Ausgerechnet am Tag der Veranstaltung ist der Dalai Lama in Berlin. Die drei chinesischen Diskutanten, die über chinesische Öffentlichkeit und Medien im Olympiajahr sprechen sollen, wirken zerknirscht. Das ist ein Thema, über das sie nicht reden wollen. Wang Keqin erklärt, warum.
"Es ist so, Themen wie Minderheiten, Religion und Militär, das sind die Tabuthemen für normale Medien, die kann man überhaupt nicht anfassen."
Dennoch gibt es investigativen Journalismus im Reich der Mitte. Und zwar auf lokaler Ebene. Üblich ist es, dass Reporter sich lokale Themen in Nachbarprovinzen suchen, weil sie so dem direkten Zugriff der betroffenen Unternehmen und Behörden entgehen. Dennoch verlangt die investigative Vorgehensweise von Journalisten in China noch mehr Fingerspitzengefühl als in stabilen Demokratien. In Wangs Augen haben sich die chinesischen Medien zwar von Propagandamethoden verabschiedet, doch könne von freier Berichterstattung keine Rede sein.
"Chinesische Journalisten müssen Reife und Weisheit mitbringen und einschätzen können, was nicht nur die Öffentlichkeit interessiert, sondern in welchen Bereichen die Regierung Freiräume gestattet. Nur dann kann man tiefer recherchieren und trotzdem für sich und seine Arbeitgeber in Sicherheit handeln."
Wang scheint ein Meister darin zu sein, diese Spielräume auszuloten. Sonst wäre es ihm nicht gelungen, zahlreiche Korruptionsskandale in seiner Heimat aufzudecken - und dabei am Leben zu bleiben. Wie geschickt er vorgeht, erklärt der 43-Jährige anhand eines Falls, den er 2002 in der "China Economic Times" publizierte. Darin enthüllt Wang die Monopolstellung in der Taxibranche Pekings. Der Artikel sei schon ein halbes Jahr früher fertig gewesen, sagt Wang. Aber dieser Zeitpunkt sei für die Veröffentlichung zu heikel gewesen.
"Weil damals der Pekinger Parteisekretär auf der Zentralebene sprich Politbüro befördert werden sollte, und zwar auf dem 16. Parteitag. Außerdem sollte auf diesem Parteitag eine Reform des aktuellen Verwaltungssystems beschlossen werden. Und die Monopolstellung in der Taxibranche ist ein Fall, der dahinein gehört. Also haben wir den Parteitag abgewartet und dann publiziert. Es gab trotzdem viel Ärger, aber von der obersten Ebene wurde der Artikel anerkannt. Deswegen waren wir sicher."
An einigen Geschichten arbeitet Wang gemeinsam mit ausländischen Korrespondenten. Deren Arbeitsmethoden seien für ihn sehr aufschlussreich, sagt Wang. Aber er habe auch eine Diskrepanz bemerkt zwischen seinen eigenen hohen Ansprüchen an die Objektivität der Berichterstattung und denen seiner ausländischen Kollegen. Oftmals brächten diese zu wenig Geduld und Ausdauer mit für eine umfassende Recherche, es fehle ihnen an Hartnäckigkeit, um Informationen aus erster Hand zu finden.
"Professionalität spielt beim investigativen Journalismus in China eine wichtige Rolle. Leider habe ich den Eindruck, dass manche ausländische Kollegen, auch die aus Europa, mit Vorurteilen kommen. Sie haben schon eine Meinung und gehen mit dieser Meinung an die konkreten Fälle heran. Das finde ich beunruhigend. Die Verpflichtung zur Wahrheit ist unsere Berufsethik."
Ein Thema, das ihm am Herzen liegt. Deshalb engagiert sich der Chefreporter der Pekinger Wirtschaftszeitung "China Economic Times" in der Journalistenausbildung. Er gibt Seminare an der Universität und unterstützt junge Berufsanfänger. Stolz ist Wang darauf, dass die chinesischen Medien jetzt so transparent über das Erdbeben berichten. Und die Olympischen Spiele, so glaubt er, werden eine weitere Öffnung für westliche Standards mit sich bringen.
"Langfristig wird China dadurch noch offener. Für chinesische Journalisten stößt Olympia ein Fenster zur Welt auf. Wir lernen sie kennen und können dadurch auch über nationale Themen hinaus berichten. Durch die Olympischen Spiele ist die chinesische Gesellschaft außerdem noch stärker polarisiert. Insofern wird es interessante Geschichten geben. Olympia ist ein durchweg positives Ereignis für das Medienwesen und den Journalismus in China."
Für ausländische Korrespondenten wurde im vergangenen Jahr ein Gesetz zur Recherchefreiheit erlassen, das Erleichterung bei der Berichterstattung bringt. Nur, so berichtet ein deutscher Journalist, habe BOCOG, das Komitee, das für die Vergabe der Visa entscheidet, schriftliche Angaben von ihm eingefordert. Über Interviewpartner, Ort und Zeitpunkt der Gespräche. Es ist noch ein langer Weg zur Pressefreiheit in China.
