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Presseschau
"Ein heißer Herbst und ein teurer Winter"

Russland reagiert auf die Sanktionen des Westens seinerseits mit Importverboten - die Kommentatoren der Tageszeitungen befürchten ein Hochschaukeln des Konflikts. Weiteres Thema unserer Presseschau: die Situation von Edward Snowden.

07.08.2014
    Eine Frau steht in einem Moskauer Supermarkt vor einer Kühltheke mit Milchprodukten.
    Noch sind die Kühltheken und Regale der Moskauer Supermärkte gut gefüllt. (picture alliance / dpa / Yuri Kochetkov)
    "Putins Reaktion belegt vor allem eines: Die Sanktionen des Westens zeigen Wirkung. Sie waren richtig, fast schon überfällig und nicht übertrieben",
    schreibt die MAIN-POST aus Würzburg zu den jüngsten Strafmaßnahmen Russlands. Und weiter: "Noch steht die Phalanx zwischen Großkapital und Machtpolitik in Moskau - doch irgendwann könnte Putin den Oligarchen zu teuer werden. Wie viele Milliarden ist ihnen die wirtschaftlich am Boden liegende Ostukraine wert?"
    Die STUTTGARTER ZEITUNG ist sich da nicht so sicher:
    "Niemand weiß derzeit, ob die EU-Sanktion und die russische Gegenreaktion nicht erst der Anfang von einer noch viel größeren Schlacht sind. Im Westen ist man bisher stets davon ausgegangen, dass Russland die Devisen aus dem Gasexport noch dringender braucht als Europa das Gas. Es könnte noch ein heißer Herbst und ein teurer Winter werden."
    Die SÜDWEST-PRESSE aus Ulm meint:
    "Das eigentlich Gefährliche in diesem beginnenden Handelskrieg ist das gegenseitige Hochschaukeln. Wenn jede Seite meint, auf Maßnahmen der anderen wieder reagieren zu müssen, kann leicht eine Spirale in Gang gesetzt werden. Da wird jedes Nachgeben zum Gesichtsverlust, den beide Seiten vermeiden wollen."
    Und das STRAUBINGER TAGBLATT bemerkt, dass der Kremlchef kaum eine andere Wahl hat:
    "Wie nämlich stünde Putin da, wenn er jetzt einknicken und klein beigeben würde? Ihn andererseits mit noch härteren Maßnahmen in die Enge treiben zu wollen, ist brandgefährlich. Sollten diese nämlich das Land so hart treffen, dass seine innenpolitische Stellung in Gefahr gerät, dann wäre wohl zu befürchten, dass Putin selbst und damit der gesamte Konflikt außer Kontrolle gerät - mit dann unvorhersehbaren Folgen."
    Die THÜRINGISCHE LANDESZEITUNG aus Weimer greift das Schicksal des Whistleblowers Edward Snowdon auf und schreibt:
    "Dass der 31-Jährige seine Zukunft in Russland verbringen wird, ist eine schallende Ohrfeige für die USA. In einer Zeit, in der die Beziehungen mit Russland an einem Tiefpunkt angelangt sind, muss die Supermacht mit ansehen, wie ein ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter zum persönlichen Pfand und Trumpf Putins wird."
    Der DONAUKURIER gibt zu bedenken:
    "Snowden hat aus Gewissensgründen, wie er beteuert, die Augen der Welt auf die skandalöse Datensammelei seines Heimatlandes gelenkt und dafür massive persönliche Konsequenzen in Kauf genommen. Da kann es ihm kaum egal sein, wenn er zur Schachfigur in einem neuen Ost-West-Konflikt wird."
    Die BRAUNSCHWEIGER ZEITUNG bemerkt:
    "Für die Amerikaner hat sich mit der Entscheidung Moskaus nicht sonderlich viel geändert. Für die USA bleibt Snowden ein Vaterlandsverräter, der sich einem Prozess stellen muss."
    Und der TRIERISCHE VOLKSFREUND kritisiert:
    "Es stellt dem Westen kein gutes Zeugnis aus, dass ein Mann, der sich um die Aufdeckung einer weltweiten Schnüffelorgie der US-Geheimdienste verdient gemacht hat, ausgerechnet beim alles andere als lupenreinen Demokraten Wladimir Putin Zuflucht finden muss. Nur, weil man die offensive Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Verbündeten scheut."