Beim Schreiben, beim Werfen, beim Essen mit Stäbchen sind die meisten Menschen festgelegt: entweder nutzen sie immer die rechte oder immer die linke Hand. In vielen anderen Situationen geht es flexibler zu. Welche Hand den Fahrtstuhlknopf drückt, ob der rechte oder linke Zeigefinger auf etwas Überraschendes zeigt, das ist im Grunde egal. Solche Situationen interessieren Flavio Oliveira. Der Psychologe von der Universität in Berkeley ist davon überzeugt, dass sich große psychologische Theorien am besten an solch einfachen Beispielen erproben lassen.
Über die alltägliche Wahl der Hand will er ganz allgemein verstehen, wie das Gehirn Entscheidungen und Handlungen organisiert. Da gibt es zwei Modelle.
"Die traditionelle Psychologie geht davon aus, dass die einzelnen Schritte hintereinander ablaufen. Zuerst wird auf höherer Ebene die Entscheidung gefällt, dann wird ein Handlungsplan entworfen und am Ende ausgeführt. Wir dagegen gehen davon aus, dass auf einer unteren Ebene verschiedene Handlungspläne parallel aktiviert werden. Sie treten in Wettstreit wie bei einem Pferderennen und wenn ein Pferd gewinnt, wird diese Handlung ausgeführt und die andere blockiert."
Beide Modelle klingen plausibel. Flavio Oliveira hat sie jetzt dem Praxistest unterzogen. Seine Versuchspersonen sollten nach Lichtpunkten greifen, die auf einem Tisch im Halbkreis aufleuchteten. Welche Hand sie benutzen wollten, war ihnen freigestellt. Wenig überraschend entschieden sich alle dafür, die Punkte am linken Rand mit der linken Hand zu greifen und rechte Punkte mit rechts. Interessant waren die Lichtpunkte in der Mitte. In den vielen Versuchsdurchläufen nutzen die Probanden mal die eine und mal die andere Hand. In diese freie Entscheidung griff Flavio Oliveira mit der Trankskraniellen Magnetstimulation ein. Dabei stört ein schnell schwingendes Magnetfeld für kurze Zeit die Aktivität in einem eng begrenzten Hirnareal. Das hat keinen dauerhaften Einfluss auf die Persönlichkeit, führt aber durchaus zu erhellenden kurzfristigen Veränderungen im Verhalten. Konkret setzte Flavio Oliveira die Magnet Spule auf eine Stelle oben hinten am Schädel, die als Posteriorer Parietaler Cortex, kurz PPC bekannt ist.
"Der PPC hat etwas mit der Orientierung im Raum und der Planung von Bewegungen zu tun. Wir wollten wissen, ob er auch an der Entscheidung beteiligt ist, welche Hand man einsetzt."
Im Gehirn ist die Bewegungskontrolle spiegelverkehrt organisiert. Also die linke Hirnseite ist für die rechte Hand zuständig. Als Flavio Oliveira die Magnet Spule an der linken Seite ansetzte, nutzen die Versuchspersonen ihre rechte Hand seltener. Der Effekt ist so groß nicht. Statt beide Hände gleich häufig zu verwenden, griffen die Probanden 13,5 Prozent häufiger mit links zu, also statt 50/50 im Verhältnis 44/56. Den Teilnehmern selbst fiel gar nicht auf, dass sich ihr Verhalten leicht verändert hatte. Aber Flavio Oliveira kann aus der kleinen Abweichung weitgehende Schlüsse ziehen.
"Wenn eine Entscheidung zuerst in höheren Denkregionen gefällt und dann entsprechend nur eine Handlung geplant und ausgeführt würde, dann könnte die Magnetspule die Bewegung vielleicht verzögern, aber die Entscheidung nicht ändern. Anders wenn es wirklich einen Wettkampf zwischen den beiden Händen gibt. Wird die eine künstlich gebremst, dann hat die andere Hand eine bessere Chance, zu gewinnen. Und genau das beobachten wir: die Wahl der Hand wird durch die Magnetspule beeinflusst."
Wie der Wettkampf im Gehirn organisiert wird, ob es um die Zahl der beteiligten Nervenzellen geht oder um ihre Aktivität, das ist unklar. Das Experiment legt aber nahe, dass zumindest bei dieser einfachen Wahl das Gehirn Entscheidungen nicht hierarchisch von oben nach unten verordnet, sondern auf einer unteren Eben die verschiedenen Möglichkeiten gegeneinander antreten lässt.
"Wahrscheinlich werden viele Entscheidungen so gefällt, wie wir das bei unserem einfachen Modell gesehen haben. Nicht nur bei der Frage der Hand, sondern zum Bespiel auch bei der Wahl, welches von mehreren Objekten gegriffen werden soll. Oder denken Sie an viel komplexere Entscheidungen, in welches Restaurant Sie gehen. Die verschiedenen Möglichkeiten könnten in einem Wettkampf treten, der weit unterhalb der Ebene des rationalen Denkens liegt. Und die Entscheidung entwickelt sich in diesem Wettkampf."
