Der Hanover Square, mitten in London, Designer-Geschäfte und teure Antiquitäten-Läden reihen sich hier Tür an Tür. Die grün lackierte Holzhütte am Straßenrand passt da eigentlich gar nicht ins Bild. Das kleine Haus mit dem Giebeldach ist so groß wie ein Bauwagen - und wer durch eine schmale Holztür eintritt, der steht sofort mitten in einer engen Küche.
"Heute gibt es Rochen, Krabben, Schweinebraten oder Omelettes - und hier, meine Angestellte bereitet gerade ein spätes Frühstück vor, mit Wurst, Schinken und Ei."
Feye Olson rührt am Herd in einem Suppentopf. Die resolute, Kette rauchende Schottin mit dem ausgebleichten Haar betreibt diese Kantine für Taxifahrer seit 15 Jahren.
"Was die Taxifahrer hier kriegen ist anderes als in normalen Restaurants, es ist Mittagessen wie zuhause. Normale Passanten darf ich nur draußen am Fenster bedienen. Wenn Sie hier rein wollen und sich da an den Tisch sitzen, müssen Sie Taxifahrer sein. Da brauchen Sie das grüne Abzeichen der Londoner Cab Driver."
Wer in dieser Hütte mitten in London aufs Essen wartet, dem schenkt Faye aus einer großen Kanne starken, schwarzen Tee ein. Es ist ein ständiges Kommen und gehen - an einem der drei schmalen Holztische sitzt John, ein stämmiger Mann mit offenem Hemd, der viel lacht - und der seit 23 Jahren in London Taxi fährt.
"Du willst einfach nicht jeden Tag zu McDonald’s gehen, sondern auch mal was Ordentliches essen, deshalb komme ich hier hin. Außerdem erfahre ich hier von meinen Kollegen interessante Neuigkeiten - über Baustellen oder neue Ampelschaltungen. Es ist immer nett hier - so ein bisschen wie im Pub. Nur, dass es kein Bier gibt."
In dem kleinen Raum riecht es nach Bratenfett, der Linoleum-Boden ist abgetreten und auf den Regalen über dem Herd liegt eine Staubschicht. Aber für die Männer hier ist diese Hütte eine Art Refugium.
"Wenn Sie jeden Tag neun, zehn Stunden am Lenkrad sitzen, staut sich einiges an, sagt ein Fahrer, der gerade reinkommt. Wir reden ja im Taxi nicht mit jedem, den wir rumfahren. Aber hier, im Shelter, gibt es immer jemanden mit dem man plaudern kann."
Diese Küchenhäuser für Taxifahrer heißen in London "Cabmen’s Shelter", auf Deutsch etwa "Taxifahrer-Unterkunft". Fast alle sind über 100 Jahre alt. Kutschenfahrer sollten in diesen Häuschen endlich eine geregelte Mahlzeit bekommen. Mehr als 60 davon gab es mal in London, alle in dem gleichen dunklen grün gestrichen. Elf sind übrig geblieben, heute stehen sie alle unter Denkmalschutz.
"Sie dürfen in dieser Hütte nichts verändern, " sagt Feye, die Köchin. "Wenn Sie hier ohne Erlaubnis an den Holzwänden rumschrauben, bekommen Sie sofort Ärger mit der britischen Denkmalbehörde. Gucken Sie sich dieses kleine Fensterscharnier an. Wenn das kaputt geht, dann wird es zu einem Spezialschlosser geschickt, der fertigt ein neues an. Fast alles an dieser Hütte ist original 19. Jahrhundert - Dach, Wände und Fenster."
Nach und nach bekommen die Fahrer ihr Essen. Es sind große, deftige Portionen, Fish and Chips oder Rostbraten - bei einigen tropft die Bratensoße über den Tellerrand. Keiner hier zahlt mehr als fünf Euro, Tee und Kaffee gibt es inklusive. So günstig isst man sonst nirgendwo in der Londoner Innenstadt. Feye und ihre litauische Angestellte verkaufen außerdem zwischendurch immer wieder Sandwichs und Kaffee durch das kleine Fenster an Passanten draußen auf dem Bürgersteig.
"Es ist sehr harte Arbeit. Wir sind beide 13 Stunden am Tag auf den Beinen. Wir fangen um fünf Uhr morgens an und nachmittags machen wir hier allein sauber. Andere Cafes haben einfach mehr Angestellte, deshalb sind sie wahrscheinlich teurer. Hier in diese Hütte passen einfach nicht mehr Angestellte rein."
Allerdings gibt in London nicht mehr viele Wirte und Köche, die sich für so eine leicht angestaubte Kantine im Bauwagen-Format interessieren. Deshalb könnten die Tage dieser Holzhütten bald gezählt sein, einfach weil sich keine Pächter mehr finden.
"Es wäre schade, wenn solche Küchen für uns Taxifahrer irgendwann verschwinden, sagt einer der Männer. Ich meine, diese Hütten wurden vor 100 Jahren gebaut, damit die Londoner Droschkenfahrer nicht ständig im Pub landen und Bier trinken. Sie sind seitdem zu einem netten Treffpunkt geworden, eine Art ‘Private Club‘ nur für Taxifahrer."
An der privaten Atmosphäre hier am Hanover Square soll sich allerdings fürs Erste nichts ändern. Vor zwei Jahren war Prince Charles zu Gast, der wurde noch reingelassen und hat eine Stunde lang Tee getrunken. Aber als kürzlich der britische Prominenten-Koch Jamie Oliver angeklopft hat, weil er in der Holzhütte eine Fernseh-Show drehen wollte, da hat Faye ihn gleich wieder rausgeschickt. Zumindest wenn sie mittags Rostbraten und Spiegeleier essen, bleiben Londons Taxifahrer lieber unter sich.
