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Präsidentschaftskandidaten stehen fest

Mohamed Bin Hammam aus Katar hat den Wahlkampf um den Fifa-Thron mit scharfen Angriffen auf Sepp Blatter eröffnet. Diesen beschreibt er als ausgebrannten Mann, der nur aus persönlichen Gründen am Amt klebe.

Von Thomas Kistner | 01.04.2011
    Schon in Blatters ablaufender Amtszeit sei "null und nichts" gekommen, der 75-jährige sei "erschöpft" und bar jeder Kreativität. An Fragen wie der Einführung einer neuen Torlinien-Technologie zeige sich Blatters Unglaubwürdigkeit fachlich ebenso wie persönlich an dessen Unfähigkeit, die Fifa gegen die zunehmenden öffentlichen Korruptionsvorwürfe zu verteidigen. "Im Gegenteil, je mehr er über die Fifa spricht, umso mehr Menschen gehen dazu in Opposition", sagte Bin Hammam in Doha.

    Bin Hammam stellt klar, dass er nicht in den Vordergrund dränge und sich selbst nur als zweite Wahl sieht. Er habe letztes Jahr Uefa-Präsident Michel Platini bedrängt, zu kandidieren, aber der habe nach einer Bedenkzeit abgelehnt. Nun fordert er Platini auf, dass sich dieser "zumindest neutral" verhält.

    Bin Hammam räumt ein, dass er Blatter bei dessen erster Fifa-Kandidatur als enger Freund mit hohem Aufwand an eigenen Mitteln und Beziehungen in der Sportwelt Asiens und Afrikas unterstützt hatte. Der Schweizer sei damals "zu hundert Prozent" von ihm abhängig gewesen und hätte ihm schriftlich bestätigt, dass er nur ihm das Amt verdanke. Um so schärfer warnt er Blatter nun, den Wahlkampf mit Rückgriffen auf die Finanzen und das Personal der Fifa zu bestreiten: Er fordere den Weltverband unmissverständlich auf, in den nächsten Wochen streng darauf zu achten, dass die Regeln eingehalten werden; persönliche Lobbyarbeit mit Verbandsmitteln ist verboten.

    Bin Hammam erklärt weiter, er wolle definitiv nur zwei Amtszeiten absolvieren, auch will der 61-Jährige sein Gehalt in der Fifa wie das aller Vorstandsmitglieder offenlegen. Die Fifa will er dezentralisieren und mehr auf Fragen des Sports und der WM zurückführen. Gestärkt werden in der Verwaltung des Weltfußballs sollen dafür die Zuständigkeiten der sechs Erdteilverbände, Bin-Hammam selbst ist Chef des Asien-Verbandes AFC. Drastische Reformen kündigt er für das System an, wie die Fifa ihre WM-Ausrichter wählt. Die geheime Wahl will er abschaffen, mit einer Abstimmung per offenem Handzeichen sei die Gefahr gebannt, dass es zu schmutzigen Deals zwischen Bewerbern und Funktionären kommt.

    In der Frage, ob die WM 2022 aus dem heißen Sommer von Katar in den Winter verlegt werden soll, zeigt er sich verhandlungsbereit: Darüber sollten alle gemeinsam – Verbände, Klubs, Ligen – diskutieren. Er geißelte aber Blatters Alleingang auch in dieser Sache: Der habe die Terminfrage einfach öffentlich debattiert, ohne die im Fußball Beteiligten zu konsultieren.