Das Halbmetall Selen hatte in den vergangenen 50 Jahren eine höchst erstaunliche Karriere. Entdeckt wurde es Anfang des 19. Jahrhunderts vom schwedischen Mediziner und Chemiker Jöns Jakob Berzelius im Bleikammerschlamm einer Schwefelsäurefabrik, der neben Selen auch das Element Tellur enthielt. Tellur leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet "Erde", Selen ist dem Griechischen entlehnt und bedeutet "Mond".
Mit Selen war das kurze Zeit später entwickelte "Periodensystem der Chemischen Elemente" zwar wieder etwas vollständiger, so richtig interessierte sich aber kaum jemand für das graue Halbmetall: Es kam nur in geringen Mengen vor und es war giftig. Das änderte sich schlagartig Mitte des letzten Jahrhunderts. 1957 entdeckte der amerikanische Wissenschaftler Klaus Schwarz, dass ohne Selen gar nichts geht: Selen ist ein essenzielles Spurenelement.
"Selen ist ein ganz wichtiger Stoff, den der Körper benötigt, um bestimmte Prozesse innerhalb unseres Körpers überhaupt generieren zu können. Es ist also ein Stoff, der bestimmte Prozesse fördert und einleitet. Es ist kein Stoff, den man unmittelbar zur Produktion unseres Körpers benötigt, der aber in der Kommunikation, in der Interaktion von Zellen und deren Strukturen absolut notwendig ist."
Sagt Professor Ingo Froböse, Leiter des Zentrums für Gesundheit an der Deutschen Sporthochschule Köln. Bisher sind 25 Proteine bekannt, die Selen für ihre Funktion brauchen, wobei die jeweils benötigten Konzentrationen extrem winzig sind: 200 Mikrogramm beziehungsweise 200 Millionstel Gramm pro Tag reichen. So klein die Dosen auch sein mögen, in Europa liefern Lebensmittel gerade so viel Selen, dass kein Mangel besteht.
"Wir nehmen Selen über Nahrungsmittel zu uns. Selen ist in vielen Nahrungsmitteln drin, vor allem in Fisch, aber auch in Nüssen, im Fleisch
ist Selen, wenn wir Innereien essen, zum Beispiel Leber ist sehr viel Selen mit drin."
Bei einer ausgewogenen Ernährung, sagt Professor Wilhelm Bloch, Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule Köln, besteht kein Selenmangel. Wie wichtig das Spurenelement für den menschlichen Organismus ist, zeigen folgende Beispiele.
"Zum Beispiel ist Selen absolut dafür verantwortlich, dass unsere Schilddrüsenhormone sprießen und wachsen. Und die Schilddrüse ist ja das Gaspedal unseres Körpers, unseres gesamten Stoffwechsels. Und haben wir zu wenig Selen, dann resultiert daraus eine Unterfunktion in letzter Konsequenz unserer Schilddrüse. Unsere gesamten Stoffwechselfunktionen laufen verlangsamt und das bedeutet, dass wir viele, viele Prozesse, biologische Prozesse negativ beeinflussen, wenn wir davon zu wenig haben."
Die Kommunikation zwischen den Nerven ist gestört, außerdem funktioniert der Muskelaufbau nicht mehr richtig. Und noch etwas kommt hinzu: Bei einem zu geringen Selenspiegel im Blut erfüllt das Halbmetall nicht mehr seine antioxidative Wirkung.
"Wenn sie zum Beispiel Sauerstoffradikale haben, dann ist das Problem immer, dass sie freie Radikale haben, das sind Elektronen, die zu viel sind. Und die können an verschiedenste andere Proteine und Strukturmoleküle weitergeben werden und die dann im Prinzip verändern. Und das muss im Körper entschärft werden. Dafür gibt es ganz spezifische Enzyme. Und das Selen arbeitet in der Weise, dass es hilft, die freien Elektronen abzufangen."
Um so zum Beispiel das Entstehen bösartiger Tumore zu verhindern. Nun ist aber die Gleichung "viel hilft viel" bei Selen völlig falsch.
"Die Dosis macht das Gift. Selen in ausreichender Form ist wichtig, zu viel Selen ist schlecht. Und die Spanne ist gar nicht so groß, gehen wir mal davon aus, sie können am Tag, um das Mal in Zahlen auszudrücken, bis zu 300 Mikrogramm Selen zu sich nehmen. Darüber hinaus gilt Selen als schädlich."
Und zwar auf gleich mehreren Ebenen, sagt Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln.
"Wenn ich zu viele nehme, dann kann es sogar sein, dass meine Schilddrüse die Entwicklung der Schilddrüsenhormone, die Eigenproduktion, einstellt und beeinträchtigt, dementsprechend heißt das, vernünftig muss man damit umgehen. 200 bis 300 Mikrogramm pro Tag reichen aus. Und das ist wirklich nicht viel."
