"Ich saß im Auto mit dem Fahrer von der IG Metall, in einem 200er Mercedes, mit runderneuerten Reifen, er fuhr 160 Stundenkilometer, auf der Autobahn nach Bochum, und sollte mich zum nächsten Konzert bringen. Das Autoradio ging, und da hörte ich in den Nachrichten als erste Meldung: Wolf Biermann und so weiter darf nicht zurück. Ausbürgerung. Da wurde mir schwarz vor Augen."
November 1976. Nach zwölf Jahren Auftrittsverbot in der DDR darf der Liedermacher Wolf Biermann auf Einladung der IG Metall zu einer dreiwöchigen Konzertreise in die Bundesrepublik fahren. Am 13. November gibt er sein erstes Konzert in der ausverkauften Kölner Sporthalle. Drei Tage später nutzt das SED-Politbüro die Chance, den unliebsamen Liedermacher endlich loszuwerden: Es bürgert ihn aus der DDR aus. Es hat den Anschein, als sei dieser Beschluss als Reaktion auf das Kölner Konzert gefallen. In Wirklichkeit war die Ausbürgerung seit Jahren geplant.
"Ich ging rüber aus politisch-sentimentalen Gründen. Ich komme ja durch Zufall der Geburt aus einer kommunistischen Arbeiterfamilie. Meine Leute wurden auch umgebracht in der Nazi-Zeit. Meine Mutter hat mich so erzogen. Also war die DDR damals mein Vaterland, im politischen Sinne das Land meines Vaters. Also wollte ich lieber dort leben."
Wolf Biermann, 1936 in Hamburg geboren, übersiedelte als 16-jähriger 1953 in die DDR.
"Weil ich eben so rote Brause im Kopf hatte, kommunistische Ideale, was ich darunter verstand, kam ich dann auch in Konflikt mit den verfluchten stalinistischen Bonzen. Und diese Kritik, die ich ihnen lieferte in Gedichten und Liedern, hat ihnen mehr weh getan als die bürgerliche Kritik, weil sie ja von links kam, von innen sozusagen."
"Was aber ist an Biermann zu verunglimpfen, was er nicht schon selbst verunglimpft hätte? Angeblich haben wir seine Seele, die er als die Seele Francois Villons deklariert, auf der Mauer um West-Berlin erschossen. Was legt er seine Seele zwischen Sozialismus und Imperialismus? "
Horst Sindermann, 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Halle, auf dem berüchtigten 11. Plenum der SED 1965, das Biermanns endgültiges Verbot zur Folge hatte. Im gleichen Jahr eröffnete die Staatssicherheit einen Zentralen Operativen Vorgang wegen "Verdacht der Feindtätigkeit" gegen den Liedermacher.
"Aus den Stasi-Akten 1971: ein Vorschlag des Ministers für Staatssicherheit, Erich Mielke: 'Im Zusammenhang mit dem Vorhaben des Biermann, anlässlich der Aufführung seines Stückes 'Der Dra-Dra' in Göteborg um Ausreise nach Schweden zu ersuchen, wird (…) gebeten zu entscheiden, ob dem Ausreiseantrag stattgegeben werden sollte mit dem Ziel, Biermann nach erfolgter Ausreise die Staatsbürgerschaft der DDR abzuerkennen und seine Rückkehr in die DDR zu unterbinden. (Die rechtlichen Grundlagen und Beweise dafür sind vorhanden.)""
Mielke informierte in diesem streng geheimen Papier SED-Generalsekretär Erich Honecker von dem Plan. Der schrieb auf das Dokument:
""Genosse Mielke - man soll ihm die Ausreise genehmigen.""
Biermanns Reise nach Schweden 1971 wurde nicht genehmigt, vermutlich aus Rücksicht auf außenpolitische Entwicklungen. Erst 1976 wurde der Plan in die Tat umgesetzt.
""Diese Entscheidung wurde auf Grund des Gesetzes über die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik – Staatsbürgerschaftsgesetz – vom 20. Februar 1967, Paragraph 13, nach dem Bürgern wegen grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten die Staatsbürgerschaft der DDR aberkannt werden kann, gefasst.""
Eine Petition von 13 prominenten Künstlern an die Regierung der DDR, die "Maßnahme der Ausbürgerung zu überdenken", löste eine ungeahnte Protestwelle in der DDR aus.
Biermann: ""Natürlich haben sie jetzt im Politbüro immer und immer und stundenlang gesessen und nachgedacht, wie sie jetzt aus der Bredouille rauskommen. Denn es wurde eine Bredouille wegen dieser Protestbewegung in der DDR. Insofern ist es auch falsch, wenn manche Leute behaupten, dass mein Konzert in Köln der Anfang vom Ende der DDR war. Genau gesprochen war es nicht mein Konzert, sondern es war die Protestbewegung gegen meine Ausbürgerung. Auch nicht die Ausbürgerung war es, es war die Protestbewegung in der DDR gegen diese Ausbürgerung."
