Regisseur Matti Geschonneck, der in wenigen Wochen 60 Jahre alt wird, dreht gerne Krimis. Sicher eine kluge Entscheidung, ist Deutschland doch ein Land von Krimisüchtigen. Krimis weisen bei Matti Geschonneck aber fast immer über den reinen Genrefilm hinaus. So auch "Das Ende einer Nacht", ein spannender Gerichtsthriller, der gleichzeitig eine kluge Reflexion über die Wahrheit selbst ist. Barbara Auer spielt die Richterin, Matthias Brandt ihren justizkritischen Ehemann.
Filmausschnitt
Auer:
"Ich habe keine Meinung, ich bilde mir eine Meinung."
Brandt:
"Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Unbewusst unterscheiden wir Menschen unsere Artgenossen in Sekundenbruchteilen in gut und böse. Das haben wir schon als Höhlenmenschen gelernt."
Auer:
"Ja, aber irgendwann wurden aus den Höhlenmenschen ja auch mal Richter am Landgericht."
Brandt:
"Das sind Höhlenmenschen, die Jura studiert haben. Dann ziehen sie eine Robe an und wissen alles besser."
Worum geht es im Film? Der reiche Düsseldorfer Unternehmer Werner Lamberg, gespielt vom kommenden Dortmunder "Tatort"-Kommissar Jörg Hartmann, wird beschuldigt, seine Frau verprügelt und vergewaltigt zu haben. Es soll nicht das erste Mal gewesen sein. Dafür gibt es zwar keine Zeugen, doch viele blutige Beweise sprechen eine deutliche Sprache.
Während sich Richterin Katarina Weiss auf einen vermeintlich eindeutigen Prozess vorbereitet, beauftragt der Angeklagte eine sündhaft teure Erfolgskanzlei aus Berlin mit seiner Verteidigung. Zum Prozess geschickt wird die brillante Anwältin Eva Hartmann gespielt von Ina Weisse. Der Film ist das Duell dieser beiden Frauen.
Filmausschnitt
Weisse:
"Er hat mich vom Esstisch bis zum Kamin durch das halbe Haus geprügelt. Das waren Frau Lambergs Worte hier im Gericht, in der Nacht am Telefon und bei der Polizei."
Auer:
"Ja. Das nennt man konsistentes Aussageverhalten."
Weisse:
"Das nennt man wortwörtliche Wiederholungen und damit ein klares Indiz für ein auswendig gelerntes Aussageverhalten."
Auer:
"Sie wollen behaupten, dass Frau Lamberg diese Vergewaltigung nur inszeniert hat? Sie wissen aber schon, wie klein der Anteil falscher Beschuldigungen bei Vergewaltigungen ist? Er liegt bei drei Prozent."
Weisse:
"Das ist nicht bewiesen. Und weder Sie noch ich wissen, ob wir dazu gehören oder nicht."
Geschonnecks Film ist brillant geschrieben, gespielt und - gerade im Gericht - extrem spannend fotografiert. Dazu weist er über die übliche Tätersuche eines Kriminalfilms hinaus. "Das Ende einer Nacht" ist eine Reflexion über die Wahrheit. Zwei Versionen von ihr werden im Gericht erzählt. Dabei verschiebt sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine davon die richtige ist, im Laufe der 90 Minuten immer wieder. Drehbuchautor Magnus Vattrodt:
"Normalerweise reicht mir ja eine Wahrheit im Film. Wenn ich den Film gesehen habe, weiß ich am Ende, was vor dem Film passiert ist. Diesen Film habe ich so gebaut, dass ich immer mit zwei Realitäten im Hintergrund arbeiten musste. Ich musste immer die Geschichte so erzählen, dass sowohl in der einen Variante 'er ist unschuldig' der Film funktioniert, als auch in der anderen Variante 'er ist schuldig'. Matti hat mal den schönen Begriff geprägt vom Fernsehen für Erwachsene, was wir da machen - und das ist so."
Filmausschnitt
Auer:
""Die werden auf alles schießen, was sich bewegt, bis von der Wahrheit nichts mehr übrig ist."
Assistentin:
"Das wird schon, der Beweislage gegen Lamberg gebe ich neun von zehn Punkten."
