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Reifen
Runderneuern schont die Umwelt

Nach 60.000 Kilometern ist es zumeist soweit: Die Reifen am Auto sind abgefahren. Viele Verbraucher greifen dann zu neuen teuren Produkten. Dabei kann jeder Reifen runderneuert und mindestens ein zweites Mal verwendet werden. Das gilt sogar für Winterreifen.

Von Susanne Lettenbauer | 02.01.2014
    Es riecht nach heißem Gummi und Maschinenöl. In der Werkstatt von Heinz Laatsch im Münchner Süden hängen an den Wänden oder auf Ständern Reifen in allen Größen. LKW, Motorrad, PKW. Von einigen wurde bereits das Profil entfernt, im Fachjargon - "abgerauht":
    "Also das hier ist ein runderneuerter Reifen, ein Laie kann ihn nicht unterscheiden heutzutage vom Design her. Er sieht von Wulst zu Wulst genauso aus wie ein Neureifen, wird dann so bearbeitet wie hier, wird abgerauht, wird dann belegt, wird dann hier in der Heizform geheizt, das ist meistens eine Vollform und er kommt dann so gepresst wieder raus."
    Dass PKW-Besitzer ihre Reifen professionell wieder erneuern lassen können für rund die Hälfte des Preises eines Neureifens, wissen nur wenige. Händler weisen darauf meist wegen fehlender Gewinnspanne nicht hin, auch wenn sie Altreifen zur Runderneuerung annehmen müssen bei Nachfrage. Diese landen dann in Werkstätten wie der von Heinz Laatsch, werden auf verdeckte Risse und Fehler überprüft und komplett erneuert:
    "Den Rohling machen wir hier, das ist dieser hier, der wird also abgerauht, dann komm der Rohlaufstreifen drauf, das ist Gummi, das merkt man auch, wenn man es reindrückt, das ist ganz normales Rohmaterial. Und das zerfließt dann in der Form. Man muss sich das so ein bisschen vorstellen wie beim Kuchenbacken, wenn der Kuchen aufgeht, wenn hier praktisch Backpulver dabei ist, so ungefähr muss ich mir das vorstellen."
    Die Reifenmechaniker unterscheiden zwei Arten der Restrukturierung: die Kalt- und die Heißerneuerung. Für die Energie intensivere Heiß-Variante benötigt die Werkstatt überdimensionale Backformen, in denen das vorher individuell gewählte Profil mit dem abgerauhten Reifen verbunden wird.
    Außer Fahrradreifen kann alles runderneuert werden
    Bei der Wahl der Kalterneuerung sinken die Energiekosten deutlich. Denn für Heißerneuerung benötigt der Reifenmechaniker mehr wie 145 Grad Celsius anstelle von 95 Grad.
    "Bei den kalterneuerten Reifen ist der Laufstreifen schon fertig, der ist schon vulkanisiert, dann kommt nur noch zwischen Laufstreifen ein kleiner Gummi, der das mit der gerauten Fläche verbindet. Und bei der Heißerneuerung ist das hier alle komplett Rohmaterial, das heißt, ich brauche eine Form, um das zu heizen."
    Kunden können bei der Wahl der Reifen sofort erkennen, ob es sich um Neureifen handelt oder um wiederverwendete. Bei PKW tragen Runderneuerte das Kürzel EC 108, bei LKW EC 109.
    Dass die Runderneuerten genauso sicher sind wie Neue zeigt die Tatsache, dass im Luftverkehr die Reifen bis zu zehn Mal runderneuert werden, also die meisten Flugzeuge mit erneuerten Reifen unterwegs sind. LKW-Reifen können bis zu dreimal wiederverwendet werden:
    "Alle werden runderneuert, das Einzige was nicht runderneuert wird ist der Fahrradreifen, also da braucht man nicht zu diskutieren, das geht wirklich nicht, aber Motorräder werden runderneuert in einigen Ländern, wir persönlich hier beziehen uns mehr auf LKW und PKW, Heißerneuerung und Kalterneuerung. Kommt drauf an, welche Technik genutzt wird."
    Runderneuerte Reifen sparen Ressourcen, für sie wird nur halb so viel Erdöl gebraucht wie für Neue. Auch der Anschaffungspreis liegt um die Hälfte niedriger wie beim Neureifen:
    "Für den Runderneuerer ist es positiv, für unsere Ressourcen ist es positiv, denn es wird so sein, dass wir nicht immer diese Dinge haben werden, das heißt, wir können den Reifen leider nicht recyceln, das heißt, wir können ihn nur runderneuern, wir können das alte wegnehmen und nur neues ersetzen, dadurch sparen wir a) eine Menge Geld und b) wird es sicherlich nochmal eine große Renaissance geben, wo die Leute wieder zurückkommen auf den runderneuerten Reifen."
    Bislang entscheiden sich nur wenige Kunden für den wieder verwendeten erneuerten Reifen. In Deutschland gibt es deshalb von ehemals 200 spezialisierte Firmen nur noch 70. Mit steigenden Marktpreisen wird sich das jedoch bald ändern, ist Laatsch überzeugt.

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