2009 begab sich ein internationales Team aus Paläoanthropologen in die äthiopische Afar-Region, um wie jedes Jahr nach frühen Zeugnissen der Menschheit zu suchen. Denn diese Gegend gilt als Wiege und Kinderstube der Menschheit, schließlich wurden dort mehr als die Hälfte aller bekannten Frühmenschenarten entdeckt. Die ältesten sind 5,8 Millionen Jahre alt, die jüngsten gerade einmal wenige Zehntausende. Und auch dieses Mal war ihnen das Glück hold, sagt Grabungsleiter Yohannes Haile-Selassie. In 3,4 Millionen Jahre alten Schichten stießen sie auf mehrere Knochen.
"Dabei handelt es sich um Fußknochen und zwar um zwei Teile des dicken Zehs, dann noch Teile vom zweiten, dritten und vierten Mittelfußknochen. Insgesamt sind es acht Knochen eines einzelnen Fußes."
Zwar sei der Fund von Frühmenschenfossilien immer etwas Besonderes, aber Fußknochen sind mitunter nur mäßig spannend, so der Paläoanthropologe vom Naturhistorischen Museum in Cleveland, Ohio. Diese Fußknochen jedoch zeigen etwas, was keiner der Forscher erwartet hatte: Sie gehören zu einem Frühmenschen, der noch einen Greifzeh hatte. Eigentlich, so die Lehrmeinung, war vor 3,4 Millionen Jahren die Entwicklung hin zum aufrechten Gang im Groben bereits abgeschlossen, das heißt, der große Zeh war schon längst in einer Reihe mit den vier anderen aufgereiht, sagt auch Daniel Lieberman von der Harvard Universität in Cambridge, Massachusetts, der die aktuelle Studie in "Nature" kommentiert hat.
"Der menschliche große Zeh ist ja ursprünglich ein Greifzeh und hilft beim Klettern. Was wir als Anatomen bislang aber noch nicht verstehen ist, wie sehr ein solcher großer Zeh, der zur Seite abgespreizt ist, beim Laufen stört. Es gibt ja heute keine Menschen mehr mit derartigen Füßen. Also, wie sind diese Frühmenschen gelaufen? Vermutlich überwiegend auf den Außenseiten der Füße, aber konnten sie damit auch lange Strecken laufen? Darüber müssen wir nachdenken. Antworten auf diese Fragen haben wir aber noch nicht."
Bei der Ausgrabung in Äthiopien haben die Forscher neben den Fußknochen auch Zähne gefunden, die ebenso auf ein Alter von 3,4 Millionen Jahren datiert wurden. Ob sie zum gleichen Individuum gehören, sei nicht zu klären, ebenso ist unbekannt, welcher Menschenart sie zugehörig sind, so Yohannes Haile-Selassie. Auch stehe die Frage im Raum, ob die Fußknochen tatsächlich den Überresten einer bislang unbekannten Menschenart zuzurechnen sind oder nicht. Es könnte sich auch um einen Vertreter von Ardipithecus ramidus handeln. Dieser konnte zwar schon aufrecht laufen, vermutlich aber nur auf Bäumen, auch besaß diese Spezies noch einen Greifzeh.
"Was wir nun machen müssen, ist klar. Noch mehr Knochen finden. Finden wir tatsächlich Zähne, die wie die von Ardipithecus aussehen, können wir definitiv sagen, dass vor 3,4 Millionen Jahren am gleichen Ort sowohl Vertreter von Australopithecus als auch vor Ardipithecus gelebt haben. Mit den Zähnen, die wie bislang gefunden haben, wissen wir noch nicht, ob es ein Nachfahre von Ardipithecus ist oder etwas ganz anderes, also eine bislang unbekannte Menschenart. Klar ist nur, dass es kein Vertreter der Lucy-Spezies Australopithecus afarensis ist."
Damit muss es vor 3,4 Millionen Jahren also mindestens zwei Menschenarten gegeben haben, die zur gleichen Zeit am gleichen Ort gelebt haben. Wenn es sich bei den Fußknochen tatsächlich um einen Vertreter von Ardipithecus handelt, gibt es ein weiteres Problem: Ardipithecus ist eigentlich eine Million Jahre älter, nämlich 4,4 Millionen Jahre alt. Bis vor kurzem war ein wahrscheinliches Szenario der Menschheitsentwicklung dieses: aus Ardipithecus hat sich vor rund vier Millionen Jahren die Gattung Australopithecus entwickelt, aus der dann später unser Genus Homo hervorgegangen ist. Nun könnte es aber sein, dass sowohl Ardipithecus als auch Australopithecus lange parallel gelebt haben. Daniel Lieberman.
"Diese Fußknochen sehen genauso aus wie die Füße von Ardipithecus, sie sind nur viel jünger, das ist alles. Die Anatomie von Ardi und das Alter von 4,4 Millionen Jahren, das war damals eine Überraschung. Hier sehen aber wir nun deutlich, wie Evolution funktioniert: Eine anatomische Eigenheit – also der Fuß von Ardi – hat sich als erfolgreich erwiesen. Diese Anpassung wird an die Nachkommen weitergegeben und hält sich eine ganze Zeit lang. Von daher war ich von dem Fund nicht überrascht."
