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Promotion gegen Bares?

In Würzburg ist jüngst ein anonymes Papier aufgetaucht. Einem emeritierten Professor wird vorgeworfen, Geld von einem Promotionsvermittler angenommen zu haben. Bislang konnte man ihm wenig nachweisen. Jetzt sind verdächtige Doktorarbeiten aufgetaucht.

Von Alexander von Ammon | 30.05.2011
    Der Präsident der Uni Würzburg Professor Alfred Forchel ist schockiert, als er diese Arbeit zum ersten Mal in der Hand hält. Eine Dissertation aus dem Jahr 2005, mit der ein niedergelassener Zahnarzt aus Ostfriesland nachträglich promoviert hat. Gerade mal 33 Seiten lang ist das Werk. Eine kurze Einleitung, fünf Seiten Literaturverzeichnis und dann 17 Seiten Zitate. Diese Zitate stammen aus der mittelalterlichen Klostermedizin. Sie sind nicht übersetzt, geschweige denn kommentiert:

    "Die unterscheiden sich von Doktorarbeiten üblicher Art schon durch den Umfang. Außerdem erwartet man viele eigene Stellungnahmen des Promovenden. Und da finden sie nur sehr wenig."

    Rund eine Woche ist es her, dass Forchel auf diese und etwa 20 weitere verdächtige Doktorarbeiten aufmerksam gemacht wurde. Schon auf den ersten Blick war dem Uni-Präsidenten klar, dass etwas passieren musste. Der Ruf der Uni steht auf dem Spiel:

    "Da sind Sachen, die unabhängig von den bisherigen Vorwürfen, Einschaltung eines kommerziellen Vermittlers undsoweiter, ein neues Licht auf diese Fälle werfen. Die Uni hat Kontakt zur Deutschen Forschungsgemeinschaft aufgenommen, und wir hoffen, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft in ihre Hand nimmt, um ein objektives Bild über den wissenschaftlichen Wert dieser Arbeit zu erhalten. Je nachdem, was da als Ergebnis herauskommt, würden wir dann überlegen, ob wir auch in Richtung Aberkennung des Titels gehen."

    Das ist allerdings gar nicht so einfach. Einige der verdächtigen Doktorarbeiten sind schon über zehn Jahre alt und damit möglicherweise der Aberkennung entzogen.

    "Die Frage ist noch nicht abschließend geklärt. Es gibt inzwischen europäische Rechtsprechung, die die Fristen aufweicht. Und es gibt auch eine Regel, die Fristen neu starten lässt, wenn neue Erkenntnisse vorliegen. Ich habe die Hoffnung, dass wenn es die neue Erkenntnis gibt, der wissenschaftliche Wert ist nicht ausreichend, dass dann die Fristen neu laufen"

    Wie viele Doktorarbeiten an der Uni Würzburg so verdächtig dünn sind, ist bislang noch unklar. Auf dem Schreibtisch des Uni-Präsidenten liegen noch eine ganze Reihe alter Doktorarbeiten vom Institut für Medizingeschichte. Kein Wunder. Der ehemalige Leiter des Instituts hat in seiner Amtszeit insgesamt 250 Promovenden betreut. Sicher war die überwiegende Mehrheit dieser Doktorarbeiten in Ordnung. Aber sicher ist auch, dass auf die Uni Würzburg und die DFG einiges an Arbeit zukommt. Wann Ergebnisse vorliegen werden, ist nicht abzusehen.

    Doch die Universitäten sollten nicht auf die Ergebnisse warten, sondern jetzt handeln. Die Promotionsordnungen müssten so schnell wie möglich verändert werden.Das ist dem Dekan der medizinischen Fakultät Prof. Matthias Frosch klar geworden:

    "Unsere derzeit noch gültige Promotionsordnung ist etwa 30 Jahre alt. Damals hat noch niemand über Promotionsvermittler nachgedacht, das Thema Plagiat war unbekannt. Aus den Geschehnissen haben wir nun die Konsequenzen gezogen, dass eine eidesstattliche Versicherung abgegeben werden muss: Promotionsvermittler war nicht involviert, es hat keine finanziellen Gegenleistungen gegeben, die regeln der guten wissenschaftlichen Praxis sind eingehalten worden."

    Interessant dürfte auch sein, was die neuen Erkenntnisse für die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bedeuten. 2009 hatte sie dem ehemaligen Institutschef einen Strafbefehl über 14.400 Euro zugestellt. Der Vorwurf lautete auf Vorteilsnahme im Amt. Es konnte bewiesen werden, dass Prof. K. Geld von einem Promotionsvermittler angenommen hatte. Unklar war aber bis heute, wofür der Professor das Geld bekommen hatte. Einen Zusammenhang mit Doktorarbeiten hatte er immer bestritten.