Samstag, 11. Mai 2024

Putsch in Niger
Umsturz gefährdet Abzug aus Mali

Der Militärputsch im Niger könnte auch Folgen für Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr haben. Denn über den Lufttransportstützpunkt in der Hauptstadt Niamey wird der Abzug der Bundeswehr aus dem benachbarten Mali abgewickelt.

27.07.2023
    Niger, Niamey: In diesem Bild aus einem von ORTN zur Verfügung gestellten Video gibt Oberstmajor Amadou Abdramane (vorne, M) am späten Mittwoch eine Erklärung ab, während eine Delegation von Militäroffizieren im nigrischen Staatsfernsehen erscheint, um eine Reihe von Kommuniquees zu verlesen, in denen sie ihren Staatsstreich ankündigen.
    Putsch im Niger (Uncredited / ORTN / AP / dpa / Uncredited)
    So äußerte sich die FDP-Politikerin Strack-Zimmermann besorgt. Die Lage in Niger gestalte sich sehr unübersichtlich, sagte die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses der Funke-Mediengruppe. Entscheidend sei, dass der Abzug der deutschen Soldaten aus Mali über den Flughafen in Niger weiterhin geordnet stattfinde.
    Erst Ende 2022 hatte die Europäische Union eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Deutschland stellt für die auf drei Jahre angelegte EU-Mission bisher nur einige wenige Soldaten, die in der Hauptstadt Niamey sind. Dennoch ist der von der Bundeswehr unterhaltene Lufttransportstützpunkt bedeutsam, auf dem rund 100 deutsche Soldaten arbeiten. Denn er ist das Drehkreuz für den laufenden Abzug der Bundeswehr aus Mali.

    Putsch international verurteilt

    Die Machtübernahme durch Soldaten im Niger wurde international verurteilt. UNO-Generalsekretär Guterres verlangte die sofortige Freilassung von Präsident Bazoum. Alle Parteien müssten sich Gewalt vermeiden und die Rechtsstaatlichkeit achten. Der EU-Außenbeauftragte Borrell zeigte sich ebenfalls besorgt. In Brüssel sagte er, die Europäische Union bekräftige ihre volle Unterstützung für Präsident Bazoum und bleibe bei der Überzeugung, dass Niger ein unumgänglicher Partner der Europäischen Union in der Sahelzone sei.
    Bundesentwicklungsministerin Schulze erklärte, die demokratische Ordnung des Landes müsse wieder hergestellt werden. Die Bevölkerung habe das Recht auf eine friedliche und demokratische Entwicklung. "Wo Militärs mit Gewalt nach Macht greifen, schaden sie ihrem Land", schrieb Bundesaußenministerin Baerbock auf Twitter.

    Armeeführung stellt sich hinter die Putschisten

    Der Generalstab der nigrischen Armee hat sich mittlerweile den Putschisten angeschlossen. In einer schriftlichen Erklärung rechtfertigte die Armeeführung die Absetzung von Präsident Bazoum unter anderem damit, dass eine Destabilisierung des Landes verhindert werden müsse. Zugleich warnte sie vor den verheerenden und unkontrollierbaren Folgen einer Militärintervention von außen.
    Am Mittwoch hatte eine Gruppe von Soldaten in Niger die Machtübernahme erklärt, nachdem sie den Präsidentenpalast gesperrt und Bazoum festgesetzt hatte. Dieser erklärte, er betrachte sich weiterhin als Staatschef. Er rief dazu auf, die hart erkämpften Errungenschaften der Demokratie zu bewahren.
    Bazoum hatte sein Amt 2021 nach demokratischen Wahlen angetreten. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso war Niger als Partnerland des Westens in der Sahelregion in den Fokus gerückt.

    Ulf Laessing (KAS): "Illusion zu glauben, dass Niger ein Stabilitätsanker werden könnte"

    Der Leiter des Regionalprogramms Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung, Laessing, sagte im Deutschlandfunk, es sei eine Illusion des Westens gewesen, zu glauben, dass Niger ein Stabilitätsanker in der von Putschen geprägten Region werden könne. Der Niger sei - wie auch die Nachbarstaaten Mali und Burkina Faso - ein fragiles Land, in dem die Politiker nicht genügend Vertrauen besäßen. Womöglich sei der Putsch von Militärs gestützt worden, die gegen eine allzu enge Kooperation mit Frankreich opponierten. Es bestehe jetzt die Gefahr eines Machtvakuums, in dem Dschihadisten an Einfluss gewinnen könnten.
    Diese Nachricht wurde am 27.07.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.