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Rassismus-Vorwürfe
AfD-Vorstand distanziert sich von Höckes Aussagen

Der Bundesvorstand der AfD hat Björn Höcke für rassistische Äußerungen und einen Glückwunsch an den rechtsextremen Front National in Frankreich kritisiert. Der thüringische Landeschef der Partei solle prüfen, inwieweit seine Positionen noch die der AfD seien. Strafen gegen Höcke verhängte der Vorstand allerdings nicht.

Von Stefan Maas | 19.12.2015
    AfD-Politiker Björn Höcke während seines Auftritts in der Talkshow "Günther Jauch".
    AfD-Politiker Björn Höcke während eines Auftritts in der Talkshow "Günther Jauch". (Imago / Stefan Zeitz)
    Björn Höcke selbst war nicht erschienen, seine Entschuldigung: Die Haushaltsdebatte im Erfurter Landtag. Im Januar soll das Gespräch nachgeholt werden. Heute kam der thüringische Landesvorsitzende mit einer Ermahnung davon. Der Vorstand der Alternative für Deutschland erklärte am Nachmittag nach seiner Sitzung, auf der er sich mit Höckes umstrittenen Äußerungen beschäftigt hatte: "dass die Äußerungen des thüringischen Landesvorsitzenden Björn Höcke bezüglich eines biologisch-demographischen Verhaltens von Menschen ausschließlich seine persönliche Meinung darstellen. Gleiches gilt für seine Einlassungen zur französischen Innenpolitik. Diese Sichtweisen von Björn Höcke werden vom Bundesvorstand einhellig abgelehnt."
    Höcke hatte dem Front National nach seinem guten Abschneiden in der ersten Runde der französischen Regionalwahlen gratuliert. Im November hatte er außerdem auf einer Veranstaltung eine Änderung der deutschen Asylpolitik gefordert. Und dies mit "populationsökologischen" Argumenten begründet. "Im 21. Jahrhundert trifft der lebensbejahende afrikanische Ausbreitungstyp auf den selbstverneinenden europäischen Platzhaltertyp."
    Finaler Warnschuss oder blaues Auge?
    Solange Europa weiterhin den Bevölkerungsüberschuss Afrikas aufnehme, werde sich am dortigen Reproduktionsverhalten nichts ändern. Nachdem am vergangenen Wochenende ein Videomitschnitt der Rede für Aufsehen gesorgt hatte, warfen Rechtsextremismusforscher dem thüringischen AfD-Chef biologischen Rassismus vor, und auch die Parteispitze rügte die Äußerungen. Diese seien sachlich unrichtig, entbehrten wissenschaftlicher Substanz und lüden zur Fehldeutung als rassistische Aussagen geradezu ein. Höcke schade damit dem Erscheinungsbild und dem Ansehen der Partei in der Öffentlichkeit.
    Höcke selbst hatte erklärt, er bedauere, dass seine Äußerungen zu Fehldeutungen geführt hätten. Er vertrete das christliche Menschenbild, die Würde jedes Menschen sei für ihn unantastbar. In seinem heutigen Statement fordert der Bundesvorstand: "Björn Höcke nachdrücklich auf, auch selbst zu prüfen, inwieweit seine Positionen sich noch in Übereinstimmung mit denen der AfD befinden."
    Finaler Warnschuss oder blaues Auge? Darüber gehen die Deutungen auseinander. Der Bundesvorstand kann laut Satzung auch Ordnungsmaßnahmen verhängen, etwa, dass Höcke von seinem Amt als thüringischer Landeschef zurücktreten muss. Dafür habe es zumindest in der Telefonkonferenz der Landeschefs am Vormittag eine Mehrheit gegeben, heißt es. Gleichzeitig will die Parteispitze vor drei wichtigen Landtagswahlen im kommenden Jahr vermeiden, mit einer zu harten Vorgehensweise gegen Höcke, die Partei, die nach der Spaltung im Sommer gerade wieder zur Ruhe gekommen ist, erneut aufzuwühlen.