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Profan- und Sakralkunst

Das Augustinermuseum in Freiburg setzt neue Maßstäbe in der zeitgenössischen Museumspräsentation und der Darstellung historischer Bauten. Das zeigt sich schon jetzt bei der Wiedereröffnung des ersten Teilabschnitts.

Von Sigrid Hoff |
    Von außen nimmt sich der Umbau bescheiden aus: Bugförmig schiebt sich der eckige Vorsprung leicht in den Straßenraum. Die Fassade ist mit einem geriffelten Putz versehen, der den neuen Eingang deutlich von der historischen Bebauung im Altstadtkern abhebt. Hinter großen Schutzscheiben über dem Eingang ziehen die Renaissancefenster aus der Kaiserkapelle des Freiburger Münsters die Blicke der Passanten auf sich. Sie gehören zu einer Reihe originaler Kunstwerke aus dem Münster, die – aus konservatorischen Gründen - hier einen neuen Ort gefunden haben. Tilman von Stockhausen, Direktor der Städtischen Museen Freiburg:

    "Das Kaiserfenster-Foyer ist ein großer Raum, den wir auch für Veranstaltungen nutzen können, geprägt durch die großen Glasscheiben und zwei Schein-Wasserspeicher sind auch an der Wand angebracht, originale Skulpturen vom Freiburger Münster, die von der Steinbildhauerkunst des Mittelalters ein gutes Beispiel abgeben."

    Eine querlaufende Galerie ermöglicht die Sicht auf die Kaiserfenster von innen. Zur anderen Seite gibt sie den Blick frei in die große Skulpturenhalle, die Architekt Christoph Mäckler in den Hauptraum der alten Augustiner-Klosterkirche gestellt hat. Platzsparend hat er die Haupttreppen zu den einzelnen Geschossen zwischen Halle und Vorbau angeordnet. Doch sie wirken nicht eng, sondern ermöglichen immer wieder neue Blickachsen auf die Kunst. Als Herzstück des Museums schuf der Architekt dreischiffigen, durch Pfeiler und von Balkonen durchbrochenen Brüstungen gegliederten Raum. Tilmann von Stockhausen, der erst vor zwei Jahren die Museumsleitung in Freiburg übernahm, ist von dem Ergebnis angetan:

    "Wir sind jetzt mitten in der Augustinerkirche, der erste Bauabschnitt des neuen Museums, das ist quasi ein Neubau in der alten Kirche, eine völlig neue Struktur, mit Galerien, Umgängen, Brücken, neuen Blicken und Perspektiven. Der Neubau im Museum schafft für uns optimale Ausstellungsmöglichkeiten für die Kunst vom Mittelalter bis zum Barock."

    Im Hauptraum stehen jetzt die großen Prophetenfiguren des Münsterturms, die dort durch Kopien ersetzt wurden. Die mittelalterlichen Originale lassen sich nun aus nächster Nähe bewundern. Detlef Zinke, langjähriger Projektleiter und Kurator der neuen Dauerausstellung:

    "Ein Kunstbereich, der bisher noch nicht mal eine Nebenrolle hatte, noch nicht einmal eine Statistenrolle, dass man dem jetzt eine Hauptrolle zugesteht. Das sieht man jetzt überdeutlich in der Skulpturenhalle, wo die 10 Propheten jetzt ausgestellt sind, auch die Marienkrönung, die sogenannten Wasserspeier, die ein eindrückliches Bild ergeben im Zusammenklang mit der Architektur, die aber passgenau darauf abgestellt ist."

    In den Seitenschiffen hat Detlef Zinke Meisterwerke der Sammlung von Lucas Cranach d. Ä. und dem Straßburger Künstler Hans Baldung Grien bis zu dem herausragenden Passionsaltar des Hausbuchmeisters geschickt mit weniger bedeutenden aber für die Sammlung wichtigen Kunstwerken kombiniert. In der neuen Zusammenstellung gewinnen sie an Qualität und wirken nun ebenfalls wie Preziosen. Immer wieder gibt es über Fenster und Austritte der Galerien über die Tiefe der Halle spannende Wechselwirkungen, die den Rundgang erlebnisreich gestalten. Der Abschluss bildet der originale Chor der Klosterkirche, durch eine Wand von der Skulpturenhalle abgetrennt – auch das ein Zitat sakraler Architektur:

    "Wenn man sozusagen unter dem Lettner hindurch, wenn man diese Trennscheibe, die Mäckler hier eingeführt hat, die an der Stelle des alten Lettners steht, so begreifen möchte, dann betritt man eine ganz andere Welt, lichttechnisch aber auch farblich, von den Objekten gar nicht zu reden, das ist einer der Reize, die mit dem Umbau verbunden sind, dass es so viel verschiedene Raumsituationen gibt, das ist kein klassischer Museumsrundgang, die unterscheiden sich sehr nachdrücklich voneinander."

    Ein Blickfang hier ist die große Barockorgel an der Rückwand. Im Vordergrund sind Holzskulpturen einer Ölberg-Szene zu einem dreidimensionalen Passionsbild zusammengestellt. An der linken Wand thronen Büsten der Freiburger Zünfte mit eingelassenen Reliquien-Schreinen auf Konsolen – ein Kuriosum der Kunstgeschichte, das in der neuen Dauerausstellung erstmals angemessen präsentiert ist.
    Den Löwenanteil der Umbaukosten hat die Stadt in schwierigen Zeiten übernommen. Eröffnet wurde erst ein Teilabschnitt. Doch mit diesem überzeugenden Auftakt setzt das Augustinermuseum schon jetzt auch überregional Maßstäbe für eine zeitgemäße Museumspräsentation und den Umgang mit historischen Bauten.

    Buchtipp: Meisterwerke vom Mittelalter bis zum Barock im Augustinermuseum in Freiburg i. Br., Bearb. Von Detlef Zinke. Deutscher Kunstverlag, München.