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Probe statt Premiere

Als Gast des Ensembles Concerto Köln sollte Harald Schmidt in Kiel und Lübeck eine Tournee eröffnen. Aber die Konzerte wurden abgesagt. Grund waren nach Angaben des lokalen Veranstalters zu geringe Verkaufszahlen.

Von Julia Kaiser |
    Geprobt wurde trotzdem, auf der hauseigenen Studiobühne des Concerto Köln. Denn die Karten für die Konzerte ab dem 21.1., unter anderem in Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg und München sind teils bereits zu über 1000 Mal verkauft.


    "Guten Abend, meine Damen und Herren. Mein Name ist Schmidt, ich bin der Öffentlichkeitsbeauftragte dieser Produktion. Der Schauspieldirektor ist heute Abend nicht hier, er ist, soweit ich weiß, in Kiel und Lübeck, um dort "Die Stühle" zu proben, von Ionescu. Denn davon gibt's dort genügend."

    Erst Wut, dann Sarkasmus, der im Fernsehen sein Markenzeichen geworden ist. Damit reagierte Harald Schmidt auf die Häme im Internet über die Absage der ersten beiden Tourneeabende mit Concerto Köln. Die Schuld für das Vorverkaufsfiasko, glauben Schmidt und Martin Sandhoff von Concerto Köln, liegt beim norddeutschen Veranstalter. Er habe die Karten zu teuer angeboten. Schade, meint Martin Sandhoff der künstlerische Leiter von Concerto Köln. Mit solchen Preisen könne man keine neuen Zuschauergruppen für klassische Musik begeistern. Martin Sandhoff:

    "Ich bin sehr erbost darüber. Für mich kann es nicht angehen, dass man auf der einen Seite möchte, dass man junge Generationen wieder für den klassischen Konzertbetrieb, akquiriert und auf der anderen Seite macht man eine Preisgestaltung, die einer vierstündigen Mozartoper mit Sonderbesetzung angemessen wäre, oder bei Shakira oder Beyoncé gefragt ist vom Preis. Da ist irgendetwas sehr schief gegangen oder da hat jemand nur mit Blick auf seinen höchsteigenen Profit etwas auf den Weg gebracht, was zu unser aller Schaden letztlich ist."

    Harald Schmidt, sagt, er habe sich geehrt gefühlt, als das Ensemble ihn einlud, Mozarts "Schauspieldirektor" mit ihm aufzuführen. Der Erfolg des Gastauftritts beim Geburtstagskonzert von Concerto Köln vor eineinhalb Jahren war groß. Gleich habe man sich für die Tournee 2012 verabredet. Für Harald Schmidt kam die Absage der ersten beiden Termine genauso überraschend wie für Concerto Köln. Harald Schmidt:

    "Ich bedaure sehr, dass das jetzt in Kiel und Lübeck nicht aufgeführt wird. Es waren 130 Leute da, ich hätte für die gespielt, denn ich erinnere mich noch gut an Zeiten, in denen 130 Leute für mich ein ausverkauftes Haus gewesen wären. Damals, als mich Gustav Gründgens entdeckte (lacht). Ja, aber vielleicht bin ich dann in Kiel in der Bädertournee im Sommer!"

    Mozarts Singspiel passt thematisch sogar zu der Panne mit dem Tourneeauftakt. Denn es hat zum Thema, was Castingshows heute tagtäglich zelebrieren: Eitelkeit und Rivalitäten auf und vor allem hinter der Bühne. Der selbstgefällige Schauspieldirektor ist mit dem Entertainer Schmidt glänzend besetzt, sagt Martin Sandhoff.

    "Er hat, glaube ich, schon Doppelkonzerte an zwei Flügen gespielt, er hat Orgel sogar studiert. Hat selber an vielen, vielen Spartentheatern gearbeitet, kennt also diese Hintergrundszenerie bestens, kennt diese Gespräche in der Theatermensa. Insofern fiel ihm, glaube ich, schon aus dieser Zeit eine Menge dazu ein."

    Mit einem Gerücht zu seiner Mitarbeit am "Schauspieldirektor" räumt Schmidt schnell auf.

    "Ich hab doch Mozart nicht umgeschrieben! Ich habe nur die Texte gestrafft und auf einen neuzeitlichen Inhalt gebracht, aber der Geist des Stücks ist wirklich erhalten. Wirklich wahr ich würde mich nie an Mozart herantrauen, das halte ich für respektlos. Und lächerlich!"

    Wie ernst es Schmidt ist, wenn er irgendetwas sagt, weiß man nie so genau. Die Probe für das Quartett zum Finale findet hinter verschlossenen Türen statt. Jedenfalls bis zur Probenpause. Ein Spaß für Schmidt.

    "Das ist so 'ne Geste, die ich mir von den ganz Großen der klassischen Musik abgeschaut habe, dass man erstmal das Fernsehen rauswirft (lacht). Das ist wirklich Burgtheater, das ist Met, das ist Scala. Der Maestro wirft einfach das Fernsehen raus, um in Form zu kommen. Das hat keine inhaltliche Bedeutung, sondern das ist so'n Gestus, mit dem ich mich inhaltlich in Stimmung bringe"
    .
    Aber dann kann Schmidt doch nicht anders - zu sehr gefällt ihm die Persiflage, die er singen darf.

    Tiii-tam-pa-diiii, pam-paaaa-pa! Und dann enden wir, glaube ich auf C-Dur. Also, die drei Profisänger. Ich bin in h-Moll, glaub ich, an der Stelle.