Über den PC-Schirm von Polizeichef Sergej Kasarow flimmern Fotos von roten Fahnen mit schwarzem Hakenkreuz, Hitlers "Mein Kampf" liegt aufgeschlagen auf dem Tisch, ein ganzer Berg von CDs, Disketten und Videos rassistischen Inhalts daneben. Konfisziert in der vergangenen Woche in einem Geschäft mitten in Voronesch, einer südrussischen Industriestadt mit knapp einer Million Einwohnern, davon etwa 1800 ausländische Studenten. Insgesamt sieben Morde in den letzten Jahren in der Stadt, die Dunkelziffer unklar. Die Strategie der Stadtregenten: erst verschweigen, dann runterspielen. So wie Polizeichef Kasarow:
"Die Kinder sind ja noch jung, es gibt immer mal wieder Unannehmlichkeiten. Ausländische Studenten bringen sich ja auch gegenseitig um, das alles ist nichts Außergewöhnliches. Die meisten Überfälle haben keinen rassistischen, sondern einfach einen kriminellen Hintergrund. Wenn zum Beispiel spät in der Nacht der ausländische Bürger gemeinsam mit Einheimischen Alkohol trinkt und man ihn dann beraubt."
Urtado Enrique Angeles, 18 jähriger Medizinstudent aus Peru, wurde am 9. Oktober letzten Jahres von Jugendlichen auf dem Gelände seiner Universität überfallen, er verblutete am Tatort. Der Prozess gegen dreizehn zum Teil minderjährige Jugendliche läuft in Voronesch zur Zeit. Die Ausländer haben Geld und nehmen uns die guten Jobs und die Mädchen weg - so spricht hier der Volksmund und nicht nur der. Alexandra Karpova, die Vorsitzende des Komittees für internationale Zusammenarbeit der örtlichen Gesellschaftskammer:
"Ich denke, dass der Peruaner selbst schuld war. Sein Universitätsgebäude liegt im Wald und in der Stadt sagt man, dass die Studenten, die Dollars haben, sich irgendwelche Mädchen kaufen und mit ihnen in den Wald gehen."
Die 23jährige Natalja Borisowna ist Aktivistin der "Jugend-Bürgerrechtsbewegung" von Voronesch. Als sie im vergangenen Jahr eine Protestkundgebung vor dem Gebäude des Innenministeriums organisierte unter der Losung "Skinheads sind Rassisten und keine Rowdys" wurde ihre Mutter noch am selben Abend vorgeladen:
"Sie haben meine Mutter zur örtlichen Polizeistation bestellt und in ein dunkles Zimmer geführt. Es war wie im Film, man hielt ihr die Lampe ins Gesicht und hat ihr gesagt, dass ihre Tochter für eine extremistische Organisation arbeite und dass ich deshalb Probleme bekommen würde: man könne mich schlagen und umbringen und niemand würde je erfahren, wer der Täter war. Meine Auftraggeber seien westliche Juden."
Alexej Koslov von der bürgerlichen grünen Alternative "Grosa" schätzt die Zahl der in seiner Stadt zu rassistischer Gewalt Bereiten auf etwa 400, die ihrer Sympathisanten um ein Vielfaches höher. Das Ziel seien neben Ausländern oder Kaukasiern auch die Aktivisten der Gegenseite. Nur kräftige Gegenwehr bewahrte Koslov selbst schon vor einem Stein im Gesicht, kein Monat vergehe zur Zeit in Voronesch ohne Überfälle:
"Es gibt hier rassistische Verbrechen und sie wiederholen sich regelmäßig. In der Stadt existieren ganz unterschiedliche Gruppen: die Überfälle werden plötzlich durchgeführt, die Angreifer sind immer in der Mehrzahl, das Schlagen soll maximalen körperlichen Schaden anrichten, schnell durchgeführt und beendet werden. Und meistens wird keine weitere kriminelle Handlung wie zum Beispiel Diebstahl durchgeführt."
Auf den Holzbänken vor dem Studentenwohnheim Nummer vier in der Friedrich-Engels-Straße sitzen einige Afrikaner, früher hätten sie sich nicht mal raus auf die Bänke getraut, sagt der 25jährige Jurastudent Tiberi aus Equador-Guinea, der selbst auch schon Opfer eines Angriffs wurde:
"Wir leben irgendwie, immer nur der Unterricht, danach gleich nach Hause, ins Zimmer. Wir wissen doch, wie gefährlich das ist, und das wir nicht raus können. Wie können wir spazieren gehen, wenn sie morden."
