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Porentiefe Reinigung für gefährliche Brummis

Gleich, ob man an Tschernobyl, an den Chemieunfall in Seveso oder Tierseuchen denkt, immer besteht ein Problem darin, dabei verwendete Rettungs- oder Nutzfahrzeuge zu reinigen und dabei zuverlässig zu entgiften und zu entseuchen. Das Fraunhofer Institut für Produktionsplanung und Automatisierung in Stuttgart präsentierte jetzt eine mobile Waschstrasse für solche Aufgaben.

Cajo Kutzbach |
    Bei der Maul und Klauenseuche in England sah man Bilder von improvisierten Waschplätzen, mit denen verhindert werden sollte, dass sich der Erreger im Land verbreitet. Viel häufiger als ABC-Waffen, also atomare, biologische und chemische Waffen, oder Terroristen führen Unglücksfälle dazu, dass Hilfsfahrzeuge der Rettungsdienste mit Stoffen in Berührung kommen, die man keinesfalls verbreiten möchte. Am Fraunhofer IPA in Stuttgart wurde deshalb eine riesige mobile Waschanlage auf einem Lkw-Anhänger montiert:
    Stellen Sie sich das vor wie eine Pkw-Waschanlage vom Prinzip her, nur mobil, und die hat die Funktion, Fahrzeuge beliebiger Größe - bis auch zu großen Lkws und Einsatzfahrzeugen - nachhaltig chemisch zu reinigen, zu entgiften und zu entseuchen.

    Ingenieur Christoph Schaeffer leitet am IPA die Arbeitsgruppe Robotersysteme. Allerdings gibt es zur Waschstrasse ein paar Unterschiede. Das Portal mit den Reinigungsmitteln fährt nicht auf Schienen, sondern hängt an einem Kranausleger. Auch Bürsten fehlen:

    Bei uns wird das nicht mit Waschbürsten gemacht, sondern in der Reinigung haben wir drei Prozesse: Zunächst einmal eine chemische Reinigungsmittel-Auftragung, wo wir die chemische Reinigungsflotte aufbringen. Das Zweite ist eine Hochdruckreinigung mit Wasser. Und das Dritte ist eine Heißgasreinigung um dann mit heißer Luft das Ganze nicht nur zu trocken sondern auch Molekularstrukturen zu zerstören, wenn es etwa um Bakterien oder ähnliche Stoffe geht.

    Polizeiauto, Krankenwagen, Feuerwehrleiterwagen oder ein Kran des Technischen Hilfswerkes haben so unterschiedliche Formen, dass zunächst mal das Auto vermessen werden muss. Christoph Schaeffer:

    Wir wollen also die Reinigungsdüsen ganz nahe an den Oberflächen entlang führen und dazu müssen wir die Form des Fahrzeuges kennen. Und dazu vermessen wir zunächst das Fahrzeug. Dazu setzen wir Laserscanner ein, die wir über die Fahrzeuge in einer Messfahrt entlang führen. Danach haben wir ein exaktes dreidimensionales Modell von dem Fahrzeug, das zu reinigen ist.

    Mit Hilfe dieses Modells steuert der Roboter den Kranarm und die Reinigungsdüsen. Der Mensch am Steuerpult wählt die gewünschte Reinigungsart aus und überwacht das Ganze. Krankheitskeime oder Chemikalien wird sozusagen die Hölle heiß gemacht:

    Wir haben Heißgas mit 450 Grad Celsius und nutzen da die Abwärme eines Flugzeugtriebwerkes mit 10.000 PS. Dieses Triebwerk sitzt oben in dem Reinigungsrahmen, der über das Fahrzeug geführt wird. Diesen Heißstrom nutzen wir, um die Fahrzeuge zu trocknen und biologische oder chemische Strukturen damit aufzulösen.

    Allerdings vertragen Kunststoffe, etwa Lkw-Planen, diese hohen Temperaturen nicht, so dass man da Vorsichtsmassnahmen ergreifen muss. Wie das, erklärt Christoph Schaeffer:

    Genauso wie bei Reifen sind die Temperaturen entsprechend abzusenken und die Abstände entsprechend zu vergrößern oder die Überfahrgeschwindigkeit zu erhöhen. Hier gibt's also Parameter, die wir entsprechend einstellen können, so dass wir sowohl von der Verschmutzung her oder von der Verseuchung her, in Kombination mit den Materialien, die zu reinigen sind, das optimale Verhältnis einstellen können.

    Der Mensch am Steuerpult sitzt währenddessen vor Lärm und Schmutz geschützt in einer Kranfahrerkabine und gibt durch einen Hebel dem Roboter grünes Licht zum Fahrzeugputzen. Nimmt er die Hand vom Hebel, stoppt die Anlage, die sich also sogar in einem Schutzanzug mit groben Handschuhen steuern lässt. Die gesamte Reinigung und Entseuchung eines großen Fahrzeuges geht dabei wesentlich schneller, als von Hand, berichtet Christoph Schaeffer:

    Pro Lkw - wenn wir's gründlich machen mit mehreren Überfahrten, sind wir dort sicherlich in einer guten Minute fertig um so einen Lkw zu reinigen.

    Dabei ist es egal, ob das Fahrzeug nur durch Lehm fuhr oder aber durch biologisch oder atomar verseuchtes Gelände oder durch giftige Chemikalien. Ob aber der Katastrophenschutz das Geld hat, um solche Geräte in genügender Zahl anzuschaffen, ist fraglich.