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Pressesprecher Margaritis Schinas
Junckers direkter Draht nach Athen

Margaritis Schinas ist Grieche. Und er ist der Pressesprecher des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker. Außerdem ist er bestens in der Politik seines Heimatlandes vernetzt, was seine Rolle aktuell so wichtig macht. Wenn er denn nur reden dürfte!

Von Annette Riedel | 11.07.2015
    Der Pressesprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Margaritis Schinas.
    Margaritis Schinas, Chef-Sprecher des EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker: "When the president speaks, we shut up." (imago/Xinhua)
    Margaritis Schinas ist eines jener Sprach-Genies, wie man sie in Brüssel häufiger trifft. Er ist interview-fest in diversen Sprachen. Im Spanischen, zum Beispiel. Französisch ist sowieso ein Muss für alle Sprecher der EU-Kommission. Und ohne Englisch geht im Pressesaal der EU-Kommission beim täglichen Midday Briefing, der Mittags-Pressekonferenz, ohnehin gar nichts. Und Griechisch spricht er selbstverständlich auch, denn Margaritis Schinas ist Grieche.
    Ende Juli wird Junckers griechischer Chef-Sprecher Schinas 53 Jahre alt. Der Mann mit den markanten dunklen Augenbrauen wurde in Thessaloniki geboren. Er ist ein mit allen Wassern gewaschener Europäer. Er studierte an der renommierten London School of Economics und am ebenfalls namhaften Europakolleg im belgischen Brügge. Seit 1990 hat er verschiedene Funktionen innerhalb der EU-Kommission innegehabt. Bevor er Junckers Sprecher wurde, war er Verbindungsmann der Troika in Athen.
    Margaritis Schinas wird natürlich in diesen Tagen viel zum Stand der Dinge in Sachen Griechenland-Krise befragt. Die Fragen wiederholen sich. Fast täglich versuchen die Journalisten mehr zu erfahren, als Schinas ihnen sagen will. Oder darf. Oder kann.
    Als Sprecher darf der Grieche Margaritis Schinas öffentlich keine eigene Meinung zum Sorgenkind der Eurozone haben. Obwohl er mit Sicherheit eine eigene Meinung hat. Schinas war nicht immer EU-Funktionär oder EU-Sprecher. Er war auch zwei Jahre lang, von 2007 bis 2009 Abgeordneter im Europäischen Parlament. Für die Nea Dimokratia – der Partei, die vor Alexis Tsipras Syriza den griechischen Regierungschef stellte.
    "I was not present – I cannot tell you what exactly he asked…"
    Bei Verhandlungen nicht immer dabei
    Natürlich ist Junckers Sprecher bei Verhandlungen nicht immer dabei. Aber oft. Und er ist eine wichtige Figur für die EU-Kommission im aktuellen Tauziehen mit Griechenland: Er spricht die Sprache und er ist bestens vernetzt in der griechischen Politik – nicht nur in der Nea Dimokratia. Und sofern ist er Junckers direkter Draht nach Athen. In der Öffentlichkeit bleibt er sauber bei seiner Sprecher-Rolle.
    "Es ist gute Tradition im Pressesaal: Hat der Präsident gesprochen, halten wir Sprecher den Mund."
    Was Margaritis Schinas wohl von den aktuellen Entwicklungen hält? Begreift er diesen Alexis Tsipras noch, der sein Volk vor einer Woche gezielt gegen Reformen stimmen lässt, die er dann erneut auf den Verhandlungstisch legt – nur noch ein bisschen mehr von dem, was er keinesfalls wollte? Fragt er sich, was das alles sollte? Und, wie oft es noch eine aller-, aller-, allerletzte Frist geben wird, wenn jetzt über ein neues, drittes Hilfspaket verhandelt werden sollte?
    Traut er Syriza still und heimlich einiges an Reformen zu, wenn sie nur wollten – vielleicht sogar mehr als es seine Konservativen oder auch die griechischen Sozialdemokraten in den Krisenjahren vermocht haben? Hält er Tsipras und seine Leute für politische Geisterfahrer?
    Hat er irgendwo eine private Wette laufen, ob der Grexit, allen Anstrengungen der letzten Jahre zum Trotz, jetzt nicht mehr zu vermeiden ist? Oder glaubt er noch an eine Einigung – und will sie auch? Wir werden nicht erfahren, was der Grieche und Europäer Margaritis Schinas denkt. Er ist "nur" Junckers Sprecher.
    "When the president speaks, we shut up."