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Presseschau
"Ein merkwürdiger Mob"

Die Kommentatorend er deutschen Tageszeitungen befassen sich am Montag noch einmal mit der Demonstration von Hooligans und Rechtsextremisten der HoGeSa in Hannover. Weiteres Thema unserer Presseschau: der G20-Gipfel und die internationale Isolierung des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

16.11.2014
    Teilnehmer der Anti-Islamismus-Demonstration von der HoGeSa in Hannover
    Teilnehmer der Anti-Islamismus-Demonstration von der HoGeSa in Hannover (AFP/Odd Andersen)
    Die MAIN-POST aus Würzburg fasst zusammen:
    "Offiziell ging es beim G 20-Gipfel im australischen Brisbane um Wirtschaftswachstum, die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Regulierung von Banken und ein wenig auch um den Klimaschutz. Das eigentliche Thema aber war die Ukraine-Krise. Die hängt mit all den anderen hübsch formulierten Gipfelzielen eng zusammen. Denn wenn zwischen Russland und dem Westen eine neue Eiszeit beginnt, sind alle anderen Gipfelziele Makulatur."
    "Zum Gipfeltreffen der wichtigsten Staatschefs der Welt kreuzt man nicht mit Kriegsschiffen im Schlepptau auf", heißt es im MÜNCHNER MERKUR, der die rhetorische Frage stellt:
    "Hat Putin das keiner gesagt? Die in Australien versammelte Völkerfamilie hat die nervigen Muskelspiele des Kremlchefs mit einem beispiellosen Eklat beantwortet: Putins Isolierung auf dem Gipfel war total, ja brutal. Der wirtschaftlichen Kampfansage folgt die politische Ächtung."
    Die SÜDWEST-PRESSE aus Ulm geht darauf ein, dass Putin früher aus Australien abgereist ist als geplant. Zitat:
    "Und zwar mit der gar nicht passenden Begründung, er müsse am Montag ausgeschlafen auf der Arbeit sein. Mit anderen Worten: Russland und seine Probleme sind wichtiger als der Schlusstag eines G-20-Gipfels. Eine Geste nicht gerade des Respekts, eher der Selbsteinschätzung: Russlands Führer agiert außerhalb des weltpolitischen Alltagsgeschäfts."
    Der Bonner GENERAL-ANZEIGER warnt:
    "Wer Putin demütigt, macht ihn aggressiv. Wer ihn ernst nimmt und ihm in allem Ernst antwortet, hat Chancen, zu Lösungen zu kommen. Denn die Isolierung Moskaus zeigt Wirkung: die Währung verfällt, die Unsicherheit über Investitionen steigt, das Kapital flieht. Das spürt auch Putin - trotz aller Popularität daheim."
    Die FREIE PRESSE aus Chemnitz ist überzeugt: "Putin denkt gar nicht daran nachzugeben. Das mag man bedauern oder verurteilen, aber eine Lösung wird es nur mit Moskau geben."
    Damit ins Inland. Die NEUE PRESSE aus Hannover befasst sich mit der Hooligan-Demonstration in der niedersächsischen Landeshauptstadt:
    "Nur noch knapp 3000 waren dem Ruf zur Kundgebung 'Europa gegen den Terror des Islamismus' gefolgt, trotz bundesweit inszeniertem Aufruf in zahlreichen Internetkampagnen. Hinter dem Hauptbahnhof sammelte sich ein merkwürdiger Mob aus gewaltbereiten Hooligans, Rechtsextremen, Randalierern - wie Ende Oktober in Köln. Nur, dass die Polizei dieses Mal alles im Griff hatte."
    Die NEUE OSNABRÜCKER ZEITUNG analysiert:
    "Im Nachhinein muss man sagen, dass es trotz des enormen Aufwandes besser gewesen ist, die Veranstaltung der Hogesa unter Auflagen zu genehmigen als sie zu verbieten. Denn so konnte der Staat die nach Köln schon euphorisierte Verbindung von Fußballrowdys und Neonazis in die Schranken weisen, ohne ihr einen Märtyrerstatus als politisch Unterdrückte zu gestatten."
    Und die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG findet:
    "Bedenklich freilich ist eine Solidarisierung in sozialen Netzwerken mit dem Mob, wo anonym gegen den Islam und gegen Ausländer gerichtete Ressentiments ausgelebt und eine angeblich weichgespülte Politik und die sogenannten Mainstream-Medien gleich mit abgeräumt werden. Davon darf man sich nicht Bange machen lassen. Allerdings darf aus Angst vor falscher Solidarisierung auch die Gefahr, die vom Salafismus ausgeht, nicht verharmlost werden."