelanger Abstinenz vom Bildungswettbewerb, wollen jetzt die Landesminister beweisen, dass ihre Kommunen - zumindest im Bildungsbereich - reformfähig sind. Zum anderen: Veränderungen in der Gesellschaftsstruktur und neue wissenschaftliche Erkenntnisse, vor allem aus der Sicht der Hirnforschung, verlangen nach einem Kurswechsel in der Kindergartenarbeit.
Für Wassilios Fthenakis, Leiter des Staatsinstituts für Frühpädagogik in München und treibende Kraft hinter den Bildungsplänen, sind die Probleme historisch begründet. Bislang, sagt der gebürtige Grieche, sind die deutschen Bildungscurricula von den Erwartungen des Nationalstaats geprägt. Bildung der Kinder war eng an den jeweiligen geographischen, lingualen und ethnischen Raum gebunden. Das drücke sich heute noch im problematischen Umgang mit Migranten-Kindern aus. Anstatt die Diversität der heutigen Lebenswelt in Lehrpläne zu integrieren, werden diese Kinder in Außenseiterpositionen gedrängt. Dabei bezahlen Eltern ein erkleckliches Sümmchen, um ihre Kinder in bilunguale Einrichtungen schicken zu können. Wenn eine Mehrsprachigkeit aber natürlich vorhanden ist, wird sie mit Misstrauen betrachtet. Die Fehler werden hier, selbstverständlich, von den Eltern und Erziehern gemacht, Kinder sind kompetent sich auf anspruchsvolle Situationen einzustellen. Das bestätigt auch Wolf Singer, Direktor am Max-Planck-Institut für Hirnforschung. Er weist daraufhin dass die kritische Phase, in der die neuronale Architektur hohe Plastizität vorweist, einige Jahre nach der Geburt bereits wieder stark abnimmt. Anders gesagt, ob motorische oder kognitive Leistungen, Kleinkindergehirne brauchen eine Vielzahl von Signalen um sich zu entwickeln. Bleiben diese Signale aus, schrumpfen die Nervenzellen, auch die Zahl der Synapsen zwischen den Nervenzellen nimmt dramatisch ab, so Singer. Konsequenz, das Rechte muss zur rechten Zeit angeboten werden. Das klingt einfach, setzt aber eine genaue Beobachtung der Entwicklungs-Phasen voraus. Über den Umgang mit dieser Entwicklungsphase treffen mehrere pädagogische und entwicklungspsychologische Ansätze aufeinander. Der Kindergarten als entspanntes und kommunikatives Milieu, in dem die Erzieherin vor allem für das soziale Lernen zuständig ist im Gegensatz zu einer Einrichtung, die auf Kompetenz und Wissenserwerb eingestellt ist, als Vorbereitung für die Schule. In den neuen Plänen setzt sich dieser zweite Ansatz durch, wobei die Länder mit unterschiedlicher Strenge auf die Einhaltung der Bildungspläne achten werden.
Ab 2005 würde dann die Kindergartenwelt verbindlich anders aussehen. Bildung wird danach nicht mehr vom Selbstbildungsansatz gesehen, d.h. das Kind bildet sich im Spiel und im Beobachten selber aus, sondern als sozialer Prozess definiert, an dem alle mitarbeiten müssen, die Fachkräfte, die Eltern und natürlich die Kinder. Die Kinder sollen bereits in den Kindergärten befähigt werden, mit Belastungen, Veränderungen und Krisen umzugehen, die Forscher haben dazu ein Kunstwort kreiert: Resilienz, abgeleitet vom englischen Wort, welches mit "Widerstandskraft" übersetzt werden kann.
Zudem werden die klassischen frühpädagogischen Förderungen, vom musischen bis zum motorischen Bereich, ergänzt durch naturwissenschaftlichen Basis-Unterricht. Sogar Medienkompetenz soll den Kleinkindern in Grundzügen vermittelt werden. Bereits im frühen Lebensalter muss demnach begonnen werden zu lernen, wie man lernt, wie man Wissen erwirbt, wie man es organisiert und wie man es zur Lösung komplexer Problemstellungen angemessen einsetzt, so Fthenakis, der dafür den Begriff Meta-Kognition verwendet. Er will grundsätzlich erreichen, dass schon im Kindergarten Spielen und Lernen nicht mehr getrennt betrachtet werden, sondern dass auch spielerisch gelernt werden kann und muss.
