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Reformation in Serie
Luthers Thesen - neu gelesen (61)

Die Historikerin Katharina Kunter, der islamische Theologe Mouhanad Khorchide und der Schriftsteller Bruno Preisendörfer kommentieren Luthers 61. These.

11.09.2017
    These 61: "Es ist klar, dass für den Erlass von Strafen und von ihm vorbehaltenen Fällen allein die Vollmacht des Papstes genügt."
    Katharina Kunter, Historikerin: "Ja diese These kann man so lesen, dass eigentlich man dann auch keinen Tetzel, keinen Ablassprediger überhaupt braucht, denn der einzige, der die Strafen im Fegefeuer sühnen kann, ist der Papst und dafür reicht allein die Vollmacht des Papstes."
    Mouhanad Khorchide, islamischer Theologe: "Moment, es ist nur Gott überlassen, irgendwelche Sünden zu erlassen. Gott ist gerecht und lässt sich auch nicht bestechen durch ein paar Gebete oder durch Geld oder was immer. Sondern der Mensch selbst muss schauen, dass er das, was er heute und hier auf der Erde falsch gemacht hat, dass er selbst das wieder gut macht und nicht erwartet, dass Gott willkürlich handeln wird und Ungerechtigkeit einfach zulassen wird – auch nicht im Jenseits. Mein Name ist Mouhanad Khorchide, ich bin Professor für Islamische Religionspädagogik an der Universität Münster."
    Bruno Preisendörfer, Schriftsteller: "Der Papst ist nur zum Erlass von Strafen fähig, die er aus eigener Macht und Kraft erlassen hat. Luther kann das nicht oft genug wiederholen. Übrigens merkt man an dieser Redundanz, dass die Thesen eine Reihe bilden, kein System. Also genaugenommen sind es eher Parolen."
    Kunter: "Luther argumentiert ja dann immer wieder, dass der Papst keine Vollmacht über den Tod danach hat und möglicherweise nimmt er das hier als Argument, um zu sagen: Na ja, dann brauchen wir das auch überhaupt nicht. Spricht aber vielleicht auch noch ein bisschen Vertrauen auf den Papst in dieser These."
    Konzeption und Realisierung: Christiane Florin, Andreas Main, Christian Röther, Simonetta Dibbern