Mittwoch, 17. April 2024

Archiv

Raumfahrt
Fritten im All

Kann man auch im Weltall Pommes frites zubereiten? In völliger Schwerelosigkeit funktioniert Frittieren eigentlich nicht, doch vielleicht klappt es in einer Zentrifuge. Erste Versuche der Raumfahrtagentur ESA sind vielversprechend.

Von Volkart Wildermuth | 08.01.2014
    Nein, diese Fritteuse steht nicht im All, sondern am Berliner Kudamm, die Pommes werden bei einem g zubereitet, bei Erdschwerkraft und schmecken ganz vorzüglich.
    "Frittieren ist das Entfernen von Wasser aus der Kartoffel, sodass eine fast trockene Kruste entsteht."
    Thodoris Karapantsios, Professor für Technische Chemie an der Universität von Thessaloniki, geht dem Frittiervorgang schon seit Langem wissenschaftlich auf den Grund. Der Hitzetransfer im Ölbad lässt sich mit einer komplizierten Formel beschreiben, in die unter anderem der Durchmesser der Wasserdampfbläschen an der Kartoffeloberfläche eingeht. Und dieser Durchmesser hängt wiederum von der Dichte des Dampfes und des Öls, der Oberflächenspannung und der Wurzel aus dem Kehrbruch der Schwerkraft ab.
    "Da steht diese nichtlineare Beziehung zur Gravitation. Das hat aber noch niemand jemals getestet. Wir wollten Daten liefern, um diese Gleichung zur Fritteusenkonstruktion zu überprüfen."
    Dazu reiste das Team um Thodoris Karapantsios nach Noorwijk in Holland. Dort betreibt die Europäische Raumfahrtagentur eine Zentrifuge mit acht Metern Durchmesser. Kommt das Gerät erst einmal auf Touren entstehen durch die Zentrifugalkraft Beschleunigungen, die dem 20-Fachen der irdischen Schwerkraft entsprechen. Normalerweise werden hier Komponenten für die Raumfahrt getestet. Aber Pommes sind auch im All ein Thema.
    "Der russische Kosmonaut Volkov hat kürzlich gesagt, auf einer Mars-Mission würde er gerne normales Essen bekommen und hat dabei konkret Pommes frites erwähnt."
    Die Friteuse in der Zentrifuge
    Die griechischen Chemiker bauten also ihre Forschungsfritteuse für den Einsatz in der Riesenzentrifuge um. Während sich die Gondel schneller und schneller dreht, schiebt sich ein Topf mit einem halben Liter kochenden Öls vollautomatisch Richtung Kartoffel, bis sie genau einen Zentimeter eintaucht. Die Kartoffel steckt dabei in einer engen Teflonmanschette, damit nur eine Seite mit dem Öl in Kontakt kommt. Ein Netz von Temperaturfühlern vermisste den Frittierverlauf millimetergenau. Nach insgesamt 125 Zentrifugenversuchen stand das Ergebnis fest: Je größer die Beschleunigung, desto schneller ist das Pommes kross! In der Frittierformel steht die Gravitation also mit gutem Recht. Der Grund: Wenn die Flüssigkeit in der Kartoffel zu kochen beginnt, entstehen Luftbläschen. Nimmt die Schwerkraft zu, steigt der Auftrieb dieser Bläschen, sie lösen sich schneller ab und erleichtern so den Hitzetransfer. Thodoris Karapantsios hat schon ein Patent für eine rotierende Schnellfritteuse eingereicht:
    "Wir können in der halben Zeit frittieren und brauchen ein Drittel weniger Energie. Dafür reicht eine dreifache Erdanziehung aus. Eine Haushaltsfritteuse müsste sich zweimal in der Sekunde drehen, ein Industriegerät sogar nur einmal pro Sekunde. Technisch ist das machbar."
    Und wie schmeckt es?
    Technisch machbar ja. Entscheidend ist aber die Qualität der Kruste. Ihre mechanischen Eigenschaften blieben bei niedrigen Zentrifugen Drehzahlen unverändert, erst bei der sechsfachen Schwerkraft löst sich die Kruste sich vom Rest des Pommes. Und was ist mit dem Geschmack? Karapantsios:
    "Wir hatten keine Gruppe von Geschmacksexperten, aber natürlich waren wir neugierig und haben hineingebissen. Für uns schmeckten sie genau wie normale Pommes."
    Das hilft den Astronauten aber nicht weiter, die müssten ja in der Schwerelosigkeit frittieren. Was dabei passiert wird Thodoris Karapantsios demnächst auf Parabelflügeln überprüfen. Seine Spekulation:
    "Wenn sich die Bläschen nicht ablösen, kann man nicht frittieren, deshalb werden konventionelle Fritteusen nicht funktionieren. Wir müssen nach cleveren Lösungen suchen. Mit unserer neuen, rotierenden Fritteuse sollte man auch im All Pommes herstellen können."