Der Filmregisseur Ralf Huettner ist ein Routinier für das in Deutschland nicht sonderlich geliebte Genre Komödie. In sein, und als Regisseur vielleicht sogar unterschätzt. Jetzt kommt sein neuer Film ins Kino, "Vincent will meer" mit zwei "e", und wieder geht es um ein bizarres Syndrom. Josef Schnelle mit der Filmkritik.
Komödien um Autisten, Behinderte und Zwangsneurotiker haben sich inzwischen zu einem veritablen Filmgenre ausgewachsen, seit Dustin Hoffman in "Rainman" alle Flugzeugabstürze herbeten konnte und es außerdem mit seinem genervten Filmbruder Tom Cruise einigermaßen aushielt. In diesem deutschen Film leidet Vincent am Tourette-Syndrom, bei dem die Patienten immer wieder in unkontrollierte obszöne Schimpftiraden ausbrechen. In einer idyllisch gelegenen Klinik in den bayrischen Voralpen versucht eine resolute Ärztin, ihn etwas brachial von seinen Tics zu heilen.
Vincent ist ins Heim geraten, weil er ausgerechnet beim Begräbnis seiner Mutter ins laute Verwünschen geraten ist. Nun will ihn sein Vater, längst mit einer anderen Frau zusammen und nur noch peinlich berührt, loswerden. Doch allzu lange hält es Vincent nicht in der Klinik aus und er findet in Marie, die sich vor ihren Problemen in die Magersucht geflüchtet hat, bald eine Mitstreiterin bei dem Versuch zu fliehen.
Hauptdarsteller Florian David Fitz, bekannt als überdrehter Werbefuzzi aus der etwas zu oberflächlichen erfolgreichen Beziehungskomödie "Männerherzen", schrieb sich das Drehbuch selbst auf den Leib. Und er zeigt eine völlig andere Seite von sich. Als Darsteller schafft er es in "Vincent will meer" auch jeglicher Peinlichkeit der Pointen zu entgehen. Schließlich spielt er die Identifikationsfigur des Films. Seinen Tourette bezeichnet Vincent als Clown im Kopf, der ihn immer dazu zwingt, das zu tun, was er gerade am Wenigsten gebrauchen kann. Bei der kleinen Reisegesellschaft dieses Roadmovies ist noch ein Dritter im Bunde, der Zwangsneurotiker Alexander. Vincent will übrigens ans Meer, weil er dort die Asche seiner kürzlich verstorbenen Mutter verstreuen möchte. Und natürlich will auch er "mehr" vom Leben, was die mitklingende Nebenbedeutung des Titels verspricht. Und so verliebt er sich bald in Marie und er will ihr helfen aus der Falle ihrer Anorexie herauszukommen. Vincents Vater, der die Krankheit seines Sohnes zugunsten seiner politischen Karriere gerne total verdrängen möchte, hat sich schon zusammen mit der Klinikärztin an die Verfolgung der Ausreißer gemacht. Auch er wird dazu lernen müssen. Diese beiden parallelen "kleinen Fluchten" erzählen Geschichten von Reifeprozessen. Es ist ein sehr dünnes Eis auf dem sich Regisseur Huettner, der im deutschen Kino als einer der am heftigsten unterschätzten Routiniers gelten darf, bewegt. Er trotzte sogar Harald Juhnke eine politische Komödie über den Rechtsradikalismus ab: 1992 mit "Der Papagei". Huettner ist ein leicht und locker inszenierter und doch vielschichtiger Film gelungen: ein tragisches Familiendrama und dann doch wieder eine erstaunlich gut funktionierende Komödie. Das Leben als ewige und manchmal erfolgreiche Suche nach dem Schönen und Wahren. Auf dem Weg ans Meer geraten die Helden dieses Films immer häufiger aneinander. Sie müssen Konflikte miteinander austragen und an Grenzen gehen. Ganz ohne Verletzungen geht es dabei nicht ab.
Trotzdem schaffen es die drei bis zum Gipfelkreuz eines Alpenriesen und darüber hinaus ans Meer bei San Vincente. Dorthin noch einmal zu kommen, das hatte sich Vincents Mutter sehnlichst gewünscht. Doch Ralf Huettner geht sorgsam mit der schön fotografierten Natursymbolik um. Sie ist ein solider filmischer Untergrund, wird aber nie über gebühr ausgereizt. Und wenn die drei ganz oben auf dem großen Gipfelkreuz sitzen, eine der schönen Bilderfindungen des Regisseurs, dann wissen wir schon: Diese Reise ist gut ausgegangen. Alle haben hinzugelernt, wie sich das in einem Roadmovie gehört. Reisen bildet - zumindest im Kino.
