
Lecornu hatte nach seinem Rücktritt auf Wunsch von Macron in den vergangenen Tagen Gespräche mit den rivalisierenden Fraktionen in der Nationalversammlung geführt. Am Abend sagte Lecornu im Sender "France 2", er halte einen Ausweg aus der Krise für möglich. In der Nationalversammlung gebe es noch immer eine absolute Mehrheit gegen eine Auflösung des Parlaments. "Viele Politiker sind überzeugt, das diese zu demselben Ergebnis und einer endgültigen Blockade führen würde", sagte Lecornu.
Geschäftsführende Regierung will am Montag Haushaltsentwurf präsentieren
Es gebe aber mehrere Parteien, die bereit seien, sich auf einen gemeinsamen Haushalt zu einigen. Die Linke wolle ebenfalls einen Haushalt und Stabilität, wofür sie ihre Bedingungen stelle. "Ich habe dabei den Eindruck, dass sich ein Weg finden lässt", betonte Lecornu. Seine geschäftsführende Regierung werde am Montag fristgerecht einen Haushaltsentwurf präsentieren, der dann in der Nationalversammlung weiter debattiert und abgeändert werde.
Zu den Rücktrittsforderungen an Präsident Macron sagte Lecornu, jetzt sei nicht der richtige Zeitpunkt für einen Wechsel an der Spitze des Staates. Der Präsident sei "Frankreichs Gesicht im Ausland". "Die Stabilität der Institution muss gewahrt werden", fügte er hinzu.
Rentenreform wird blockiert
Lecornu räumte ein, dass der Streit um die Rentenreform von 2023 mit der Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre eine zentrale Rolle bei der politischen Blockade spiele. Zuletzt war kontrovers darüber diskutiert worden, die Reform - und damit eines von Macrons Prestigeprojekten - rückgängig zu machen.
Seit dem überraschenden Rücktritt seines engen Vertrauten Lecornu hatte Präsident Macron auf jegliche öffentliche Stellungnahme verzichtet. Am Donnerstagabend will er anlässlich der Aufnahme des Politikers Robert Badinter in das Pantheon eine Rede halten. Möglicherweise wird Macron auf die aktuelle Situation seines Landes eingehen.
Auslöser der politischen Krise in Frankreich ist die Debatte um Einsparungen im Haushalt des kommenden Jahres. Frankreich ist derzeit mit gut 115 Prozent seines Bruttoinlandprodukts verschuldet und hatte zuletzt ein Defizit von 5,8 Prozent. Lecornu war der fünfte Premierminister innerhalb von zwei Jahren.
Diese Nachricht wurde am 08.10.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.