
Die beiden Länder seien Partner auf Augenhöhe und starke Kräfte, die an Europa glaubten, betonte Scholz. Er sprach sich zudem für eine Stärkung des sogenannten Weimarer Dreiecks aus. Es sei wichtig, dass unabhängig vom französischen Wahlausgang Polen, Deutschland und Frankreich gemeinsam über die Zukunft Europas nachdächten. Polens Ministerpräsident Tusk meinte, angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine sei eine starke Gemeinschaft im Interesse aller europäischen Staaten. Deutschland sollte eine Führungsrolle übernehmen.
Hilfe für Nazi-Opfer statt Reparationen
Die noch lebenden Opfer der deutschen Besatzung Polens während des Zweiten Weltkriegs sollen von der Bundesregierung in Kürze Hilfe erhalten. Das ist Teil eines 40-seitigen Aktionsplans, mit dem die deutsch-polnischen Beziehungen nach dem Wechsel von einer rechtskonservativen zu einer Mitte-Links-Regierung in Warschau auf eine neue Grundlage gestellt werden sollen. Eine konkrete Entschädigungssumme enthält er aber nicht. Die polnische Vorgängerregierung unter der nationalkonservativen PiS hatte zuletzt Reparationsforderungen in Höhe von 1,3 Billionen Euro erhoben.
Noch keine konkreten Hilfen für Überlebende der deutschen Besatzung
Scholz äußerte sich in Warschau zu Hilfen für noch lebende Opfer der deutschen Besatzung in Polen während des Zweiten Weltkriegs. Deutschland wisse um die Schwere seiner Schuld, um seine Verantwortung sowie um den Auftrag, der daraus erwachse, erklärte der Kanzler. Genaue Angaben zu möglichen finanziellen Hilfen machte er allerdings nicht. Polens Regierungschef Tusk zeigte sich dennoch zuversichtlich, dass es bald finanzielle Wiedergutmachung geben werde. Dies sei keine Sache von Jahren, sondern von Monaten, betonte Tusk.
Der Vorsitzende der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe, Ziemiak, sagte im Deutschlandfunk, es sei bedauerlich, dass die Bundesregierung noch keine konkreten finanziellen Zusagen gemacht habe. Den hochbetagten Betroffenen laufe die Zeit davon.
Auch den Oder-Schutz besprochen
Am Rande des Treffens kündigte Bundesumweltministerin Lemke eine engere Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen zum Schutz der Oder an. Ein erneutes Fischsterben in der Oder wie vor zwei Jahren müsse unbedingt verhindert werden. Sie begrüße deshalb die Pläne zur Errichtung eines Nationalparks auf polnischer Seite.
Zuvor hatten Umweltverbände aus Deutschland und Polen erneut einen besseren Schutz der Oder und einen Ausbaustopp für den Fluss gefordert.In einem Brief an die deutsche und die polnische Regierung heißt es, die Umsetzung des Abkommens von 2015 zum Oder-Ausbau müsse sofort gestoppt werden. Zudem dürften Grenzwerte durch Salzeinleitungen bis einschließlich August nicht überschritten werden.
Salzeinleitungen, Hitze und die Ausbreitung einer Gift produzierenden Alge gelten als Ursachen des massiven Fischsterbens im August 2022. Vor kurzem waren erneut tote Fische in verschiedenen Bereichen der Oder entdeckt worden, jedoch in weit geringerem Ausmaß.
Es waren die ersten deutsch-polnischen Regierungskonsultationen seit sechs Jahren. Nach dem Regierungswechsel in Warschau Ende vergangenen Jahres wollen beide Länder ihre Beziehungen wieder verbessern. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Diese Nachricht wurde am 02.07.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.