Wenn es nicht diesen kleinen deutsch-bulgarischen Skandal gegeben hätte, müsste sie uns vielleicht gar nicht interessieren, die umstrittene bulgarische Theaterreform, die trotz vehementer Schauspielerproteste soeben in Kraft trat. Denn nüchtern betrachtet war sie in ihrem Ansatz, den noch immer bestehenden Wasserkopf der Verwaltungen zu verschlanken, richtig. Zusammenlegung von Theatern und Theaterformationen auch gegen kleinlichen Ensemble-Egoismus, gemeinsame Verwaltung von Provinzbühnen nach dem deutschen Intendanzsystem, Belohnung von Eigeninitiative der Theaterleitung und Erhöhung ihrer Eigenverantwortung durch die autonome Verwaltung staatlicher Subventionen und erzielter Einnahmen - all dies waren längst fällige Schritte.
Wenzeslav Kissjov, Direktor der Komödie "Tränen und Gelächter" in Sofia, findet jedoch, dass das Ministerium übers Ziel hinaus schießt, wenn es Bühnen wie der seinen, die das Verlangte mit der höchsten Refinanzierungsquote aller bulgarischen Bühnen längst mehr als umsetzen, durch Zusammenlegung mit der staatlichen Vorzeigebühne Nummer eins, dem Wasov-Theater, jede Motivation für Eigeninitiative nimmt. Aus Kissjovs Sicht ist es also Hohn, wenn Dimiter Todorov, der stellvertretende Kulturminister, erklärt: "Bisher haben wir Institute und Personen finanziert; von nun an wollen wir Aktivität fördern."
Die Zeitspanne bis zum Inkrafttreten der Reform hatte das Kulturministerium genutzt, um - solange es dies noch über die Köpfe der Direktoren vor Ort hinweg tun konnte - 73 der insgesamt 310 Schauspieler, Sänger und Angestellten der Städtischen Bühnen der Schwarzmeerstadt Warna zu entlassen, einschließlich der beiden Leiter. Begründung: Durch die bevorstehende Zusammenlegung von Oper und Theater, die im selben Haus spielen, könnten sie eingespart werden.
In den herbstlichen Proteststurm der Entlassenen platzte die einwöchige Gastspielreise des Theaters Osnabrück, das seit 2008 eine intensive Zusammenarbeit mit der bulgarischen Donaustadt Russe betreibt. Am 12. September kamen die Osnabrücker mit ihrer Inszenierung von Fassbinders "Katzelmacher" nach Warna und - waren schockiert. Nicht nur vom Zustand des Theatersaals; den konnten sie sich noch erklären, als sie erfuhren, dass der Zuschuss vom Ministerium nicht einmal für die Begleichung der monatlichen Stromrechnung reicht. Nein, was sie entrüstete war, dass das bulgarische Kulturministerium seine Maßnahmen, auch die Entlassungen, damit begründete, seine Reformen nach deutschem Muster ausgearbeitet zu haben. Die Osnabrücker berichteten dies dem Deutschen Bühnenverein, und bereits zwei Tage später, am 14. September, sandte dessen Vorstand eine Protestnote an das bulgarische Kulturministerium.
Dies befand sich auch so schon in einer alles andere als beneidenswerten Lage. Die bulgarische Regierung wollte nach ihren Budgetberatungen für den Staatshaushalt 2011 die ohnehin kärglichen Mittel für Kultur von kaum 45 Millionen Euro um ganze 20 Prozent kürzen. Dies, und nicht das Gesetz über die Umstrukturierung und Reformierung der bulgarischen Bühnenlandschaft, war auch der Grund für die Entlassungsmaßnahmen in Warna. Immerhin: nach einer Intervention Minister Weshdi Raschidovs bei Premierminister Borissov Ende des Jahres wurden zumindest die Mittelkürzungen wieder rückgängig gemacht, und zur Beruhigung der Gemüter verlautete aus dem Ministerium, das erste Quartal 2011 möge als Probezeit betrachtet werden; danach werde es Anpassungen geben.
Was dem bulgarischen Kulturministerium vorzuwerfen ist, ist etwas ganz anderes. Es fordert von den Intendanten Strategien zur Akquise von Drittmitteln durch Public-private-Partnerships und europäische Fördergelder, hat aber selbst keine Kulturentwicklungsstrategie vorzuweisen und geht auch nicht selbst mit gutem Beispiel voran.
