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Probewohnen im Wohnheim

Wer in einem Studentenwohnheim wohnt weiß, dass das Leben dort einige Tücken haben kann. Da gibt es Zimmer direkt über dem Aufenthaltsraum oder Zimmer mit Fenstern, in die jeder hineinschauen kann. Die meisten Studenten merken dann erst später, auf was sie besser geachtet hätten. In Trier ist das jetzt anders: Das Studierendenwerk bietet Studierenden Wohnen auf Probe an.

Von Wolfgang Lenders | 26.08.2008
    "So, das ist der Eingangsbereich. Die Singleküche. Kühlschrank. Abfalleimer. Und hier sind noch zwei so Hängeschränke wo Geschirr oder Lebensmittel drin sind, ne. Tür wird geöffnet Dann ??? wir hier dat Zimmer. Da hat dat Mädche jetzt noch Sachen drin. Die eine Schrankhälfte is abgeschlossen, da hat et seine Wertsachen drin. Und hier ist halt leer, wo sie ihre Sachen rein machen können. Ja?"

    Wer im Studentenwohnheim Tarforst in Trier zur Probe wohnt, kommt als erstes zu Hausmeister Artur Koll. Der übergibt dann die Schlüssel zum Zimmer. Und erklärt, worauf der neue Bewohner achten soll.

    Heute zieht Christina Reimer aus der Nähe von Mainz in eines der Zimmer. Dort will sie drei Tage lang ausprobieren, wie es im Wohnheim ist. Sie hat sich das Zimmer anders vorgestellt.

    "Irgendwie kleiner, so jugendherbergsmäßig und, ja, nicht so privat eingerichtet. Ich wusste nicht, dass hier normalerweise jemand drin wohnt."

    Christina Reimer sitzt auf dem Bett und schaut sich in dem Zimmer um, in das sie gerade eingezogen ist. An der Tür des Zimmers hängt ein Poster von der Simpsons-Familie. Auf dem PVC-Fußboden liegt ein Orientteppich. Und im Regal neben dem Fenster stehen ein paar Bücher und eine Nähmaschine. Diese Sachen gehören der Studentin, die normalerweise in dem Zimmer wohnt. Während der Semesterferien hat sie es aber zum Wohnen auf Probe freigegeben. Außerdem stehen in dem Zimmer noch die Möbel vom Studentenwerk: ein Bett, ein Stuhl, ein Tisch und ein Schrank. Wie in den anderen Zimmern auch.

    Für die drei Tage im Wohnheim zahlt Christina Reimer 40 Euro. Und kann sich bei der Gelegenheit auch gleich ihre neue Uni und die Stadt anschauen.

    Erst mal ins Wohnheim zu ziehen, war für sie aber vor allem eine pragmatische Entscheidung.

    "Meine Mutter hat sich darum gekümmert und hat mich dann mehr oder minder da reingeschubst, dass ich das machen soll. Ich denke, dass sie es auf der Internetseite gefunden hat, vom Studentenwerk."

    Wer zur Probe im Wohnheim gewohnt hat, kann sich nachher leichter entscheiden. Das hofft zumindest Andreas Wagner, der Geschäftsführer des Studierendenwerks Trier. Er sieht das Angebot als einen neuen Service.

    "Es ist das ganz normale Marketing-Handwerk im Bereich Sampling. Also wir haben ganz neutral überlegt, was haben wir für Produkte am Markt, und gibt's für diese Produkte vielleicht auch die Notwendigkeit, da mal den Konsumenten vorher probieren zu lassen. Also, ob ihnen ne nette Dame irgendwo am Eingang ihres Lebensmittelgeschäfts neue Goudawürfel hinhält, oder ob man sagt, das Wohnen in einem Wohnheim ist auch was, was ich mal gerne vorher anschmecken würde, das ist eigentlich vergleichbar. Und wir nehmen diesen Standpunkt jetzt ein und sagen: Okay, wer sich für dieses doch einschneidende Verändern seines Wohnumfelds mal in echt interessiert, der kann in Trier in den Wohnanlagen mal auf Probe wohnen."

    Wer nach dem Probewohnen im Wohnheim einziehen will, bekommt aber trotzdem nicht gleich ein Zimmer. Die sind nämlich sehr begehrt. Und deshalb gibt es Wartelisten. Je nachdem, in welches Wohnheim jemand will, muss er zwischen 3 und 15 Monaten auf ein Zimmer warten.

    Für Christina Reimer ist das Zimmer im Studentenwohnheim erst mal eine bequeme Lösung. Ihr ganzes Studium möchte sie dort aber nicht wohnen bleiben.

    "Ich hätt dann doch lieber gern meine eigene Wohnung und nicht direkt was auf dem Campus, dass jedes Mal, wenn man mal frei hat oder so, wenn man raus guckt, dass man dann an die Uni erinnert wird."

    Erst mal richtet sie sich jetzt aber für drei Tage im Wohnheim ein. Wenn sie danach wieder auszieht, muss sie noch mal zu Hausmeister Artur Koll.

    "So, dann haben se den Schlüssel, und dann geben Sie mir den am Abreisetermin wieder, ja? Alles klar. So, tschüss, dann viel Spaß."