"Ich begrüße alle in diesem Saal, die Veränderungen wollen. Die Grundsteine unseres Programms bilden drei Wörter. Das erste Wort: Freiheit. Das zweite Wort: Wahrheit. Das dritte Wort: Gerechtigkeit. Wir treten ein für Meinungsfreiheit und für Wirtschaftsfreiheit. Wir sind für die Befreiung von der Angst, die in unserem Land herrscht! Wir sind müde von den Lügen, die unsere Regierung täglich verbreitet. Die Menschen unseres Landes wollen Gerechtigkeit!"
Wahlkampf in der weißrussischen Provinz. In Baranovitschy, einem Städtchen im Südwesten des Landes, versucht Alexander Milinkewitsch, die Bevölkerung für sich zu gewinnen. Knapp tausend Menschen sind in das so genannte Haus des Offiziers gekommen – sie wollen den Physikprofessor sehen, der es wagt, gegen den mächtigen Präsidenten Alexander Lukaschenko anzutreten.
Ein leichtes Spiel hat Oppositionskandidat Milinkewitsch in Baranovitschy allerdings nicht: Vor dem Eingang des Saales haben sich Mitglieder der staatlichen Jugendorganisation aufgebaut. In den Händen halten sie große Transparente: "Jugend für Lukaschenko!" ist dort aufgemalt. Oder: "Wir sind für unser Väterchen!" Auch im Saal sitzen viele Anhänger des seit zwölf Jahren autoritär regierenden Präsidenten. Sie versuchen immer wieder, die Wahlveranstaltung mit "Lukaschenko! Lukaschenko!"-Rufen zu stören – werden sofort aber von "Milinkewitsch!"-Chören übertönt. "Lukaschenko! Lukaschenko!" "Milinkewitsch! Milinkewitsch!" "Mikrophon!"
Mitten in der Veranstaltung verstummen plötzlich die Lautsprecher. Die Mikrophone sind tot. Milinkewitsch behält die Ruhe. Der 57-Jährige trägt einen blauen Schal um den Hals - jene Farbe, die sich die weißrussische Opposition für ihren Versuch einer friedlichen Revolution nach dem Vorbild Ukraine ausgesucht hat. Alexander Milinkewitsch ist der gemeinsame Kandidat von mehr als zehn politischen Oppositionsparteien und fast 200 NGO - den Nicht-Regierungs-Organisationen. Für politische Beobachter aus Minsk, aber auch der EU ist klar: Die traditionell sonst zerstrittene weißrussische Opposition hat offenbar aus früheren Fehlern gelernt. Dieses Mal geht sie relativ geschlossen in die Präsidentschaftswahl.
Für Milinkewitsch selber war die Bündelung der verschiedenen Interessen eine Frage des politischen Überlebens der Opposition:
""Unsere Zivilgesellschaft ist dabei abzusterben. Der Mehrheit der Parteien hat man die Registrierung entzogen. Die NGOs werden liquidiert. Es sind nur drei unabhängige politische Zeitungen übrig geblieben. Und deshalb ist klar: Du stirbst, oder du überlebst. Und überleben können wir nur zusammen. Überleben heißt: Das Regime zu besiegen! Deshalb haben wir uns vereinigt. Es ist wirklich so, dass hier Kommunisten, Konservative, Liberale, Sozialdemokraten, die Frauenpartei, Grüne und die Arbeitspartei kooperieren."
Dennoch: Alexander Milinkewitsch ist zwar ein gemeinsamer, aber nicht der einzige Kandidat der Opposition in diesem Wahlkampf. Der Chef der Sozialdemokratischen Partei Hramada, Alexander Kosulin. ist der Milinkewitsch-Koalition nicht beigetreten, sondern versucht es auf eigene Faust. Kosulin – ebenfalls Physikprofessor und ehemaliger Rektor der Minsker Universität - ist umstritten in Oppositionskreisen. Sie werfen ihm vor, dass er sich auf Kosten des langjährigen sozialdemokratischen Vordenkers Nikolaj Statkevitsch zur Spitze der Partei durchgearbeitet hat.
Präsident Lukaschenko selbst will sich mit diesen Wahlen seine dann schon dritte Amtszeit sichern. Im Verlauf der zwölf Jahre, in denen er das Land autoritär regiert, hat Lukaschenko die Gewaltenteilung abgeschafft und dem Parlament sämtliche Rechte entzogen. Unabhängige Medien hat er liquidieren lassen. Jede Präsidents- und Parlamentswahl, jede Volksabstimmung wird seit Jahren von Lukaschenkos Machtapparat manipuliert – die OSZE, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hat dies immer wieder dokumentiert.