November 1976. Nach zwölf Jahren Auftrittsverbot in der DDR darf der Liedermacher Wolf Biermann auf Einladung der IG Metall zu einer dreiwöchigen Konzertreise in die Bundesrepublik fahren. Am 13. November gibt er sein erstes Konzert in der ausverkauften Kölner Sporthalle. Drei Tage später nutzt das SED-Politbüro die Chance, den unliebsamen Liedermacher endlich loszuwerden: Es bürgert ihn aus der DDR aus. Es hat den Anschein, als sei dieser Beschluss als Reaktion auf das Kölner Konzert gefallen. In Wirklichkeit war die Ausbürgerung seit Jahren geplant.
"Ich ging rüber aus politisch-sentimentalen Gründen. Ich komme ja durch Zufall der Geburt aus einer kommunistischen Arbeiterfamilie. Meine Leute wurden auch umgebracht in der Nazi-Zeit. Meine Mutter hat mich so erzogen. Also war die DDR damals mein Vaterland, im politischen Sinne das Land meines Vaters. Also wollte ich lieber dort leben."
Wolf Biermann, 1936 in Hamburg geboren, übersiedelte als 16-jähriger 1953 in die DDR.
"Weil ich eben so rote Brause im Kopf hatte, kommunistische Ideale, was ich darunter verstand, kam ich dann auch in Konflikt mit den verfluchten stalinistischen Bonzen. Und diese Kritik, die ich ihnen lieferte in Gedichten und Liedern, hat ihnen mehr weh getan als die bürgerliche Kritik, weil sie ja von links kam, von innen sozusagen."
"Was aber ist an Biermann zu verunglimpfen, was er nicht schon selbst verunglimpft hätte? Angeblich haben wir seine Seele, die er als die Seele Francois Villons deklariert, auf der Mauer um West-Berlin erschossen. Was legt er seine Seele zwischen Sozialismus und Imperialismus? "
Horst Sindermann, 1. Sekretär der SED-Bezirksleitung Halle, auf dem berüchtigten 11. Plenum der SED 1965, das Biermanns endgültiges Verbot zur Folge hatte. Im gleichen Jahr eröffnete die Staatssicherheit einen Zentralen Operativen Vorgang wegen "Verdacht der Feindtätigkeit" gegen den Liedermacher.
"Aus den Stasi-Akten 1971: ein Vorschlag des Ministers für Staatssicherheit, Erich Mielke: 'Im Zusammenhang mit dem Vorhaben des Biermann, anlässlich der Aufführung seines Stückes 'Der Dra-Dra' in Göteborg um Ausreise nach Schweden zu ersuchen, wird (…) gebeten zu entscheiden, ob dem Ausreiseantrag stattgegeben werden sollte mit dem Ziel, Biermann nach erfolgter Ausreise die Staatsbürgerschaft der DDR abzuerkennen und seine Rückkehr in die DDR zu unterbinden. (Die rechtlichen Grundlagen und Beweise dafür sind vorhanden.)""
Mielke informierte in diesem streng geheimen Papier SED-Generalsekretär Erich Honecker von dem Plan. Der schrieb auf das Dokument:
""Genosse Mielke - man soll ihm die Ausreise genehmigen.""
Biermanns Reise nach Schweden 1971 wurde nicht genehmigt, vermutlich aus Rücksicht auf außenpolitische Entwicklungen. Erst 1976 wurde der Plan in die Tat umgesetzt.
""Diese Entscheidung wurde auf Grund des Gesetzes über die Staatsbürgerschaft der Deutschen Demokratischen Republik – Staatsbürgerschaftsgesetz – vom 20. Februar 1967, Paragraph 13, nach dem Bürgern wegen grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten die Staatsbürgerschaft der DDR aberkannt werden kann, gefasst.""
Eine Petition von 13 prominenten Künstlern an die Regierung der DDR, die "Maßnahme der Ausbürgerung zu überdenken", löste eine ungeahnte Protestwelle in der DDR aus.
Biermann: ""Natürlich haben sie jetzt im Politbüro immer und immer und stundenlang gesessen und nachgedacht, wie sie jetzt aus der Bredouille rauskommen. Denn es wurde eine Bredouille wegen dieser Protestbewegung in der DDR. Insofern ist es auch falsch, wenn manche Leute behaupten, dass mein Konzert in Köln der Anfang vom Ende der DDR war. Genau gesprochen war es nicht mein Konzert, sondern es war die Protestbewegung gegen meine Ausbürgerung. Auch nicht die Ausbürgerung war es, es war die Protestbewegung in der DDR gegen diese Ausbürgerung."