Chinese oder Pizzeria? Ente Süß-Sauer aktiviert mehr Geschmacksneuronen. Der Italiener liegt um die Ecke und regt eingeschliffene Bewegungsmuster an. Die Entscheidung erfolgt dann fast schon demokratisch im freien Spiel der Nervenkräfte. Wenn, ja wenn nicht doch noch höhere Hirnzentren eingreifen, an den wichtigen Termin erinnern, und die Schritte Richtung Kantine lenken.
Über die alltägliche Wahl der Hand will er ganz allgemein verstehen, wie das Gehirn Entscheidungen und Handlungen organisiert. Da gibt es zwei Modelle.
"Die traditionelle Psychologie geht davon aus, dass die einzelnen Schritte hintereinander ablaufen. Zuerst wird auf höherer Ebene die Entscheidung gefällt, dann wird ein Handlungsplan entworfen und am Ende ausgeführt. Wir dagegen gehen davon aus, dass auf einer unteren Ebene verschiedene Handlungspläne parallel aktiviert werden. Sie treten in Wettstreit wie bei einem Pferderennen und wenn ein Pferd gewinnt, wird diese Handlung ausgeführt und die andere blockiert."
Beide Modelle klingen plausibel. Flavio Oliveira hat sie jetzt dem Praxistest unterzogen. Seine Versuchspersonen sollten nach Lichtpunkten greifen, die auf einem Tisch im Halbkreis aufleuchteten. Welche Hand sie benutzen wollten, war ihnen freigestellt. Wenig überraschend entschieden sich alle dafür, die Punkte am linken Rand mit der linken Hand zu greifen und rechte Punkte mit rechts. Interessant waren die Lichtpunkte in der Mitte. In den vielen Versuchsdurchläufen nutzen die Probanden mal die eine und mal die andere Hand. In diese freie Entscheidung griff Flavio Oliveira mit der Trankskraniellen Magnetstimulation ein. Dabei stört ein schnell schwingendes Magnetfeld für kurze Zeit die Aktivität in einem eng begrenzten Hirnareal. Das hat keinen dauerhaften Einfluss auf die Persönlichkeit, führt aber durchaus zu erhellenden kurzfristigen Veränderungen im Verhalten. Konkret setzte Flavio Oliveira die Magnet Spule auf eine Stelle oben hinten am Schädel, die als Posteriorer Parietaler Cortex, kurz PPC bekannt ist.
"Der PPC hat etwas mit der Orientierung im Raum und der Planung von Bewegungen zu tun. Wir wollten wissen, ob er auch an der Entscheidung beteiligt ist, welche Hand man einsetzt."
Im Gehirn ist die Bewegungskontrolle spiegelverkehrt organisiert. Also die linke Hirnseite ist für die rechte Hand zuständig. Als Flavio Oliveira die Magnet Spule an der linken Seite ansetzte, nutzen die Versuchspersonen ihre rechte Hand seltener. Der Effekt ist so groß nicht. Statt beide Hände gleich häufig zu verwenden, griffen die Probanden 13,5 Prozent häufiger mit links zu, also statt 50/50 im Verhältnis 44/56. Den Teilnehmern selbst fiel gar nicht auf, dass sich ihr Verhalten leicht verändert hatte. Aber Flavio Oliveira kann aus der kleinen Abweichung weitgehende Schlüsse ziehen.
"Wenn eine Entscheidung zuerst in höheren Denkregionen gefällt und dann entsprechend nur eine Handlung geplant und ausgeführt würde, dann könnte die Magnetspule die Bewegung vielleicht verzögern, aber die Entscheidung nicht ändern. Anders wenn es wirklich einen Wettkampf zwischen den beiden Händen gibt. Wird die eine künstlich gebremst, dann hat die andere Hand eine bessere Chance, zu gewinnen. Und genau das beobachten wir: die Wahl der Hand wird durch die Magnetspule beeinflusst."
Wie der Wettkampf im Gehirn organisiert wird, ob es um die Zahl der beteiligten Nervenzellen geht oder um ihre Aktivität, das ist unklar. Das Experiment legt aber nahe, dass zumindest bei dieser einfachen Wahl das Gehirn Entscheidungen nicht hierarchisch von oben nach unten verordnet, sondern auf einer unteren Eben die verschiedenen Möglichkeiten gegeneinander antreten lässt.
"Wahrscheinlich werden viele Entscheidungen so gefällt, wie wir das bei unserem einfachen Modell gesehen haben. Nicht nur bei der Frage der Hand, sondern zum Bespiel auch bei der Wahl, welches von mehreren Objekten gegriffen werden soll. Oder denken Sie an viel komplexere Entscheidungen, in welches Restaurant Sie gehen. Die verschiedenen Möglichkeiten könnten in einem Wettkampf treten, der weit unterhalb der Ebene des rationalen Denkens liegt. Und die Entscheidung entwickelt sich in diesem Wettkampf."
Chinese oder Pizzeria? Ente Süß-Sauer aktiviert mehr Geschmacksneuronen. Der Italiener liegt um die Ecke und regt eingeschliffene Bewegungsmuster an. Die Entscheidung erfolgt dann fast schon demokratisch im freien Spiel der Nervenkräfte. Wenn, ja wenn nicht doch noch höhere Hirnzentren eingreifen, an den wichtigen Termin erinnern, und die Schritte Richtung Kantine lenken.