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Renaissance-Musik aus dem "Goldenen Zeitalter"

Wir stellen Ihnen heute Renaissance-Musik aus Spanien mit der Sopranistin Guillemette Laurens und dem Ensemble Unda Maris vor. Erschienen ist die CD beim französischen Label Alpha im Vertrieb von Note 1 unter dem Titel "Ay Luna. Ay Música española del Siglo de Oro”.

Von Christiane Lehnigk |
    Im Studio begrüßt Sie dazu Christiane Lehnigk.

    Musikbeispiel: Venegas de Henestrosa, Antonio Cabezon - Pavana con su glosa


    Es gibt kaum eine Veröffentlichung des kleinen ambitionierten Labels Alpha, bei der es sich nicht um eine qualitativ hochwertige Aufnahme mit einem außergewöhnlichen Repertoire handelt. Die liebevolle Gestaltung der ausführlichen Begleithefte, denen immer ein Gemälde der Zeit zu Seite gestellt wird - in diesem Fall stammt es von El Greco - macht die Produktionen auch optisch ansprechend. Und so wurde die französische Firma bei der diesjährigen MIDEM für ihr Engagement im Bereich der Alten Musik zum Label des Jahres gekürt.

    Und auch bei der hier vorliegenden Einspielung spanischer Renaissance-Musik aus dem "Goldenen Zeitalter" handelt es sich wieder um eine exquisite Aufnahme, in der es den Musikern gelungen ist, ein Stück Musikgeschichte wieder lebendig werden zu lassen.

    In der spanischen Renaissance entwickelte sich die geistliche und die weltliche Musik in unterschiedliche Richtungen, wenn sie sich auch gegenseitig beeinflusste. So wurde in der sakralen Musik ein "europäischer Universalismus" angestrebt, in der die deutschen, flämischen und französischen Einflüsse gleichermaßen Platz fanden. Die "profane" Musik hingegen schöpfte aus der Volksmusik und bewahrte sich ihr hispanisches Idiom.

    Anders als im übrigen Europa war hier in der Instrumentalmusik die Besetzung vorgegebenen und in den Werk-Sammlungen lauten die Angaben jeweils "für Cembalo, Harfe und Vihuela".

    Die musikalischen Formen, die zugrunden liegen, entstammen dabei der Vokalmusik: romance, villancico und cancíon. Das Ensemble Unda Maris hat in dieser Einspielung ein Kaleidoskop der Musik der Zeit zusammengestellt, die von einer melancholischen, aber kraftvollen Stimmung geprägt ist, jedoch nichts mit unserer Vorstellung von Schwermütigkeit gemein hat. Guillemette Laurens trifft dabei mit ihrer klaren, wandlungsfähigen Stimme den richtigen Ton sowohl bei den noblen Romanzen wie bei den rustikaleren Villancicos.

    Die Instrumentalisten gestalten ihren Part stilsicher, mit Freude am Detail und schöpfen das Klangspektrum auf abwechselungsreiche Weise aus.

    Musikbeispiel: Anonymus - Ay luna


    Bei der Besetzung hat das Ensemble Unda Maris, dessen Namen die spanische Bezeichnung der Orgelstimme "vox humana" ist, neben der Harfe und der Vihuela eine Orgel verwendet. Dieses Instrument in der Kirche von Lorris-en-Gâtinais, das zu den ältesten französischen Orgeln gehört, wurde nach historischen Vorlagen rekonstruiert und besitzt noch ein originales Gehäuse aus dem Jahre 1501. Ursprünglich war es wohl ein Instrument in italienischem Stil, das dann nach den Religionskriegen, unter der Regentschaft Heinrich des IV., nach französischen Vorbildern restauriert wurde. Da hierfür noch ein Teil der originalen Pfeifen verwendet wurde und auch Jean Georges Koenig bei seiner Instandsetzung in den 70er Jahren die Bewahrung des historischen Klangs zum Ziel hatte, kann man davon ausgehen, dass die Orgel heute noch ganz ähnlich klingt wie zu Beginn des 16.Jahrhunderts.

    Musikbeispiel: Antonio de Cabézon - Tiento de quarto tono


    Die Kompositionen dieser Neueinspielung mit Musik des spanischen "goldenen Zeitalters" stammen neben Cabézon unter anderem von Mudarra, Narvaéz, Ortiz und Valderrábano, in deren Sammlungen sich die ersten gedruckten Tabulaturen fanden. Bevorzugtes Instrument war hier die "Vihuela", die in Spanien die Funktion der Laute in den übrigen europäischen Ländern hatte.

    Hören Sie hier zum Abschluss noch eine Version der romanesca "Las vacas" von Venegas de Henestrosa, Alonso Mudarra und Luys de Narvaéz sowie anschließend glosas, also eine Art von Variationen, über den Canto llano, eine Form gregorianischen Gesangs, über die "unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria" von Francisco Correa de Arauxo.

    Es singt Guillemette Laurens und es spielen: Damien Colcomb - Orgel, Françoise Johannel - Harfe, Mike Fentross - Vihuela und Francis Lassus - Perkussion.

    Musikbeispiele: a) Venegas de Henestrosa, Alonso Mudarra, Luys de Narváez - Las vacas (romanesca)


    b) Francisco Correa de Arauxo - Todo el mundo en general - Glosas sobre el canto llano