Die beiden Lukaschenko-Herausforderer Milinkewitsch und Kosulin haben die ihnen zugestandenen spärlichen Möglichkeiten effektiv genutzt, sich den Weißrussen bekannt zu machen. Die Auftritte der beiden oppositionellen Kandidaten im staatlichen Sender – der ihnen ansonsten stets verschlossen war - glichen einer Sensation. Zum ersten Mal seit vielen Jahren gingen ganz offen Themen über den Äther, über die die Menschen vorher nur in ihren Küchen getuschelt hatten: über die politisch Verfolgten und Verschwundenen im Land, über die unterdrückten unabhängigen Medien und über korrupte Staatsstrukturen. Lukaschenko musste sich außerdem sogar öffentlich Fragen nach seinem Privatleben und zu seinem geistigen Zustand gefallen lassen.
Vor allem Alexander Kosulin scheute vor harten Worten nicht zurück. Er erinnerte in seiner aggressiven Art sogar an seinen heutigen Widersacher Lukaschenko. Dieser hatte sich 1994 als ehemaliger Vorsitzender einer sowjetischen Staatsfarm, einer so genannten Kolchose, und ansonsten weithin unbekannter Politiker lauthals und kometengleich an die Macht katapultiert – und zwar auch mit einer Antikorruptionskampagne. Heute spricht Kosulin seinerseits von "schwarzen Staatskassen", die mit Geld aus illegalen Waffengeschäften gefüllt seien und die nun publik gemacht werden müssten. Seine Aufforderung an Lukaschenko "Wo bleibt das Geld, Alexander?" ist innerhalb von wenigen Tagen zu einem geflügelten Wort in Weißrussland geworden. Da der eigentliche Wahlkampf nur gut einen Monat dauerte, sah Kosulin in dieser auf Konfrontation angelegten Taktik die einzige Möglichkeit, populär zu werden:
"Lukaschenko hat wohl gedacht, dass in dieser kurzen Zeit, die wir für unseren Wahlkampf haben, weder Milinkewitsch noch ich es schaffen werden, uns im Land bekannt zu machen. Und er dachte, dass Kosulin und Milinkewitsch einander auffressen - er selbst aber über diesem Kampf stehen wird. Doch er hat sich verrechnet. Kosulin und Milinkewitsch fressen nämlich Lukaschenko auf."
Alexander Lukaschenko reagiert angesichts steigender Popularitätswerte für seine beiden Kontrahenten inzwischen sichtlich nervös. Vor drei Wochen ließ der weißrussische Geheimdienst KGB die Mitglieder der Wahlbeobachter-Organisation Partnerstwo verhaften. Ihnen wurde vorgeworfen, sie wollten Umfragen zu den Wahlen fälschen und einen bewaffneten Umsturz organisieren. Vertretern der ukrainischen Organisation Pora und einem Berater des ukrainischen Präsidenten Juschtschenko, verweigerten die Behörden die Einreise nach Weißrussland. Sie schickten sie noch vom Flughafen aus wieder zurück. Und als Alexander Kosulin versuchte, an einem von Lukaschenko einberufenen Kongress, der so genannten All-Weißrussischen Volksversammlung, teilzunehmen, wurde er brutal geschlagen und anschließend festgenommen.
Angehörige der Miliz prügelten auch Journalisten krankenhausreif, die diese Szene dokumentiert hatten. Ein Team, das aus einem Auto heraus gefilmt hatte, ist beschossen worden. Seit einigen Wochen werden zahlreiche Mitglieder der Wahlstäbe von Milinkewitsch und Kosulin nach und nach unter fadenscheinigen Vorwänden ins Gefängnis gebracht. Nicht nur Repressalien gegen die Opposition setzt Lukaschenko in seinem Wahlkampf ein. Seit Monaten bemühen sich die staatlichen Medien, das Bild eines stabilen Weißrusslands mit einer florierenden Wirtschaft zu zeichnen. Und dies hatte bis kurz vor Wahlkampfbeginn durchaus die erhoffte Wirkung: Noch Ende Januar – so das Ergebnis einer repräsentativen Untersuchung des slowakischen "Instituts for Public Affairs" - bezeichneten drei von vier Weißrussen die politische Situation in ihrem Land als "sicher und friedvoll".
Allerdings: Seitdem sich das Stimmungsbild in der Bevölkerung nach dem brutalen Vorgehen gegen die Opposition aber auch nach den beeindruckenden Auftritten der Oppositionskandidaten zu verändern begonnen hat, verschärft auch Lukaschenko seinen Ton:
"Am 19. März wollen sie einen von diesen geistig Minderbemittelten zum Sieger der Abstimmung küren und behaupten, dass die Regierung die Wahlen manipuliert hat. Aber über die baltischen Länder, über die Ukraine und Polen kommen zu uns Millionen von Dollar. Schaut, was für Werbezettel sie haben – auf westlichem Hochglanzpapier! Woher haben sie dieses Geld? Diese Kämpfer für das Glück des Volkes, sie kämpfen doch nur, um dem Westen zu zeigen, wer von beiden der größere Feind von Präsident Lukaschenko ist. Denn nur über den Gewinner ergießt sich anschließend der 'Geldsegen für die Demokratie’. Das ist der eigentliche Kampf, den sie führen."
