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Reimportarzneimittel ab 1.4.2002 im Handel

In der Theorie scheint der Plan des Bundesgesundheitsministeriums genial einfach und einfach genial: Ein Medikament, welches in Deutschland 20 Euro kostet - in Portugal oder Frankreich aber für 10 oder 15 Euro zu haben ist, wird von der Apotheke nicht mehr beim Hersteller eingekauft, sondern vom Reimporteur bezogen. Der Patient bekommt - weil auch alle Reimporte dem Arzneimittelgesetz entsprechen müssen - nach deutschen Zulassungskriterien geprüfte Pillen - die Krankenkasse spart aber Geld.

Wolfgang Nitschke |
    Ob sich diese Regelung aber auch in der Praxis als so genial erweiset, wie in der Theorie, wird von der Bundesapothekerkammer aus mehreren Gründen bezweifelt. Erstens kann man nämlich nur Reimportieren, was in anderen Ländern zu viel auf dem Markt ist und die Pharmafirmen haben schon angekündigt keine Überschussware mehr in die Billigländer zu liefern. Zweitens können die Reimpotfirmen nicht vorhersagen, welche Medikamente sie wann billiger einkaufen können. Wenn beispielsweise in Deutschland eine Grippewelle ist, heißt das noch lange nicht, dass es in Griechenland oder Spanien Überschüsse an billigem Hustensaft zu kaufen gibt und ob die Krankenkassen auf Dauer tatsächlich Geld sparen ist ebenfalls nicht sicher. Seit das Bundesgesundheitsministerium die Importquoten bekannt gegeben hat, sind die Preise für die ausländische Ware in der Tat um bis zu 50 Prozent angestiegen.

    Trotz aller Proteste - in der Apotheke bekommt man jetzt Kopfschmertabletten, die in Kyrillischen Buchstaben beschriftet sind, die seit Jahren geschluckten Pillen sind plötzlich nicht mehr rot sondern gelb, weil die Pharmafirma z.B. in Frankreich eben mehr gelbe und keine roten Pillen verkaufen, und es kann auch sein, dass in der Packung angeschnittene Pillenstreifen zu finden sind. Dies liegt daran, dass die Packungsgrößen in Deutschland und dem Ausland unterschiedlich sind - der Reimporteur aber deutsche Normen verwenden muss. Verwirrung bei den Patienten ist nach Meinung des Kammerpräsidenten vorprogrammiert - obwohl es eigentlich ja egal ist, ob die Pille rot oder gelb ist - Hauptsache der Wirkstoff ist identisch:

    Auch weil es da noch etwas kurioses zu berichten gibt - selbst wenn Wirkstoff, Packung und Farbe eines Medikamentes identisch sind, kann je nach Herkunftsland eine bittere Pille oder eine süße Köstlichkeit drinstecken.

    Viele Patienten werden ihr Missfallen über das Reimportgesetzt sicher den Apothekern kundtun - obwohl die überhaupt nicht dafür verantwortlich sind und sowieso schon zu den Verlierern der Neuregelung gehören. Egal nämlich ob ein Apotheker überhaupt genug Reimportmedikamente auf dem Markt bekommen kann oder nicht - Monat für Monat wird überprüft, ob er auch seine Quote erfüllt hat - wenn nicht, wird er zur Kasse gebeten und muss den Preisunterschied zu den teureren deutschen Arzneimitteln selber bezahlen.