"Es ist so, Themen wie Minderheiten, Religion und Militär, das sind die Tabuthemen für normale Medien, die kann man überhaupt nicht anfassen."
Dennoch gibt es investigativen Journalismus im Reich der Mitte. Und zwar auf lokaler Ebene. Üblich ist es, dass Reporter sich lokale Themen in Nachbarprovinzen suchen, weil sie so dem direkten Zugriff der betroffenen Unternehmen und Behörden entgehen. Dennoch verlangt die investigative Vorgehensweise von Journalisten in China noch mehr Fingerspitzengefühl als in stabilen Demokratien. In Wangs Augen haben sich die chinesischen Medien zwar von Propagandamethoden verabschiedet, doch könne von freier Berichterstattung keine Rede sein.
"Chinesische Journalisten müssen Reife und Weisheit mitbringen und einschätzen können, was nicht nur die Öffentlichkeit interessiert, sondern in welchen Bereichen die Regierung Freiräume gestattet. Nur dann kann man tiefer recherchieren und trotzdem für sich und seine Arbeitgeber in Sicherheit handeln."
Wang scheint ein Meister darin zu sein, diese Spielräume auszuloten. Sonst wäre es ihm nicht gelungen, zahlreiche Korruptionsskandale in seiner Heimat aufzudecken - und dabei am Leben zu bleiben. Wie geschickt er vorgeht, erklärt der 43-Jährige anhand eines Falls, den er 2002 in der "China Economic Times" publizierte. Darin enthüllt Wang die Monopolstellung in der Taxibranche Pekings. Der Artikel sei schon ein halbes Jahr früher fertig gewesen, sagt Wang. Aber dieser Zeitpunkt sei für die Veröffentlichung zu heikel gewesen.
"Weil damals der Pekinger Parteisekretär auf der Zentralebene sprich Politbüro befördert werden sollte, und zwar auf dem 16. Parteitag. Außerdem sollte auf diesem Parteitag eine Reform des aktuellen Verwaltungssystems beschlossen werden. Und die Monopolstellung in der Taxibranche ist ein Fall, der dahinein gehört. Also haben wir den Parteitag abgewartet und dann publiziert. Es gab trotzdem viel Ärger, aber von der obersten Ebene wurde der Artikel anerkannt. Deswegen waren wir sicher."
An einigen Geschichten arbeitet Wang gemeinsam mit ausländischen Korrespondenten. Deren Arbeitsmethoden seien für ihn sehr aufschlussreich, sagt Wang. Aber er habe auch eine Diskrepanz bemerkt zwischen seinen eigenen hohen Ansprüchen an die Objektivität der Berichterstattung und denen seiner ausländischen Kollegen. Oftmals brächten diese zu wenig Geduld und Ausdauer mit für eine umfassende Recherche, es fehle ihnen an Hartnäckigkeit, um Informationen aus erster Hand zu finden.
"Professionalität spielt beim investigativen Journalismus in China eine wichtige Rolle. Leider habe ich den Eindruck, dass manche ausländische Kollegen, auch die aus Europa, mit Vorurteilen kommen. Sie haben schon eine Meinung und gehen mit dieser Meinung an die konkreten Fälle heran. Das finde ich beunruhigend. Die Verpflichtung zur Wahrheit ist unsere Berufsethik."
Ein Thema, das ihm am Herzen liegt. Deshalb engagiert sich der Chefreporter der Pekinger Wirtschaftszeitung "China Economic Times" in der Journalistenausbildung. Er gibt Seminare an der Universität und unterstützt junge Berufsanfänger. Stolz ist Wang darauf, dass die chinesischen Medien jetzt so transparent über das Erdbeben berichten. Und die Olympischen Spiele, so glaubt er, werden eine weitere Öffnung für westliche Standards mit sich bringen.
"Langfristig wird China dadurch noch offener. Für chinesische Journalisten stößt Olympia ein Fenster zur Welt auf. Wir lernen sie kennen und können dadurch auch über nationale Themen hinaus berichten. Durch die Olympischen Spiele ist die chinesische Gesellschaft außerdem noch stärker polarisiert. Insofern wird es interessante Geschichten geben. Olympia ist ein durchweg positives Ereignis für das Medienwesen und den Journalismus in China."
Für ausländische Korrespondenten wurde im vergangenen Jahr ein Gesetz zur Recherchefreiheit erlassen, das Erleichterung bei der Berichterstattung bringt. Nur, so berichtet ein deutscher Journalist, habe BOCOG, das Komitee, das für die Vergabe der Visa entscheidet, schriftliche Angaben von ihm eingefordert. Über Interviewpartner, Ort und Zeitpunkt der Gespräche. Es ist noch ein langer Weg zur Pressefreiheit in China.