Die empfindliche Reaktion von Alexander Lukaschenko macht deutlich, dass die Diskussion der vergangenen Monate um eine mögliche neue demokratische Revolution - diesmal in seinem Land - Spuren hinterlassen hat. Schon früh hat die politische Führung in Minsk versucht, eine Wiederholung der aus Jugoslawien, Georgien oder auch der Ukraine bekannten Massenproteste im Anschluss an eine Wahl im Keim zu ersticken. Und Lukaschenko selbst wird ebenfalls nicht müde, Warnungen vor angeblich vom Westen angezettelten Umsturzversuchen zu wiederholen. Seine Wortwahl spricht für sich:
"Da schreiten also verschiedenfarbige Revolutionen durch die ehemaligen Sowjetrepubliken – unterstützt von diesen demokratischen, oder wie wir inzwischen sagen: ‚djermokratischen’, also ‚scheißokratischen’ Staaten! Der Westen ist also mit uns unzufrieden! Warum? Weil wir nach unseren eigenen Gesetzen leben wollen. Wir haben auch einen starken wirtschaftlichen und militärischen Verbündeten: Das ist unser Russland."
Russland war bisher vor allem für Lukaschenko selbst ein Garant des politischen Überlebens. Mit der Öffnung seines riesigen Markts für viele sonst nicht konkurrenzfähige weißrussische Produkte und mit Hilfe von so genannten Stabilisierungskrediten greift der Kreml Lukaschenko seit langem zuverlässig unter die Arme. Außerdem bezieht Weißrussland als inzwischen einziges Land russisches Erdgas noch zu innerrussischen Preisen. Drei Milliarden Dollar pro Jahr – so schätzen Wirtschaftsexperten – fließen auf diese Weise zusätzlich in Lukaschenkos Staatskassen.
Im weißrussischen Wahlkampf hat der russische Präsident Wladimir Putin nach außen allerdings eine neutrale Position eingenommen. Nach der Abstimmung werde Moskau sein Festhalten an Lukaschenko überdenken, vermuten indes sowohl deutsche als auch weißrussische Experten. Auch der weißrussische Oppositionspolitiker und Vorsitzende des Nationalen Komitees der Demokratischen Kräfte, Anatol Lebedko, meint:
"Ich sage voraus, dass nach dem Wahlsonntag am 19. März Russland anfangen wird, in weißrussische Parteien und NGOs zu investieren. Moskau wird hier seine eigene Infrastruktur schaffen wollen, mit einer Art weißrussischem Janukovitsch an der Spitze. So wie vor anderthalb Jahren in der Ukraine Janukovitsch gegen Juschtschenko angetreten war. Putin will innerhalb der G8 gleichberechtigt auftreten. Da kann er sich keinen Schmutzfleck namens Lukaschenko auf der Jacke leisten."
Dass Moskau dabei den gemeinsamen Oppositionskandidaten Milinkewitsch unterstützen wird, hält Anatol Lebedka, der selbst im Wahlstab der Oppositionellen arbeitet, für ausgeschlossen. Während seines Wahlkampfes fuhr Milinkewitsch zwar dreimal nach Moskau. Dort aber hat ihn das Establishment nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Auf seiner Reise in die EU-Staaten dagegen traf er sich mit Politikern aus der ersten Reihe. Javier Solana, zuständig für die EU-Außenbeziehungen, empfing ihn ebenso wie die EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner oder auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Dass diese Wahlen eine demokratische Revolution auslösen werden, gilt derzeit als wenig wahrscheinlich. Rainer Lindner von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin:
"Dazu fehlen ganz entschiedene Voraussetzungen, wie beispielsweise ein Parlament, das auch Kräfte der Opposition enthalten würde. Wir wissen ja, was in der Ukraine eine zentrale Rolle gespielt hat. Ein Gericht, das im gegebenen Fall die Entscheidung anerkennen würde zu Gunsten derer, die gegen die Wahlmanipulation protestieren: Auch das gibt es nicht. Und schließlich gibt es leider auch keine Medien, die etwa landesweit berichten würden - dass Menschen sehen, was da passiert in den Straßen."