Ein Blick in die Budgetposten des staatlichen Kulturetats zeigt, dass für die internationale kulturelle Zusammenarbeit nur klägliche 75.000 Euro bereitstehen. Der Gedanke, dass die Förderung grenzüberschreitender kultureller Kooperationen sich auszahlen könnte, scheint den Staatsbeamten entweder noch nicht gekommen zu sein oder sie nicht zu interessieren. Dabei zeigt das Beispiel der Zusammenarbeit Russe-Osnabrück, wie bereitwillig etwa die Kulturstiftung des Bundes sogar ohne finanzielles Mittun der Gegenseite Projekte von erwiesener Nachhaltigkeit fördert.
Wenzeslav Kissjov, Direktor der Komödie "Tränen und Gelächter" in Sofia, findet jedoch, dass das Ministerium übers Ziel hinaus schießt, wenn es Bühnen wie der seinen, die das Verlangte mit der höchsten Refinanzierungsquote aller bulgarischen Bühnen längst mehr als umsetzen, durch Zusammenlegung mit der staatlichen Vorzeigebühne Nummer eins, dem Wasov-Theater, jede Motivation für Eigeninitiative nimmt. Aus Kissjovs Sicht ist es also Hohn, wenn Dimiter Todorov, der stellvertretende Kulturminister, erklärt: "Bisher haben wir Institute und Personen finanziert; von nun an wollen wir Aktivität fördern."
Die Zeitspanne bis zum Inkrafttreten der Reform hatte das Kulturministerium genutzt, um - solange es dies noch über die Köpfe der Direktoren vor Ort hinweg tun konnte - 73 der insgesamt 310 Schauspieler, Sänger und Angestellten der Städtischen Bühnen der Schwarzmeerstadt Warna zu entlassen, einschließlich der beiden Leiter. Begründung: Durch die bevorstehende Zusammenlegung von Oper und Theater, die im selben Haus spielen, könnten sie eingespart werden.
In den herbstlichen Proteststurm der Entlassenen platzte die einwöchige Gastspielreise des Theaters Osnabrück, das seit 2008 eine intensive Zusammenarbeit mit der bulgarischen Donaustadt Russe betreibt. Am 12. September kamen die Osnabrücker mit ihrer Inszenierung von Fassbinders "Katzelmacher" nach Warna und - waren schockiert. Nicht nur vom Zustand des Theatersaals; den konnten sie sich noch erklären, als sie erfuhren, dass der Zuschuss vom Ministerium nicht einmal für die Begleichung der monatlichen Stromrechnung reicht. Nein, was sie entrüstete war, dass das bulgarische Kulturministerium seine Maßnahmen, auch die Entlassungen, damit begründete, seine Reformen nach deutschem Muster ausgearbeitet zu haben. Die Osnabrücker berichteten dies dem Deutschen Bühnenverein, und bereits zwei Tage später, am 14. September, sandte dessen Vorstand eine Protestnote an das bulgarische Kulturministerium.
Dies befand sich auch so schon in einer alles andere als beneidenswerten Lage. Die bulgarische Regierung wollte nach ihren Budgetberatungen für den Staatshaushalt 2011 die ohnehin kärglichen Mittel für Kultur von kaum 45 Millionen Euro um ganze 20 Prozent kürzen. Dies, und nicht das Gesetz über die Umstrukturierung und Reformierung der bulgarischen Bühnenlandschaft, war auch der Grund für die Entlassungsmaßnahmen in Warna. Immerhin: nach einer Intervention Minister Weshdi Raschidovs bei Premierminister Borissov Ende des Jahres wurden zumindest die Mittelkürzungen wieder rückgängig gemacht, und zur Beruhigung der Gemüter verlautete aus dem Ministerium, das erste Quartal 2011 möge als Probezeit betrachtet werden; danach werde es Anpassungen geben.
Was dem bulgarischen Kulturministerium vorzuwerfen ist, ist etwas ganz anderes. Es fordert von den Intendanten Strategien zur Akquise von Drittmitteln durch Public-private-Partnerships und europäische Fördergelder, hat aber selbst keine Kulturentwicklungsstrategie vorzuweisen und geht auch nicht selbst mit gutem Beispiel voran.
Ein Blick in die Budgetposten des staatlichen Kulturetats zeigt, dass für die internationale kulturelle Zusammenarbeit nur klägliche 75.000 Euro bereitstehen. Der Gedanke, dass die Förderung grenzüberschreitender kultureller Kooperationen sich auszahlen könnte, scheint den Staatsbeamten entweder noch nicht gekommen zu sein oder sie nicht zu interessieren. Dabei zeigt das Beispiel der Zusammenarbeit Russe-Osnabrück, wie bereitwillig etwa die Kulturstiftung des Bundes sogar ohne finanzielles Mittun der Gegenseite Projekte von erwiesener Nachhaltigkeit fördert.