Man müsse sich einfach vor Augen halten, wie vielfältig die Wege der Evolution sein können, auch oder gerade bezüglich der Menschwerdung, so Daniel Lieberman. Im ganzen Tierreich gebe es ja auch zahlreiche Varianten an vierfüßigen Fortbewegungsmethoden, warum sollte da der zweibeinige Gang bei Primaten nur einmal entstanden sein?
"Dabei handelt es sich um Fußknochen und zwar um zwei Teile des dicken Zehs, dann noch Teile vom zweiten, dritten und vierten Mittelfußknochen. Insgesamt sind es acht Knochen eines einzelnen Fußes."
Zwar sei der Fund von Frühmenschenfossilien immer etwas Besonderes, aber Fußknochen sind mitunter nur mäßig spannend, so der Paläoanthropologe vom Naturhistorischen Museum in Cleveland, Ohio. Diese Fußknochen jedoch zeigen etwas, was keiner der Forscher erwartet hatte: Sie gehören zu einem Frühmenschen, der noch einen Greifzeh hatte. Eigentlich, so die Lehrmeinung, war vor 3,4 Millionen Jahren die Entwicklung hin zum aufrechten Gang im Groben bereits abgeschlossen, das heißt, der große Zeh war schon längst in einer Reihe mit den vier anderen aufgereiht, sagt auch Daniel Lieberman von der Harvard Universität in Cambridge, Massachusetts, der die aktuelle Studie in "Nature" kommentiert hat.
"Der menschliche große Zeh ist ja ursprünglich ein Greifzeh und hilft beim Klettern. Was wir als Anatomen bislang aber noch nicht verstehen ist, wie sehr ein solcher großer Zeh, der zur Seite abgespreizt ist, beim Laufen stört. Es gibt ja heute keine Menschen mehr mit derartigen Füßen. Also, wie sind diese Frühmenschen gelaufen? Vermutlich überwiegend auf den Außenseiten der Füße, aber konnten sie damit auch lange Strecken laufen? Darüber müssen wir nachdenken. Antworten auf diese Fragen haben wir aber noch nicht."
Bei der Ausgrabung in Äthiopien haben die Forscher neben den Fußknochen auch Zähne gefunden, die ebenso auf ein Alter von 3,4 Millionen Jahren datiert wurden. Ob sie zum gleichen Individuum gehören, sei nicht zu klären, ebenso ist unbekannt, welcher Menschenart sie zugehörig sind, so Yohannes Haile-Selassie. Auch stehe die Frage im Raum, ob die Fußknochen tatsächlich den Überresten einer bislang unbekannten Menschenart zuzurechnen sind oder nicht. Es könnte sich auch um einen Vertreter von Ardipithecus ramidus handeln. Dieser konnte zwar schon aufrecht laufen, vermutlich aber nur auf Bäumen, auch besaß diese Spezies noch einen Greifzeh.
"Was wir nun machen müssen, ist klar. Noch mehr Knochen finden. Finden wir tatsächlich Zähne, die wie die von Ardipithecus aussehen, können wir definitiv sagen, dass vor 3,4 Millionen Jahren am gleichen Ort sowohl Vertreter von Australopithecus als auch vor Ardipithecus gelebt haben. Mit den Zähnen, die wie bislang gefunden haben, wissen wir noch nicht, ob es ein Nachfahre von Ardipithecus ist oder etwas ganz anderes, also eine bislang unbekannte Menschenart. Klar ist nur, dass es kein Vertreter der Lucy-Spezies Australopithecus afarensis ist."
Damit muss es vor 3,4 Millionen Jahren also mindestens zwei Menschenarten gegeben haben, die zur gleichen Zeit am gleichen Ort gelebt haben. Wenn es sich bei den Fußknochen tatsächlich um einen Vertreter von Ardipithecus handelt, gibt es ein weiteres Problem: Ardipithecus ist eigentlich eine Million Jahre älter, nämlich 4,4 Millionen Jahre alt. Bis vor kurzem war ein wahrscheinliches Szenario der Menschheitsentwicklung dieses: aus Ardipithecus hat sich vor rund vier Millionen Jahren die Gattung Australopithecus entwickelt, aus der dann später unser Genus Homo hervorgegangen ist. Nun könnte es aber sein, dass sowohl Ardipithecus als auch Australopithecus lange parallel gelebt haben. Daniel Lieberman.
"Diese Fußknochen sehen genauso aus wie die Füße von Ardipithecus, sie sind nur viel jünger, das ist alles. Die Anatomie von Ardi und das Alter von 4,4 Millionen Jahren, das war damals eine Überraschung. Hier sehen aber wir nun deutlich, wie Evolution funktioniert: Eine anatomische Eigenheit – also der Fuß von Ardi – hat sich als erfolgreich erwiesen. Diese Anpassung wird an die Nachkommen weitergegeben und hält sich eine ganze Zeit lang. Von daher war ich von dem Fund nicht überrascht."
Man müsse sich einfach vor Augen halten, wie vielfältig die Wege der Evolution sein können, auch oder gerade bezüglich der Menschwerdung, so Daniel Lieberman. Im ganzen Tierreich gebe es ja auch zahlreiche Varianten an vierfüßigen Fortbewegungsmethoden, warum sollte da der zweibeinige Gang bei Primaten nur einmal entstanden sein?