Für viele Politiker und Strategen aus den USA und der EU, die nach dem Machtwechsel in der Ukraine gehofft hatten, dieser Funke werde auf Weißrussland überspringen, ist dies enttäuschend. Vom Westen geförderte unabhängige Medien hatten in den vergangenen Monaten nachhaltig versucht, an Einfluss in Lukaschenkos Machtbereich zu gewinnen. Auslandssender sollen eine Gegenöffentlichkeit zu Lukaschenkos Informationspolitik bilden, die es ihrerseits immer noch schafft, dem Minsker Autokraten einen beachtlichen Rückhalt in der Bevölkerung zu bescheren. Nochmals Rainer Lindner:
"Es herrscht im Grunde ein Biotop: Die Menschen leben unter einer Glocke der Informationsarmut. Und es ist insofern ganz natürlich, wenn ein Präsident 90 Prozent der Fernsehzeit ausfüllt, dass am Ende die Wahlergebnisse zu seinen Gunsten sprechen. Er ist immerhin im Sowjetsystem groß geworden, und da hatte man gefälligst um die 90 Prozent zu erzielen. Insofern sind 75 Prozent das Maß an Zugeständnissen, die er an die Demokratie zu machen bereit ist. Er hat neulich gesagt: 'Wozu brauchen sie einen neuen Präsidenten, sie haben doch einen guten.’"
Da die wenigen unabhängigen Meinungsforschungsinstitute in den vergangenen Jahren ebenso von Lukaschenko aus dem Land vertrieben worden sind, gibt es keine realistischen Prognosen zum Wahlausgang am Sonntag. Unklar ist, mit wie vielen Stimmen die einzelnen Kandidaten rechnen könnten – würde der Urnengang tatsächlich frei und fair verlaufen. Die Minsker Politologin Swetlana Naumova wagt dennoch eine Vorhersage:
"Milinkewitsch bekommt die Stimmen derjenigen, die schon seit einigen Jahren gegen die heutigen Machthaber sind. Er wird seine Leute zum Wahlgang mobilisieren können. Es gibt eine andere Gruppe von Menschen, die zwar gegen Lukaschenko sind – aber nicht so weit gehen, sich zur Opposition zu bekennen oder auf die Straße zu gehen. Davon gibt es sehr viele. Deren Stimmen aber kassiert jetzt Kosulin und nicht Milinkewitsch.
Ich denke, die Hälfte der Bevölkerung ist bereits gegen Lukaschenko. Aber klar ist auch: Es gibt nicht viele, die heute bereit sind, diesen Protest auch aktiv zu vertreten."
Das bezeugen auch die Untersuchungen des slowakischen "Institute for Public Affairs". Seiner repräsentativen Studie zufolge erwarten lediglich 17 Prozent der Weißrussen Massenproteste gegen Lukaschenko am Sonntagabend, wenn die Wahllokale ihre Türen schließen werden. Dennoch will die weißrussische Opposition versuchen, die Menschen auf die Straße zu bringen. Präsidentschaftskandidat Alexander Kosulin:
"Da es schon jetzt klar ist, dass die Wahlen gefälscht werden, gibt es nur eine Methode, um zu zeigen, wie sie wirklich verlaufen sind: Diejenigen, die gegen Lukaschenko gestimmt haben, sollen auf die Straße gehen. Aber ich habe die Menschen auch darum gebeten, sich nicht provozieren zu lassen. Denn ich weiß, dass das Regime sich auf diesen Tag gut vorbereitet hat. Provokateure sollen Schlägereien anzetteln. Sie werden verkünden lassen, dass man ein Waffenlager gefunden habe. Wenn es Opfer geben sollte, wird die Regierung zwar dafür verantwortlich sein, aber sie wird alles auf die Opposition schieben wollen."
Milinkewitsch sieht dies ähnlich. In seinen Wahlveranstaltungen hat er die Menschen in den vergangenen Wochen immer wieder dazu aufgerufen, am Wahlsonntag um 20 Uhr ins Zentrum der Hauptstadt Minsk zu kommen.
Im Haus des Offiziers in Baranovitschy reagiert das Publikum unterschiedlich auf seinen Aufruf:
"Es kommt zum Blutvergießen! Warum rufen Sie zum Blutvergießen auf?" - "Ich habe nie zu einer Revolution aufgerufen! Ich habe nie zum Blutvergießen aufgerufen. Ich habe immer gesagt: Wir brauchen keine Revolution, wir brauchen eine Evolution! Aber wir fordern von der Macht faire Wahlen. Und wenn sie dazu nicht bereit ist, werden die Leute auf die Straßen gehen und ihre Entscheidung verteidigen. Wir werden aber friedlich auf die Straße gehen."
Alexander Lukaschenko scheint fest entschlossen zu sein, im Amt zu bleiben. Und dies rechtfertige für Alexander Lukaschenko wahrscheinlich alle Mittel, vermutet die Politologin Naumova. Auch Reiner Lindner kann eine gewisse Besorgnis nicht verhehlen, wenn es um die Zukunft von Weißrussland - von Belarus - geht:
"Niemand erwartet, dass am 19. März an sich die Verhältnisse im Land ändern. Aber es wird eine neue Aufmerksamkeit, eine Geschlossenheit der Opposition geben. Es wird sicherlich zu Protesten kommen - auch am Wahlabend, beziehungsweise am Tag danach. Das Regime hat aber bereits angekündigt, dass es mit starker Gewalt darauf reagieren wird. Insofern sehen wir keinen guten Zeiten entgegen. Ich vermute, es wird auch nicht ohne Gewalt abgehen. Das heißt, es könnte sogar sein, dass die Situation in Belarus außer Kontrolle gerät, Opfer fordert. Alle diese Momente können gegebenenfalls eintreten."