James Alan Dsuku aus dem Kongo studiert seit drei Jahren Englisch in Voronesch:
"Wenn ich irgendwo hin gehe, muß ich mich immer umdrehen und schauen, wer sich mir nähert. Ich habe Angst rauszugehen und zugleich schäme ich mich für diese Leute: ich hätte nicht gedacht, dass es in unserer Zeit so etwas noch gibt, das ist einfach schrecklich."
"Die Kinder sind ja noch jung, es gibt immer mal wieder Unannehmlichkeiten. Ausländische Studenten bringen sich ja auch gegenseitig um, das alles ist nichts Außergewöhnliches. Die meisten Überfälle haben keinen rassistischen, sondern einfach einen kriminellen Hintergrund. Wenn zum Beispiel spät in der Nacht der ausländische Bürger gemeinsam mit Einheimischen Alkohol trinkt und man ihn dann beraubt."
Urtado Enrique Angeles, 18 jähriger Medizinstudent aus Peru, wurde am 9. Oktober letzten Jahres von Jugendlichen auf dem Gelände seiner Universität überfallen, er verblutete am Tatort. Der Prozess gegen dreizehn zum Teil minderjährige Jugendliche läuft in Voronesch zur Zeit. Die Ausländer haben Geld und nehmen uns die guten Jobs und die Mädchen weg - so spricht hier der Volksmund und nicht nur der. Alexandra Karpova, die Vorsitzende des Komittees für internationale Zusammenarbeit der örtlichen Gesellschaftskammer:
"Ich denke, dass der Peruaner selbst schuld war. Sein Universitätsgebäude liegt im Wald und in der Stadt sagt man, dass die Studenten, die Dollars haben, sich irgendwelche Mädchen kaufen und mit ihnen in den Wald gehen."
Die 23jährige Natalja Borisowna ist Aktivistin der "Jugend-Bürgerrechtsbewegung" von Voronesch. Als sie im vergangenen Jahr eine Protestkundgebung vor dem Gebäude des Innenministeriums organisierte unter der Losung "Skinheads sind Rassisten und keine Rowdys" wurde ihre Mutter noch am selben Abend vorgeladen:
"Sie haben meine Mutter zur örtlichen Polizeistation bestellt und in ein dunkles Zimmer geführt. Es war wie im Film, man hielt ihr die Lampe ins Gesicht und hat ihr gesagt, dass ihre Tochter für eine extremistische Organisation arbeite und dass ich deshalb Probleme bekommen würde: man könne mich schlagen und umbringen und niemand würde je erfahren, wer der Täter war. Meine Auftraggeber seien westliche Juden."
Alexej Koslov von der bürgerlichen grünen Alternative "Grosa" schätzt die Zahl der in seiner Stadt zu rassistischer Gewalt Bereiten auf etwa 400, die ihrer Sympathisanten um ein Vielfaches höher. Das Ziel seien neben Ausländern oder Kaukasiern auch die Aktivisten der Gegenseite. Nur kräftige Gegenwehr bewahrte Koslov selbst schon vor einem Stein im Gesicht, kein Monat vergehe zur Zeit in Voronesch ohne Überfälle:
"Es gibt hier rassistische Verbrechen und sie wiederholen sich regelmäßig. In der Stadt existieren ganz unterschiedliche Gruppen: die Überfälle werden plötzlich durchgeführt, die Angreifer sind immer in der Mehrzahl, das Schlagen soll maximalen körperlichen Schaden anrichten, schnell durchgeführt und beendet werden. Und meistens wird keine weitere kriminelle Handlung wie zum Beispiel Diebstahl durchgeführt."
Auf den Holzbänken vor dem Studentenwohnheim Nummer vier in der Friedrich-Engels-Straße sitzen einige Afrikaner, früher hätten sie sich nicht mal raus auf die Bänke getraut, sagt der 25jährige Jurastudent Tiberi aus Equador-Guinea, der selbst auch schon Opfer eines Angriffs wurde:
"Wir leben irgendwie, immer nur der Unterricht, danach gleich nach Hause, ins Zimmer. Wir wissen doch, wie gefährlich das ist, und das wir nicht raus können. Wie können wir spazieren gehen, wenn sie morden."
James Alan Dsuku aus dem Kongo studiert seit drei Jahren Englisch in Voronesch:
"Wenn ich irgendwo hin gehe, muß ich mich immer umdrehen und schauen, wer sich mir nähert. Ich habe Angst rauszugehen und zugleich schäme ich mich für diese Leute: ich hätte nicht gedacht, dass es in unserer Zeit so etwas noch gibt, das ist einfach schrecklich."