Wer zu viel Selen etwa durch Nahrungsergänzungsmittel zu sich nimmt, steigert sogar das Risiko, an Krebs zu erkranken. Das zumindest war Ergebnis einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahre 2001, bei der man eigentlich das Gegenteil belegen wollte. Die Studie sollte prüfen, ob Selen und Vitamin E oder beides zusammen Männer vor Prostatakrebs schützt. An 400 Orten in den USA, Kanada und Puerto Rico nahmen 35.000 Männer im Alter über 50 Jahren daran teil. Das ersten Ergebnise war schockierend: Das Krebsrisiko sank nicht, es stieg an. Außerdem – so Professor Wilhelm Bloch – beobachteten die Autoren eine weitere Nebenwirkung:
"Nämlich eine Diabetes-Typ-2-Entstehung. Und das war sehr überraschend. Das hat man eigentlich gar nicht erwartet, weil man ursprünglich gesagt hat, Selen schützt auch vor Diabetes. Aber es kommt wesentlich darauf an, wie viel Selen ich zu mir nehme."
Die Studie wurde abgebrochen. Nun liegen aber schädliche Selenkonzentrationen und nützliche sehr nahe beieinander. Wer wissen will, ob er zu wenig, zu viel oder ausreichend Selen zu sich nimmt, kann dies nur durch einen Bluttest herausbekommen. Oder aber er orientiert sich an dieser groben Faustregel.
"Wenn sie in Nordamerika leben, dann können sie mit einer gesunden Durchschnittsernährung auf jeden Fall sagen, da kommen sie nicht in einen Selenmangel. Wenn sie in Europa leben, wird das Risiko schon etwas höher. Wenn sie in China leben, wird das Risiko sehr hoch, weil in China die Böden relativ wenig Selen enthalten. Auch in Europa haben die Böden relativ wenig Selen, das reicht noch aus, aber es ist gerade so an der Grenze. Interessant ist zum Beispiel, in Polen reicht es nicht aus."
Gleiches gilt für Finnland, dessen Böden und Trinkwasser ebenfalls nur wenig Selen enthalten. Aus diesem Grund wird dort dem Kunstdünger Natriumselenat beigemischt, wodurch eine verbesserte Versorgung der Menschen mit dem essenziellen Spurenelement erreicht wird. In Deutschland sei das aber nicht notwendig, sagt Ingo Froböse, der ohnehin dazu rät, einen Selenmangel möglichst über Nahrungsmittel auszugleichen.
"Ich würde immer eher zu biologischen Stoffen greifen. Nehmen wir so etwas wie Weizenkeime, wo ich ein, zwei Esslöffel an Mineral- und Vitalstoffen, unter anderem auch Selen, in den Organismus hineinhole. Dann habe ich es in einer vernünftigen Form und einer vernünftigen Dosierung vorliegen."
Mit Selen war das kurze Zeit später entwickelte "Periodensystem der Chemischen Elemente" zwar wieder etwas vollständiger, so richtig interessierte sich aber kaum jemand für das graue Halbmetall: Es kam nur in geringen Mengen vor und es war giftig. Das änderte sich schlagartig Mitte des letzten Jahrhunderts. 1957 entdeckte der amerikanische Wissenschaftler Klaus Schwarz, dass ohne Selen gar nichts geht: Selen ist ein essenzielles Spurenelement.
"Selen ist ein ganz wichtiger Stoff, den der Körper benötigt, um bestimmte Prozesse innerhalb unseres Körpers überhaupt generieren zu können. Es ist also ein Stoff, der bestimmte Prozesse fördert und einleitet. Es ist kein Stoff, den man unmittelbar zur Produktion unseres Körpers benötigt, der aber in der Kommunikation, in der Interaktion von Zellen und deren Strukturen absolut notwendig ist."
Sagt Professor Ingo Froböse, Leiter des Zentrums für Gesundheit an der Deutschen Sporthochschule Köln. Bisher sind 25 Proteine bekannt, die Selen für ihre Funktion brauchen, wobei die jeweils benötigten Konzentrationen extrem winzig sind: 200 Mikrogramm beziehungsweise 200 Millionstel Gramm pro Tag reichen. So klein die Dosen auch sein mögen, in Europa liefern Lebensmittel gerade so viel Selen, dass kein Mangel besteht.
"Wir nehmen Selen über Nahrungsmittel zu uns. Selen ist in vielen Nahrungsmitteln drin, vor allem in Fisch, aber auch in Nüssen, im Fleisch
ist Selen, wenn wir Innereien essen, zum Beispiel Leber ist sehr viel Selen mit drin."
Bei einer ausgewogenen Ernährung, sagt Professor Wilhelm Bloch, Leiter des Instituts für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule Köln, besteht kein Selenmangel. Wie wichtig das Spurenelement für den menschlichen Organismus ist, zeigen folgende Beispiele.