Wahlkampf in der weißrussischen Provinz. In Baranovitschy, einem Städtchen im Südwesten des Landes, versucht Alexander Milinkewitsch, die Bevölkerung für sich zu gewinnen. Knapp tausend Menschen sind in das so genannte Haus des Offiziers gekommen – sie wollen den Physikprofessor sehen, der es wagt, gegen den mächtigen Präsidenten Alexander Lukaschenko anzutreten.
Ein leichtes Spiel hat Oppositionskandidat Milinkewitsch in Baranovitschy allerdings nicht: Vor dem Eingang des Saales haben sich Mitglieder der staatlichen Jugendorganisation aufgebaut. In den Händen halten sie große Transparente: "Jugend für Lukaschenko!" ist dort aufgemalt. Oder: "Wir sind für unser Väterchen!" Auch im Saal sitzen viele Anhänger des seit zwölf Jahren autoritär regierenden Präsidenten. Sie versuchen immer wieder, die Wahlveranstaltung mit "Lukaschenko! Lukaschenko!"-Rufen zu stören – werden sofort aber von "Milinkewitsch!"-Chören übertönt. "Lukaschenko! Lukaschenko!" "Milinkewitsch! Milinkewitsch!" "Mikrophon!"
Mitten in der Veranstaltung verstummen plötzlich die Lautsprecher. Die Mikrophone sind tot. Milinkewitsch behält die Ruhe. Der 57-Jährige trägt einen blauen Schal um den Hals - jene Farbe, die sich die weißrussische Opposition für ihren Versuch einer friedlichen Revolution nach dem Vorbild Ukraine ausgesucht hat. Alexander Milinkewitsch ist der gemeinsame Kandidat von mehr als zehn politischen Oppositionsparteien und fast 200 NGO - den Nicht-Regierungs-Organisationen. Für politische Beobachter aus Minsk, aber auch der EU ist klar: Die traditionell sonst zerstrittene weißrussische Opposition hat offenbar aus früheren Fehlern gelernt. Dieses Mal geht sie relativ geschlossen in die Präsidentschaftswahl.
Für Milinkewitsch selber war die Bündelung der verschiedenen Interessen eine Frage des politischen Überlebens der Opposition:
""Unsere Zivilgesellschaft ist dabei abzusterben. Der Mehrheit der Parteien hat man die Registrierung entzogen. Die NGOs werden liquidiert. Es sind nur drei unabhängige politische Zeitungen übrig geblieben. Und deshalb ist klar: Du stirbst, oder du überlebst. Und überleben können wir nur zusammen. Überleben heißt: Das Regime zu besiegen! Deshalb haben wir uns vereinigt. Es ist wirklich so, dass hier Kommunisten, Konservative, Liberale, Sozialdemokraten, die Frauenpartei, Grüne und die Arbeitspartei kooperieren."
Dennoch: Alexander Milinkewitsch ist zwar ein gemeinsamer, aber nicht der einzige Kandidat der Opposition in diesem Wahlkampf. Der Chef der Sozialdemokratischen Partei Hramada, Alexander Kosulin. ist der Milinkewitsch-Koalition nicht beigetreten, sondern versucht es auf eigene Faust. Kosulin – ebenfalls Physikprofessor und ehemaliger Rektor der Minsker Universität - ist umstritten in Oppositionskreisen. Sie werfen ihm vor, dass er sich auf Kosten des langjährigen sozialdemokratischen Vordenkers Nikolaj Statkevitsch zur Spitze der Partei durchgearbeitet hat.
Präsident Lukaschenko selbst will sich mit diesen Wahlen seine dann schon dritte Amtszeit sichern. Im Verlauf der zwölf Jahre, in denen er das Land autoritär regiert, hat Lukaschenko die Gewaltenteilung abgeschafft und dem Parlament sämtliche Rechte entzogen. Unabhängige Medien hat er liquidieren lassen. Jede Präsidents- und Parlamentswahl, jede Volksabstimmung wird seit Jahren von Lukaschenkos Machtapparat manipuliert – die OSZE, die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa hat dies immer wieder dokumentiert.
Die beiden Lukaschenko-Herausforderer Milinkewitsch und Kosulin haben die ihnen zugestandenen spärlichen Möglichkeiten effektiv genutzt, sich den Weißrussen bekannt zu machen. Die Auftritte der beiden oppositionellen Kandidaten im staatlichen Sender – der ihnen ansonsten stets verschlossen war - glichen einer Sensation. Zum ersten Mal seit vielen Jahren gingen ganz offen Themen über den Äther, über die die Menschen vorher nur in ihren Küchen getuschelt hatten: über die politisch Verfolgten und Verschwundenen im Land, über die unterdrückten unabhängigen Medien und über korrupte Staatsstrukturen. Lukaschenko musste sich außerdem sogar öffentlich Fragen nach seinem Privatleben und zu seinem geistigen Zustand gefallen lassen.