Auer:
""Ach ja, und wer sagt Ihnen, dass das reicht?"
In Matti Geschonnecks Film muss der Zuschauer einiges verkraften: die Ambivalenz zweier Wahrheiten, einen fiesen Angeklagten, der eventuell unschuldig ist, eine kühle Anwältin, deren Job es ist, dass sie die Wahrheit nicht zu interessieren hat und eine scheinbar gute Richterin, die mit ihrer eigenen Fehlbarkeit konfrontiert wird. Auch beim Drehen des Films bestand die besondere Herausforderung darin, mit diesen Ambivalenzen leben und arbeiten zu können. Dazu Schauspielerin Barbara Auer.
"Ich habe kein einziges Mal versucht zuzulassen, mir zu sagen: Ich glaub', er ist es oder er ist es nicht. Weder in der Vorbereitung noch während des Spiels. Sondern mir das irgendwie verbeten. Und gleichzeitig empfindet man trotzdem eine Sympathie oder Antipathie und - man musste sich da rein begeben und es war irgendwann ein Selbstgänger. Es hat was mit einem gemacht."
"Das Ende einer Nacht" ist ein TV-Rätsel für Erwachsene, ein ambitioniertes und gleichzeitig spannendes Stück Fernsehen. In jeglicher Hinsicht eine Wohltat für die deutsche TV-Primetime. Doch - hat der Film auch eine Botschaft?
"Nee, Botschaft hat er für mich nicht. Das wäre zu einfach. Weil es so komplex ist. Letztendlich macht es mit einem das, was auch bei der Kachelmann-Geschichte war: Jeder hat etwas geglaubt. Jeder hatte eine Meinung, man konnte sich dessen gar nicht erwehren. Plötzlich hat man auch eine Meinung gehabt - oder so. Aber wir wissen es überhaupt nicht. Es muss etwas beurteilt werden oder jemand verurteilt werden, aber eigentlich - man kann es nicht. Man bleibt mit dem zurück - vielleicht auch mit dem Unbehagen oder dem Nichtwissen."
Filmausschnitt
Weisses Assistent:
"War er's oder war's nicht?"
Weisse:
"Sagen Sie's mir!"
Assistent:
"Ich, wieso ich? Ich bin Anwalt, was interessiert mich die Wahrheit?"
Weisse:
"Ihnen steht eine große Zukunft bevor!"
Filmausschnitt
Auer:
"Ich habe keine Meinung, ich bilde mir eine Meinung."
Brandt:
"Das ist ein weit verbreiteter Irrtum. Unbewusst unterscheiden wir Menschen unsere Artgenossen in Sekundenbruchteilen in gut und böse. Das haben wir schon als Höhlenmenschen gelernt."
Auer:
"Ja, aber irgendwann wurden aus den Höhlenmenschen ja auch mal Richter am Landgericht."
Brandt:
"Das sind Höhlenmenschen, die Jura studiert haben. Dann ziehen sie eine Robe an und wissen alles besser."
Worum geht es im Film? Der reiche Düsseldorfer Unternehmer Werner Lamberg, gespielt vom kommenden Dortmunder "Tatort"-Kommissar Jörg Hartmann, wird beschuldigt, seine Frau verprügelt und vergewaltigt zu haben. Es soll nicht das erste Mal gewesen sein. Dafür gibt es zwar keine Zeugen, doch viele blutige Beweise sprechen eine deutliche Sprache.
Während sich Richterin Katarina Weiss auf einen vermeintlich eindeutigen Prozess vorbereitet, beauftragt der Angeklagte eine sündhaft teure Erfolgskanzlei aus Berlin mit seiner Verteidigung. Zum Prozess geschickt wird die brillante Anwältin Eva Hartmann gespielt von Ina Weisse. Der Film ist das Duell dieser beiden Frauen.
Filmausschnitt
Weisse:
"Er hat mich vom Esstisch bis zum Kamin durch das halbe Haus geprügelt. Das waren Frau Lambergs Worte hier im Gericht, in der Nacht am Telefon und bei der Polizei."
Auer:
"Ja. Das nennt man konsistentes Aussageverhalten."
Weisse:
"Das nennt man wortwörtliche Wiederholungen und damit ein klares Indiz für ein auswendig gelerntes Aussageverhalten."