Komödien um Autisten, Behinderte und Zwangsneurotiker haben sich inzwischen zu einem veritablen Filmgenre ausgewachsen, seit Dustin Hoffman in "Rainman" alle Flugzeugabstürze herbeten konnte und es außerdem mit seinem genervten Filmbruder Tom Cruise einigermaßen aushielt. In diesem deutschen Film leidet Vincent am Tourette-Syndrom, bei dem die Patienten immer wieder in unkontrollierte obszöne Schimpftiraden ausbrechen. In einer idyllisch gelegenen Klinik in den bayrischen Voralpen versucht eine resolute Ärztin, ihn etwas brachial von seinen Tics zu heilen.
Vincent ist ins Heim geraten, weil er ausgerechnet beim Begräbnis seiner Mutter ins laute Verwünschen geraten ist. Nun will ihn sein Vater, längst mit einer anderen Frau zusammen und nur noch peinlich berührt, loswerden. Doch allzu lange hält es Vincent nicht in der Klinik aus und er findet in Marie, die sich vor ihren Problemen in die Magersucht geflüchtet hat, bald eine Mitstreiterin bei dem Versuch zu fliehen.
Hauptdarsteller Florian David Fitz, bekannt als überdrehter Werbefuzzi aus der etwas zu oberflächlichen erfolgreichen Beziehungskomödie "Männerherzen", schrieb sich das Drehbuch selbst auf den Leib. Und er zeigt eine völlig andere Seite von sich. Als Darsteller schafft er es in "Vincent will meer" auch jeglicher Peinlichkeit der Pointen zu entgehen. Schließlich spielt er die Identifikationsfigur des Films. Seinen Tourette bezeichnet Vincent als Clown im Kopf, der ihn immer dazu zwingt, das zu tun, was er gerade am Wenigsten gebrauchen kann. Bei der kleinen Reisegesellschaft dieses Roadmovies ist noch ein Dritter im Bunde, der Zwangsneurotiker Alexander. Vincent will übrigens ans Meer, weil er dort die Asche seiner kürzlich verstorbenen Mutter verstreuen möchte. Und natürlich will auch er "mehr" vom Leben, was die mitklingende Nebenbedeutung des Titels verspricht. Und so verliebt er sich bald in Marie und er will ihr helfen aus der Falle ihrer Anorexie herauszukommen. Vincents Vater, der die Krankheit seines Sohnes zugunsten seiner politischen Karriere gerne total verdrängen möchte, hat sich schon zusammen mit der Klinikärztin an die Verfolgung der Ausreißer gemacht. Auch er wird dazu lernen müssen. Diese beiden parallelen "kleinen Fluchten" erzählen Geschichten von Reifeprozessen. Es ist ein sehr dünnes Eis auf dem sich Regisseur Huettner, der im deutschen Kino als einer der am heftigsten unterschätzten Routiniers gelten darf, bewegt. Er trotzte sogar Harald Juhnke eine politische Komödie über den Rechtsradikalismus ab: 1992 mit "Der Papagei". Huettner ist ein leicht und locker inszenierter und doch vielschichtiger Film gelungen: ein tragisches Familiendrama und dann doch wieder eine erstaunlich gut funktionierende Komödie. Das Leben als ewige und manchmal erfolgreiche Suche nach dem Schönen und Wahren. Auf dem Weg ans Meer geraten die Helden dieses Films immer häufiger aneinander. Sie müssen Konflikte miteinander austragen und an Grenzen gehen. Ganz ohne Verletzungen geht es dabei nicht ab.
Trotzdem schaffen es die drei bis zum Gipfelkreuz eines Alpenriesen und darüber hinaus ans Meer bei San Vincente. Dorthin noch einmal zu kommen, das hatte sich Vincents Mutter sehnlichst gewünscht. Doch Ralf Huettner geht sorgsam mit der schön fotografierten Natursymbolik um. Sie ist ein solider filmischer Untergrund, wird aber nie über gebühr ausgereizt. Und wenn die drei ganz oben auf dem großen Gipfelkreuz sitzen, eine der schönen Bilderfindungen des Regisseurs, dann wissen wir schon: Diese Reise ist gut ausgegangen. Alle haben hinzugelernt, wie sich das in einem Roadmovie gehört. Reisen bildet - zumindest im Kino.