Vor allem Alexander Kosulin scheute vor harten Worten nicht zurück. Er erinnerte in seiner aggressiven Art sogar an seinen heutigen Widersacher Lukaschenko. Dieser hatte sich 1994 als ehemaliger Vorsitzender einer sowjetischen Staatsfarm, einer so genannten Kolchose, und ansonsten weithin unbekannter Politiker lauthals und kometengleich an die Macht katapultiert – und zwar auch mit einer Antikorruptionskampagne. Heute spricht Kosulin seinerseits von "schwarzen Staatskassen", die mit Geld aus illegalen Waffengeschäften gefüllt seien und die nun publik gemacht werden müssten. Seine Aufforderung an Lukaschenko "Wo bleibt das Geld, Alexander?" ist innerhalb von wenigen Tagen zu einem geflügelten Wort in Weißrussland geworden. Da der eigentliche Wahlkampf nur gut einen Monat dauerte, sah Kosulin in dieser auf Konfrontation angelegten Taktik die einzige Möglichkeit, populär zu werden:
"Lukaschenko hat wohl gedacht, dass in dieser kurzen Zeit, die wir für unseren Wahlkampf haben, weder Milinkewitsch noch ich es schaffen werden, uns im Land bekannt zu machen. Und er dachte, dass Kosulin und Milinkewitsch einander auffressen - er selbst aber über diesem Kampf stehen wird. Doch er hat sich verrechnet. Kosulin und Milinkewitsch fressen nämlich Lukaschenko auf."
Alexander Lukaschenko reagiert angesichts steigender Popularitätswerte für seine beiden Kontrahenten inzwischen sichtlich nervös. Vor drei Wochen ließ der weißrussische Geheimdienst KGB die Mitglieder der Wahlbeobachter-Organisation Partnerstwo verhaften. Ihnen wurde vorgeworfen, sie wollten Umfragen zu den Wahlen fälschen und einen bewaffneten Umsturz organisieren. Vertretern der ukrainischen Organisation Pora und einem Berater des ukrainischen Präsidenten Juschtschenko, verweigerten die Behörden die Einreise nach Weißrussland. Sie schickten sie noch vom Flughafen aus wieder zurück. Und als Alexander Kosulin versuchte, an einem von Lukaschenko einberufenen Kongress, der so genannten All-Weißrussischen Volksversammlung, teilzunehmen, wurde er brutal geschlagen und anschließend festgenommen.
Angehörige der Miliz prügelten auch Journalisten krankenhausreif, die diese Szene dokumentiert hatten. Ein Team, das aus einem Auto heraus gefilmt hatte, ist beschossen worden. Seit einigen Wochen werden zahlreiche Mitglieder der Wahlstäbe von Milinkewitsch und Kosulin nach und nach unter fadenscheinigen Vorwänden ins Gefängnis gebracht. Nicht nur Repressalien gegen die Opposition setzt Lukaschenko in seinem Wahlkampf ein. Seit Monaten bemühen sich die staatlichen Medien, das Bild eines stabilen Weißrusslands mit einer florierenden Wirtschaft zu zeichnen. Und dies hatte bis kurz vor Wahlkampfbeginn durchaus die erhoffte Wirkung: Noch Ende Januar – so das Ergebnis einer repräsentativen Untersuchung des slowakischen "Instituts for Public Affairs" - bezeichneten drei von vier Weißrussen die politische Situation in ihrem Land als "sicher und friedvoll".
Allerdings: Seitdem sich das Stimmungsbild in der Bevölkerung nach dem brutalen Vorgehen gegen die Opposition aber auch nach den beeindruckenden Auftritten der Oppositionskandidaten zu verändern begonnen hat, verschärft auch Lukaschenko seinen Ton:
"Am 19. März wollen sie einen von diesen geistig Minderbemittelten zum Sieger der Abstimmung küren und behaupten, dass die Regierung die Wahlen manipuliert hat. Aber über die baltischen Länder, über die Ukraine und Polen kommen zu uns Millionen von Dollar. Schaut, was für Werbezettel sie haben – auf westlichem Hochglanzpapier! Woher haben sie dieses Geld? Diese Kämpfer für das Glück des Volkes, sie kämpfen doch nur, um dem Westen zu zeigen, wer von beiden der größere Feind von Präsident Lukaschenko ist. Denn nur über den Gewinner ergießt sich anschließend der 'Geldsegen für die Demokratie’. Das ist der eigentliche Kampf, den sie führen."