"Zum Beispiel ist Selen absolut dafür verantwortlich, dass unsere Schilddrüsenhormone sprießen und wachsen. Und die Schilddrüse ist ja das Gaspedal unseres Körpers, unseres gesamten Stoffwechsels. Und haben wir zu wenig Selen, dann resultiert daraus eine Unterfunktion in letzter Konsequenz unserer Schilddrüse. Unsere gesamten Stoffwechselfunktionen laufen verlangsamt und das bedeutet, dass wir viele, viele Prozesse, biologische Prozesse negativ beeinflussen, wenn wir davon zu wenig haben."
Die Kommunikation zwischen den Nerven ist gestört, außerdem funktioniert der Muskelaufbau nicht mehr richtig. Und noch etwas kommt hinzu: Bei einem zu geringen Selenspiegel im Blut erfüllt das Halbmetall nicht mehr seine antioxidative Wirkung.
"Wenn sie zum Beispiel Sauerstoffradikale haben, dann ist das Problem immer, dass sie freie Radikale haben, das sind Elektronen, die zu viel sind. Und die können an verschiedenste andere Proteine und Strukturmoleküle weitergeben werden und die dann im Prinzip verändern. Und das muss im Körper entschärft werden. Dafür gibt es ganz spezifische Enzyme. Und das Selen arbeitet in der Weise, dass es hilft, die freien Elektronen abzufangen."
Um so zum Beispiel das Entstehen bösartiger Tumore zu verhindern. Nun ist aber die Gleichung "viel hilft viel" bei Selen völlig falsch.
"Die Dosis macht das Gift. Selen in ausreichender Form ist wichtig, zu viel Selen ist schlecht. Und die Spanne ist gar nicht so groß, gehen wir mal davon aus, sie können am Tag, um das Mal in Zahlen auszudrücken, bis zu 300 Mikrogramm Selen zu sich nehmen. Darüber hinaus gilt Selen als schädlich."
Und zwar auf gleich mehreren Ebenen, sagt Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln.
"Wenn ich zu viele nehme, dann kann es sogar sein, dass meine Schilddrüse die Entwicklung der Schilddrüsenhormone, die Eigenproduktion, einstellt und beeinträchtigt, dementsprechend heißt das, vernünftig muss man damit umgehen. 200 bis 300 Mikrogramm pro Tag reichen aus. Und das ist wirklich nicht viel."
Wer zu viel Selen etwa durch Nahrungsergänzungsmittel zu sich nimmt, steigert sogar das Risiko, an Krebs zu erkranken. Das zumindest war Ergebnis einer US-amerikanischen Studie aus dem Jahre 2001, bei der man eigentlich das Gegenteil belegen wollte. Die Studie sollte prüfen, ob Selen und Vitamin E oder beides zusammen Männer vor Prostatakrebs schützt. An 400 Orten in den USA, Kanada und Puerto Rico nahmen 35.000 Männer im Alter über 50 Jahren daran teil. Das ersten Ergebnise war schockierend: Das Krebsrisiko sank nicht, es stieg an. Außerdem – so Professor Wilhelm Bloch – beobachteten die Autoren eine weitere Nebenwirkung:
"Nämlich eine Diabetes-Typ-2-Entstehung. Und das war sehr überraschend. Das hat man eigentlich gar nicht erwartet, weil man ursprünglich gesagt hat, Selen schützt auch vor Diabetes. Aber es kommt wesentlich darauf an, wie viel Selen ich zu mir nehme."
Die Studie wurde abgebrochen. Nun liegen aber schädliche Selenkonzentrationen und nützliche sehr nahe beieinander. Wer wissen will, ob er zu wenig, zu viel oder ausreichend Selen zu sich nimmt, kann dies nur durch einen Bluttest herausbekommen. Oder aber er orientiert sich an dieser groben Faustregel.
"Wenn sie in Nordamerika leben, dann können sie mit einer gesunden Durchschnittsernährung auf jeden Fall sagen, da kommen sie nicht in einen Selenmangel. Wenn sie in Europa leben, wird das Risiko schon etwas höher. Wenn sie in China leben, wird das Risiko sehr hoch, weil in China die Böden relativ wenig Selen enthalten. Auch in Europa haben die Böden relativ wenig Selen, das reicht noch aus, aber es ist gerade so an der Grenze. Interessant ist zum Beispiel, in Polen reicht es nicht aus."
Gleiches gilt für Finnland, dessen Böden und Trinkwasser ebenfalls nur wenig Selen enthalten. Aus diesem Grund wird dort dem Kunstdünger Natriumselenat beigemischt, wodurch eine verbesserte Versorgung der Menschen mit dem essenziellen Spurenelement erreicht wird. In Deutschland sei das aber nicht notwendig, sagt Ingo Froböse, der ohnehin dazu rät, einen Selenmangel möglichst über Nahrungsmittel auszugleichen.
"Ich würde immer eher zu biologischen Stoffen greifen. Nehmen wir so etwas wie Weizenkeime, wo ich ein, zwei Esslöffel an Mineral- und Vitalstoffen, unter anderem auch Selen, in den Organismus hineinhole. Dann habe ich es in einer vernünftigen Form und einer vernünftigen Dosierung vorliegen."