"Heute gibt es Rochen, Krabben, Schweinebraten oder Omelettes - und hier, meine Angestellte bereitet gerade ein spätes Frühstück vor, mit Wurst, Schinken und Ei."
Feye Olson rührt am Herd in einem Suppentopf. Die resolute, Kette rauchende Schottin mit dem ausgebleichten Haar betreibt diese Kantine für Taxifahrer seit 15 Jahren.
"Was die Taxifahrer hier kriegen ist anderes als in normalen Restaurants, es ist Mittagessen wie zuhause. Normale Passanten darf ich nur draußen am Fenster bedienen. Wenn Sie hier rein wollen und sich da an den Tisch sitzen, müssen Sie Taxifahrer sein. Da brauchen Sie das grüne Abzeichen der Londoner Cab Driver."
Wer in dieser Hütte mitten in London aufs Essen wartet, dem schenkt Faye aus einer großen Kanne starken, schwarzen Tee ein. Es ist ein ständiges Kommen und gehen - an einem der drei schmalen Holztische sitzt John, ein stämmiger Mann mit offenem Hemd, der viel lacht - und der seit 23 Jahren in London Taxi fährt.
"Du willst einfach nicht jeden Tag zu McDonald’s gehen, sondern auch mal was Ordentliches essen, deshalb komme ich hier hin. Außerdem erfahre ich hier von meinen Kollegen interessante Neuigkeiten - über Baustellen oder neue Ampelschaltungen. Es ist immer nett hier - so ein bisschen wie im Pub. Nur, dass es kein Bier gibt."
In dem kleinen Raum riecht es nach Bratenfett, der Linoleum-Boden ist abgetreten und auf den Regalen über dem Herd liegt eine Staubschicht. Aber für die Männer hier ist diese Hütte eine Art Refugium.
"Wenn Sie jeden Tag neun, zehn Stunden am Lenkrad sitzen, staut sich einiges an, sagt ein Fahrer, der gerade reinkommt. Wir reden ja im Taxi nicht mit jedem, den wir rumfahren. Aber hier, im Shelter, gibt es immer jemanden mit dem man plaudern kann."
Diese Küchenhäuser für Taxifahrer heißen in London "Cabmen’s Shelter", auf Deutsch etwa "Taxifahrer-Unterkunft". Fast alle sind über 100 Jahre alt. Kutschenfahrer sollten in diesen Häuschen endlich eine geregelte Mahlzeit bekommen. Mehr als 60 davon gab es mal in London, alle in dem gleichen dunklen grün gestrichen. Elf sind übrig geblieben, heute stehen sie alle unter Denkmalschutz.
"Sie dürfen in dieser Hütte nichts verändern, " sagt Feye, die Köchin. "Wenn Sie hier ohne Erlaubnis an den Holzwänden rumschrauben, bekommen Sie sofort Ärger mit der britischen Denkmalbehörde. Gucken Sie sich dieses kleine Fensterscharnier an. Wenn das kaputt geht, dann wird es zu einem Spezialschlosser geschickt, der fertigt ein neues an. Fast alles an dieser Hütte ist original 19. Jahrhundert - Dach, Wände und Fenster."
Nach und nach bekommen die Fahrer ihr Essen. Es sind große, deftige Portionen, Fish and Chips oder Rostbraten - bei einigen tropft die Bratensoße über den Tellerrand. Keiner hier zahlt mehr als fünf Euro, Tee und Kaffee gibt es inklusive. So günstig isst man sonst nirgendwo in der Londoner Innenstadt. Feye und ihre litauische Angestellte verkaufen außerdem zwischendurch immer wieder Sandwichs und Kaffee durch das kleine Fenster an Passanten draußen auf dem Bürgersteig.
"Es ist sehr harte Arbeit. Wir sind beide 13 Stunden am Tag auf den Beinen. Wir fangen um fünf Uhr morgens an und nachmittags machen wir hier allein sauber. Andere Cafes haben einfach mehr Angestellte, deshalb sind sie wahrscheinlich teurer. Hier in diese Hütte passen einfach nicht mehr Angestellte rein."
Allerdings gibt in London nicht mehr viele Wirte und Köche, die sich für so eine leicht angestaubte Kantine im Bauwagen-Format interessieren. Deshalb könnten die Tage dieser Holzhütten bald gezählt sein, einfach weil sich keine Pächter mehr finden.
"Es wäre schade, wenn solche Küchen für uns Taxifahrer irgendwann verschwinden, sagt einer der Männer. Ich meine, diese Hütten wurden vor 100 Jahren gebaut, damit die Londoner Droschkenfahrer nicht ständig im Pub landen und Bier trinken. Sie sind seitdem zu einem netten Treffpunkt geworden, eine Art ‘Private Club‘ nur für Taxifahrer."
An der privaten Atmosphäre hier am Hanover Square soll sich allerdings fürs Erste nichts ändern. Vor zwei Jahren war Prince Charles zu Gast, der wurde noch reingelassen und hat eine Stunde lang Tee getrunken. Aber als kürzlich der britische Prominenten-Koch Jamie Oliver angeklopft hat, weil er in der Holzhütte eine Fernseh-Show drehen wollte, da hat Faye ihn gleich wieder rausgeschickt. Zumindest wenn sie mittags Rostbraten und Spiegeleier essen, bleiben Londons Taxifahrer lieber unter sich.