Die empfindliche Reaktion von Alexander Lukaschenko macht deutlich, dass die Diskussion der vergangenen Monate um eine mögliche neue demokratische Revolution - diesmal in seinem Land - Spuren hinterlassen hat. Schon früh hat die politische Führung in Minsk versucht, eine Wiederholung der aus Jugoslawien, Georgien oder auch der Ukraine bekannten Massenproteste im Anschluss an eine Wahl im Keim zu ersticken. Und Lukaschenko selbst wird ebenfalls nicht müde, Warnungen vor angeblich vom Westen angezettelten Umsturzversuchen zu wiederholen. Seine Wortwahl spricht für sich:
"Da schreiten also verschiedenfarbige Revolutionen durch die ehemaligen Sowjetrepubliken – unterstützt von diesen demokratischen, oder wie wir inzwischen sagen: ‚djermokratischen’, also ‚scheißokratischen’ Staaten! Der Westen ist also mit uns unzufrieden! Warum? Weil wir nach unseren eigenen Gesetzen leben wollen. Wir haben auch einen starken wirtschaftlichen und militärischen Verbündeten: Das ist unser Russland."
Russland war bisher vor allem für Lukaschenko selbst ein Garant des politischen Überlebens. Mit der Öffnung seines riesigen Markts für viele sonst nicht konkurrenzfähige weißrussische Produkte und mit Hilfe von so genannten Stabilisierungskrediten greift der Kreml Lukaschenko seit langem zuverlässig unter die Arme. Außerdem bezieht Weißrussland als inzwischen einziges Land russisches Erdgas noch zu innerrussischen Preisen. Drei Milliarden Dollar pro Jahr – so schätzen Wirtschaftsexperten – fließen auf diese Weise zusätzlich in Lukaschenkos Staatskassen.
Im weißrussischen Wahlkampf hat der russische Präsident Wladimir Putin nach außen allerdings eine neutrale Position eingenommen. Nach der Abstimmung werde Moskau sein Festhalten an Lukaschenko überdenken, vermuten indes sowohl deutsche als auch weißrussische Experten. Auch der weißrussische Oppositionspolitiker und Vorsitzende des Nationalen Komitees der Demokratischen Kräfte, Anatol Lebedko, meint:
"Ich sage voraus, dass nach dem Wahlsonntag am 19. März Russland anfangen wird, in weißrussische Parteien und NGOs zu investieren. Moskau wird hier seine eigene Infrastruktur schaffen wollen, mit einer Art weißrussischem Janukovitsch an der Spitze. So wie vor anderthalb Jahren in der Ukraine Janukovitsch gegen Juschtschenko angetreten war. Putin will innerhalb der G8 gleichberechtigt auftreten. Da kann er sich keinen Schmutzfleck namens Lukaschenko auf der Jacke leisten."
Dass Moskau dabei den gemeinsamen Oppositionskandidaten Milinkewitsch unterstützen wird, hält Anatol Lebedka, der selbst im Wahlstab der Oppositionellen arbeitet, für ausgeschlossen. Während seines Wahlkampfes fuhr Milinkewitsch zwar dreimal nach Moskau. Dort aber hat ihn das Establishment nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Auf seiner Reise in die EU-Staaten dagegen traf er sich mit Politikern aus der ersten Reihe. Javier Solana, zuständig für die EU-Außenbeziehungen, empfing ihn ebenso wie die EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner oder auch Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Dass diese Wahlen eine demokratische Revolution auslösen werden, gilt derzeit als wenig wahrscheinlich. Rainer Lindner von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin:
"Dazu fehlen ganz entschiedene Voraussetzungen, wie beispielsweise ein Parlament, das auch Kräfte der Opposition enthalten würde. Wir wissen ja, was in der Ukraine eine zentrale Rolle gespielt hat. Ein Gericht, das im gegebenen Fall die Entscheidung anerkennen würde zu Gunsten derer, die gegen die Wahlmanipulation protestieren: Auch das gibt es nicht. Und schließlich gibt es leider auch keine Medien, die etwa landesweit berichten würden - dass Menschen sehen, was da passiert in den Straßen."
Für viele Politiker und Strategen aus den USA und der EU, die nach dem Machtwechsel in der Ukraine gehofft hatten, dieser Funke werde auf Weißrussland überspringen, ist dies enttäuschend. Vom Westen geförderte unabhängige Medien hatten in den vergangenen Monaten nachhaltig versucht, an Einfluss in Lukaschenkos Machtbereich zu gewinnen. Auslandssender sollen eine Gegenöffentlichkeit zu Lukaschenkos Informationspolitik bilden, die es ihrerseits immer noch schafft, dem Minsker Autokraten einen beachtlichen Rückhalt in der Bevölkerung zu bescheren. Nochmals Rainer Lindner:
"Es herrscht im Grunde ein Biotop: Die Menschen leben unter einer Glocke der Informationsarmut. Und es ist insofern ganz natürlich, wenn ein Präsident 90 Prozent der Fernsehzeit ausfüllt, dass am Ende die Wahlergebnisse zu seinen Gunsten sprechen. Er ist immerhin im Sowjetsystem groß geworden, und da hatte man gefälligst um die 90 Prozent zu erzielen. Insofern sind 75 Prozent das Maß an Zugeständnissen, die er an die Demokratie zu machen bereit ist. Er hat neulich gesagt: 'Wozu brauchen sie einen neuen Präsidenten, sie haben doch einen guten.’"