Auer:
"Sie wollen behaupten, dass Frau Lamberg diese Vergewaltigung nur inszeniert hat? Sie wissen aber schon, wie klein der Anteil falscher Beschuldigungen bei Vergewaltigungen ist? Er liegt bei drei Prozent."
Weisse:
"Das ist nicht bewiesen. Und weder Sie noch ich wissen, ob wir dazu gehören oder nicht."
Geschonnecks Film ist brillant geschrieben, gespielt und - gerade im Gericht - extrem spannend fotografiert. Dazu weist er über die übliche Tätersuche eines Kriminalfilms hinaus. "Das Ende einer Nacht" ist eine Reflexion über die Wahrheit. Zwei Versionen von ihr werden im Gericht erzählt. Dabei verschiebt sich die Wahrscheinlichkeit, dass eine davon die richtige ist, im Laufe der 90 Minuten immer wieder. Drehbuchautor Magnus Vattrodt:
"Normalerweise reicht mir ja eine Wahrheit im Film. Wenn ich den Film gesehen habe, weiß ich am Ende, was vor dem Film passiert ist. Diesen Film habe ich so gebaut, dass ich immer mit zwei Realitäten im Hintergrund arbeiten musste. Ich musste immer die Geschichte so erzählen, dass sowohl in der einen Variante 'er ist unschuldig' der Film funktioniert, als auch in der anderen Variante 'er ist schuldig'. Matti hat mal den schönen Begriff geprägt vom Fernsehen für Erwachsene, was wir da machen - und das ist so."
Filmausschnitt
Auer:
""Die werden auf alles schießen, was sich bewegt, bis von der Wahrheit nichts mehr übrig ist."
Assistentin:
"Das wird schon, der Beweislage gegen Lamberg gebe ich neun von zehn Punkten."
Auer:
""Ach ja, und wer sagt Ihnen, dass das reicht?"
In Matti Geschonnecks Film muss der Zuschauer einiges verkraften: die Ambivalenz zweier Wahrheiten, einen fiesen Angeklagten, der eventuell unschuldig ist, eine kühle Anwältin, deren Job es ist, dass sie die Wahrheit nicht zu interessieren hat und eine scheinbar gute Richterin, die mit ihrer eigenen Fehlbarkeit konfrontiert wird. Auch beim Drehen des Films bestand die besondere Herausforderung darin, mit diesen Ambivalenzen leben und arbeiten zu können. Dazu Schauspielerin Barbara Auer.
"Ich habe kein einziges Mal versucht zuzulassen, mir zu sagen: Ich glaub', er ist es oder er ist es nicht. Weder in der Vorbereitung noch während des Spiels. Sondern mir das irgendwie verbeten. Und gleichzeitig empfindet man trotzdem eine Sympathie oder Antipathie und - man musste sich da rein begeben und es war irgendwann ein Selbstgänger. Es hat was mit einem gemacht."
"Das Ende einer Nacht" ist ein TV-Rätsel für Erwachsene, ein ambitioniertes und gleichzeitig spannendes Stück Fernsehen. In jeglicher Hinsicht eine Wohltat für die deutsche TV-Primetime. Doch - hat der Film auch eine Botschaft?
"Nee, Botschaft hat er für mich nicht. Das wäre zu einfach. Weil es so komplex ist. Letztendlich macht es mit einem das, was auch bei der Kachelmann-Geschichte war: Jeder hat etwas geglaubt. Jeder hatte eine Meinung, man konnte sich dessen gar nicht erwehren. Plötzlich hat man auch eine Meinung gehabt - oder so. Aber wir wissen es überhaupt nicht. Es muss etwas beurteilt werden oder jemand verurteilt werden, aber eigentlich - man kann es nicht. Man bleibt mit dem zurück - vielleicht auch mit dem Unbehagen oder dem Nichtwissen."
Filmausschnitt
Weisses Assistent:
"War er's oder war's nicht?"
Weisse:
"Sagen Sie's mir!"
Assistent:
"Ich, wieso ich? Ich bin Anwalt, was interessiert mich die Wahrheit?"
Weisse:
"Ihnen steht eine große Zukunft bevor!"