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Für Wassilios Fthenakis, Leiter des Staatsinstituts für Frühpädagogik in München und treibende Kraft hinter den Bildungsplänen, sind die Probleme historisch begründet. Bislang, sagt der gebürtige Grieche, sind die deutschen Bildungscurricula von den Erwartungen des Nationalstaats geprägt. Bildung der Kinder war eng an den jeweiligen geographischen, lingualen und ethnischen Raum gebunden. Das drücke sich heute noch im problematischen Umgang mit Migranten-Kindern aus. Anstatt die Diversität der heutigen Lebenswelt in Lehrpläne zu integrieren, werden diese Kinder in Außenseiterpositionen gedrängt. Dabei bezahlen Eltern ein erkleckliches Sümmchen, um ihre Kinder in bilunguale Einrichtungen schicken zu können. Wenn eine Mehrsprachigkeit aber natürlich vorhanden ist, wird sie mit Misstrauen betrachtet. Die Fehler werden hier, selbstverständlich, von den Eltern und Erziehern gemacht, Kinder sind kompetent sich auf anspruchsvolle Situationen einzustellen. Das bestätigt auch Wolf Singer, Direktor am Max-Planck-Institut für Hirnforschung. Er weist daraufhin dass die kritische Phase, in der die neuronale Architektur hohe Plastizität vorweist, einige Jahre nach der Geburt bereits wieder stark abnimmt. Anders gesagt, ob motorische oder kognitive Leistungen, Kleinkindergehirne brauchen eine Vielzahl von Signalen um sich zu entwickeln. Bleiben diese Signale aus, schrumpfen die Nervenzellen, auch die Zahl der Synapsen zwischen den Nervenzellen nimmt dramatisch ab, so Singer. Konsequenz, das Rechte muss zur rechten Zeit angeboten werden. Das klingt einfach, setzt aber eine genaue Beobachtung der Entwicklungs-Phasen voraus. Über den Umgang mit dieser Entwicklungsphase treffen mehrere pädagogische und entwicklungspsychologische Ansätze aufeinander. Der Kindergarten als entspanntes und kommunikatives Milieu, in dem die Erzieherin vor allem für das soziale Lernen zuständig ist im Gegensatz zu einer Einrichtung, die auf Kompetenz und Wissenserwerb eingestellt ist, als Vorbereitung für die Schule. In den neuen Plänen setzt sich dieser zweite Ansatz durch, wobei die Länder mit unterschiedlicher Strenge auf die Einhaltung der Bildungspläne achten werden.
Ab 2005 würde dann die Kindergartenwelt verbindlich anders aussehen. Bildung wird danach nicht mehr vom Selbstbildungsansatz gesehen, d.h. das Kind bildet sich im Spiel und im Beobachten selber aus, sondern als sozialer Prozess definiert, an dem alle mitarbeiten müssen, die Fachkräfte, die Eltern und natürlich die Kinder. Die Kinder sollen bereits in den Kindergärten befähigt werden, mit Belastungen, Veränderungen und Krisen umzugehen, die Forscher haben dazu ein Kunstwort kreiert: Resilienz, abgeleitet vom englischen Wort, welches mit "Widerstandskraft" übersetzt werden kann.
Zudem werden die klassischen frühpädagogischen Förderungen, vom musischen bis zum motorischen Bereich, ergänzt durch naturwissenschaftlichen Basis-Unterricht. Sogar Medienkompetenz soll den Kleinkindern in Grundzügen vermittelt werden. Bereits im frühen Lebensalter muss demnach begonnen werden zu lernen, wie man lernt, wie man Wissen erwirbt, wie man es organisiert und wie man es zur Lösung komplexer Problemstellungen angemessen einsetzt, so Fthenakis, der dafür den Begriff Meta-Kognition verwendet. Er will grundsätzlich erreichen, dass schon im Kindergarten Spielen und Lernen nicht mehr getrennt betrachtet werden, sondern dass auch spielerisch gelernt werden kann und muss.
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