Da die wenigen unabhängigen Meinungsforschungsinstitute in den vergangenen Jahren ebenso von Lukaschenko aus dem Land vertrieben worden sind, gibt es keine realistischen Prognosen zum Wahlausgang am Sonntag. Unklar ist, mit wie vielen Stimmen die einzelnen Kandidaten rechnen könnten – würde der Urnengang tatsächlich frei und fair verlaufen. Die Minsker Politologin Swetlana Naumova wagt dennoch eine Vorhersage:
"Milinkewitsch bekommt die Stimmen derjenigen, die schon seit einigen Jahren gegen die heutigen Machthaber sind. Er wird seine Leute zum Wahlgang mobilisieren können. Es gibt eine andere Gruppe von Menschen, die zwar gegen Lukaschenko sind – aber nicht so weit gehen, sich zur Opposition zu bekennen oder auf die Straße zu gehen. Davon gibt es sehr viele. Deren Stimmen aber kassiert jetzt Kosulin und nicht Milinkewitsch.
Ich denke, die Hälfte der Bevölkerung ist bereits gegen Lukaschenko. Aber klar ist auch: Es gibt nicht viele, die heute bereit sind, diesen Protest auch aktiv zu vertreten."
Das bezeugen auch die Untersuchungen des slowakischen "Institute for Public Affairs". Seiner repräsentativen Studie zufolge erwarten lediglich 17 Prozent der Weißrussen Massenproteste gegen Lukaschenko am Sonntagabend, wenn die Wahllokale ihre Türen schließen werden. Dennoch will die weißrussische Opposition versuchen, die Menschen auf die Straße zu bringen. Präsidentschaftskandidat Alexander Kosulin:
"Da es schon jetzt klar ist, dass die Wahlen gefälscht werden, gibt es nur eine Methode, um zu zeigen, wie sie wirklich verlaufen sind: Diejenigen, die gegen Lukaschenko gestimmt haben, sollen auf die Straße gehen. Aber ich habe die Menschen auch darum gebeten, sich nicht provozieren zu lassen. Denn ich weiß, dass das Regime sich auf diesen Tag gut vorbereitet hat. Provokateure sollen Schlägereien anzetteln. Sie werden verkünden lassen, dass man ein Waffenlager gefunden habe. Wenn es Opfer geben sollte, wird die Regierung zwar dafür verantwortlich sein, aber sie wird alles auf die Opposition schieben wollen."
Milinkewitsch sieht dies ähnlich. In seinen Wahlveranstaltungen hat er die Menschen in den vergangenen Wochen immer wieder dazu aufgerufen, am Wahlsonntag um 20 Uhr ins Zentrum der Hauptstadt Minsk zu kommen.
Im Haus des Offiziers in Baranovitschy reagiert das Publikum unterschiedlich auf seinen Aufruf:
"Es kommt zum Blutvergießen! Warum rufen Sie zum Blutvergießen auf?" - "Ich habe nie zu einer Revolution aufgerufen! Ich habe nie zum Blutvergießen aufgerufen. Ich habe immer gesagt: Wir brauchen keine Revolution, wir brauchen eine Evolution! Aber wir fordern von der Macht faire Wahlen. Und wenn sie dazu nicht bereit ist, werden die Leute auf die Straßen gehen und ihre Entscheidung verteidigen. Wir werden aber friedlich auf die Straße gehen."
Alexander Lukaschenko scheint fest entschlossen zu sein, im Amt zu bleiben. Und dies rechtfertige für Alexander Lukaschenko wahrscheinlich alle Mittel, vermutet die Politologin Naumova. Auch Reiner Lindner kann eine gewisse Besorgnis nicht verhehlen, wenn es um die Zukunft von Weißrussland - von Belarus - geht:
"Niemand erwartet, dass am 19. März an sich die Verhältnisse im Land ändern. Aber es wird eine neue Aufmerksamkeit, eine Geschlossenheit der Opposition geben. Es wird sicherlich zu Protesten kommen - auch am Wahlabend, beziehungsweise am Tag danach. Das Regime hat aber bereits angekündigt, dass es mit starker Gewalt darauf reagieren wird. Insofern sehen wir keinen guten Zeiten entgegen. Ich vermute, es wird auch nicht ohne Gewalt abgehen. Das heißt, es könnte sogar sein, dass die Situation in Belarus außer Kontrolle gerät, Opfer fordert. Alle diese Momente können gegebenenfalls eintreten."