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Polen verweigert weißrussischem Wissenschaftler die Staatsbürgerschaft

Der weißrussische Wissenschaftler Pawel Juszkiewicz hat in Polen studiert und promoviert. Er gehört der polnischen Minderheit in seinem Land an und will nun polnischer Staatsbürger werden. Doch sein Einbürgerungsantrag wurde abgelehnt, ihm droht die Abschiebung. Juszkiewicz muss mit Repressalien in Weißrussland rechnen.

Von Sabine Adler | 25.06.2013
    Kaum zu glauben, dass man jemanden wie Pawel Juszkiewicz loswerden möchte. Der junge Mann aus Weißrussland, der seit zehn Jahren in Polen studiert, soll das Land verlassen.

    Die polnischen Behörden, genauer eine polnische Behörde, der ABW, die polnische Agentur für innere Sicherheit, will, dass sein Antrag auf die polnische Staatsbürgerschaft abschlägig beschieden und er des Landes verwiesen wird. Warum, sagt sie nicht. Ihrer Meinung nach stellt der angehende Wissenschaftler, der seine Dissertation in Pädagogik schreibt, eine Gefahr für Polen dar. Worin die besteht, erklären die Geheimdienstleute nicht:

    "Ich bin froh, dass es eine Berufungsverhandlung bei Gericht geben wird, die die Gelegenheit schafft, unsere Unterlagen zu prüfen. Der Dienst für die innere Sicherheit ist ein Organ, das Gutachten erstellt, die den Gebietsverwaltungen vorgelegt werden, auf deren Grundlage Anträge auf Einbürgerung entschieden werden. Wir dürfen über unsere Vorgehensweise nicht sprechen, deswegen ist es gut, dass sie nun ein Gericht bewertet."
    Pawel Juszkiewicz wurde in Weißrussland in der Nähe von Grodno geboren, das nah an der polnisch-weißrussischen Grenze liegt. Seine Familie gehört zur polnischen Minderheit in Weißrussland, weshalb sich Pawel als Pole fühlt und in Polen studieren wollte. Nach zehn Jahren an der Nikolai-Kopernikus-Universität in Torun wollte er die polnische Staatsbürgerschaft, um endlich ein ganzer Pole sein, nun droht er alles zu verlieren: Seine Doktorarbeit nicht mehr an der Uni in Torun abschließen zu können, sein Leben in Weißrussland, mindestens jedoch außerhalb Polens führen zu müssen. Er ist sich keiner Schuld bewusst, hält noch alles für einen Irrtum, einen Albtraum, aus dem er irgendwann erwachen und über den er dann lachen wird:

    "Ich bin unschuldig. Ich habe nichts mit Verschwörungstheorien oder Geheindiensten zu tun. Ich werde gegen die Entscheidung Berufung einlegen, denn die Wahrheit muss siegen. Ich werde gegen die Entscheidung Berufung einlegen. Alle sollen wissen, dass nicht ich das Problem bin. Solange versuche ich, meinen Alltag weiter zu leben so gut es geht. Ich gehe schwimmen, zur Uni, schreibe meine Doktorarbeit."

    Seine Freunde wollen die Ablehnung des Antrags auf die polnische Staatsbürgerschaft nicht einfach hinnehmen, sich bis zur Gerichtsprozess Gehör verschaffen, um auf jeden Fall zu verhindern, dass ihr Freund Pawel nach Weißrussland ausgewiesen wird.

    Ein Freund:
    "Wir sammeln Unterschriften für eine Petition an den Bürgerrechtsbeauftragten und sind dafür hier in Thorn, in Posen, Krakau und Warschau unterwegs. Wir finden, dass Pawel ein Recht hat, sich zu verteidigen."

    Juszkiewicz ist beliebt, er war Studentensprecher, wurde für seine exzellenten Leistungen mehrfach ausgezeichnet, holte Siege im Sport, Doch selbst wenn er weniger erfolgreich wäre, träten Freunde, Professoren, Parlamentsabgeordnete vermutlich für jemanden wie ihn ein, denn sollte er tatsächlich ausgewiesen werden, zurück in sein Geburtsland Weißrussland müssen, droht ihm dort Ungemach.

    Als Abtrünniger, der dem Diktator Lukaschenko für immer den Rücken kehren wollte, betrachtet ihn das Regime vermutlich als Landesverräter, der mindestens scharf beobachtet und bei dem leisesten Verdacht auf zivilgesellschaftliche Tätigkeit festgenommen werden wird. Zudem ist kaum damit zu rechnen, dass er seine Doktorarbeit an einer weißrussischen Universität beenden kann, etwa in Grodno, da dies der allmächtige Lukaschenko zu verhüten wissen wird.

    Einen Willkürakt wie den eventuell bevorstehenden, ihm seinen Antrag auf die polnische Staatsbürgerschaft ohne jede Begründung zu verwehren und auszuweisen, solche Willkür war er von Weißrussland gewöhnt, dies in Polen zu erleben, hätte er nicht vermutet, dennoch lässt er sich seine Liebe zu Polen nicht nehmen.

    Pawel Juszkiewicz:
    "Es ist einfach, jemandem Unrecht zu tun. Ich hätte nie geglaubt, dass ein Pole so einfach aus Polen hinausgeworfen werden kann. Aber selbst, wenn Polen mich zurückweist: Ich bin und bleibe Pole und werde auf meine polnische Identität nie verzichten."