Mittwoch, 08. Mai 2024

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Präsidentschaftswahlen in Afghanistan
Nachfolger für Hamid Karsai gesucht

Mehr als zwölf Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes konnten die Afghanen ihre Stimme bei der Wahl für einen Nachfolger von Präsident Hamid Karsai abgeben. Acht Kandidaten hatten sich um seine Nachfolge beworben. Die Taliban hatten mit Anschlägen gedroht. Die Abstimmung könnte den ersten demokratischen Machtwechsel in der Geschichte des Landes markieren.

04.04.2014
    Als Favoriten gelten die früheren Außenminister Abdullah Abdullah und Salmai Rassoul sowie Ex-Finanzminister Ashraf Ghani. Sollte kein Bewerber eine absolute Mehrheit erhalten, ist für den 28. Mai eine Stichwahl vorgesehen. Erste vorläufige Ergebnisse der Wahlkommission werden Mitte nächster Woche erwartet. Die Wahlkommission geht von mehr als zwölf Millionen Wahlberechtigten aus. Die Wahllokale haben am Samstag um 04:30 Uhr MESZ geöffnet und um 13:30 MESZ sollten sie schließen.
    Taliban drohen mit Gewalt
    Vor dem Wahltag wurden die 352.000 afghanischen Sicherheitskräfte landesweit in höchste Alarmbereitschaft versetzt. Die Taliban haben allen zur Wahl gehenden Menschen mit Gewalt und Anschlägen gedroht. Außerdem werden Wahlmanipulationen befürchtet.
    Die afghanische Menschenrechtlerin Sima Samar baut dennoch auf den Mut der Wähler: "Wie lange sollen wir auf Sicherheit warten, um Wahlen abzuhalten? Es gibt keine Garantien. Solche unglaublich großen Wahlveranstaltungen sind etwas ganz Neues für unser Land." Für Samar zeigen die Wahlen, dass die Menschen bereit sind, ein Risiko einzugehen. "Ja, die Taliban sind eine gesellschaftliche Realität. Aber das sind auch die vielen jungen Afghanen, die in den vergangenen Jahren ihre Freiheit genossen haben."
    Trotz der Anschlagsdrohungen hat sich die afghanische Bevölkerung an der Präsidentschaftswahl rege beteiligt. Vor den 6000 Wahllokalen bildeten sich zum Teil Schlangen mit wartenden Wahlberechtigten.
    Karsai enttäuschte viele Hoffnungen
    Der scheidende Hamid Karsai verhandelte Ende 2001 mit den Taliban über deren Kapitulation im südafghanischen Kandahar, als ihn ein Anruf erreichte. Am Satellitentelefon erfuhr er, dass sich die Afghanistan-Konferenz in Bonn auf ihn als Übergangspräsidenten geeinigt hatte.
    Der Paschtune stieg zum Hoffnungsträger des Westens auf, der seinem Land Frieden und Wiederaufbau bringen sollte. Nach mehr als zwölf Jahren im Amt tritt der 56-jährige Politologe bei der Präsidentenwahl nicht mehr an. Seine Bilanz ist ernüchternd. Sein Verhältnis zu den USA ist zerrüttet. Afghanistan ist zum Ende seiner Amtszeit immer noch eines der unsichersten und ärmsten Länder der Welt. Den Tiefpunkt markierte die Präsidentenwahl 2009. Karsai sah sich schweren Betrugsvorwürfen seines Lagers ausgesetzt. Der Präsident wiederum warf dem Westen vor, versucht zu haben, die Wahl zu manipulieren und ihn um seinen Sieg zu bringen. Der Ton wurde ruppig, der britische Premierminister Gordon Brown nannte Karsais Regierung nach der Wahl "ein Synonym für Korruption". Karsais Kritik besonders am internationalen Militäreinsatz wuchs.
    Tödlicher Anschlag auf Fotoreporterin
    Einen Tag vor der Wahl in Afghanistan wurde die deutsche Fotoreporterin Anja Niedringhaus im Osten des Landes getötet. Die preisgekrönte Mitarbeiterin der US-Nachrichtenagentur Associated Press (AP) wurde am Freitag von einem Polizisten erschossen. Eine kanadische Kollegin wurde bei dem Attentat verwundet.