Freitag, 29. März 2024

Archiv

Reportage Masern
"Ich war noch nie so krank in meinem Leben"

Eine Woche musste Murat E. in der Universitätsklinik Köln bleiben. Auf der Isolierstation. Die Diagnose: Masern.

Von Martin Winkelheide | 12.05.2015
    Ein Mann wird gegen Masern geimpft.
    Ein Mann wird gegen Masern geimpft. (picture alliance / dpa / Lukas Schulze)
    "Murat E., ich bin 36. Mich hat es erwischt mit den Masern. Das war sehr überraschend auch für mich. Ich habe mich einfach sehr krank gefühlt. Das hat sich am Anfang angefühlt wie eine normale Grippe, mit Halsschmerzen, sehr starken Halsschmerzen, mit ein wenig Schnupfen, aber ich hab mich krank gefühlt wie noch nie in meinem Leben. Als ich eines Morgens dann - nach dem dritten Tag, glaube ich – mit Flecken im Gesicht aufgewacht bin, da bin ich doch stutzig geworden, dass das doch kein normaler Krankheitsverlauf ist. Dann habe ich es gerade noch so in die Notaufnahme geschafft, und die Ärztin dort hat sich wirklich viel Zeit genommen und mich grundversorgt. Und sie hat dann den Verdacht auf Masern geäußert, und hat mich dann hierher geschickt. Und die Ärzte hier haben das dann auch bestätigt nach einigen Bluttests. Ich wurde dann auch direkt in die Quarantäne gesteckt, war da seitdem auch – eine ganze Woche. Das heißt tatsächlich in einem speziellen Unterdruckzimmer und sehr alleine. Und ich habe die meisten Ärzte und Pflegerinnen und Pfleger immer mit Mundschutz gesehen – also höchste Sicherheitsstufe, habe ich auch so noch nicht erlebt."
    Martin Winkelheide: "Hatten Sie Fieber?"
    "Ich hatte Fieber, ziemlich stark, mit Schweißausbrüchen und dergleichen, und einfach auch totale Mattheit. Also ich konnte nicht wirklich viel. Ich wollte irgendwie auf Klo und dann bin ich dann aufgewacht auf dem Boden liegend, schweißüberströmt, lag da ausgestreckt. So schnell ging das, ich wusste gar nicht, wie das passiert ist."
    Winkelheide: "Man sieht ein bisschen an den Armen noch ... ."
    "Das sind sehr sehr dunkle Flecken, die über den ganzen Körper verteilt sind. Jetzt auch noch, obwohl ich jetzt nicht mehr ansteckend bin. Macht mir noch ein bisschen Sorge, juckt zum Glück nicht, aber es ist sehr auffallend: die Oberarme, auch auf den Oberschenkeln."
    Winkelheide: "Aber die Ärzte haben Sie beruhigen können. Es geht weg ... ."
    "Geht weg, ja. Und das Beste ist, dass es nicht juckt."
    Winkelheide: "Haben Sie eine Idee, wie Sie sich angesteckt haben?"
    "Also, ich habe einen Verdacht, das Ganze hat ja noch eine Vorgeschichte, dass meine kleine Tochter im Kinderkrankenhaus drüben lag, in der Amsterdamer Strasse. Dadurch, dass ganz viele Menschen dorthin kommen, die auch Krankheiten haben, von denen sie keine Ahnung haben, oder vielleicht auch noch nicht wissen, dass es tatsächlich Masern sind, habe ich den großen Verdacht, dass ich es mir dort bei einem Besuch auch irgendwie – wahrscheinlich nicht auf der Station, weil offiziell gibt es dort keinen Masernfall oder gab es dort nicht ... .. Aber man weiß ja nie, wer dort reingekommen ist, und das dann mitschleppt, weil es fühlt sich am Anfang an wie eine Grippe. Man hat Halsschmerzen, wundert sich nicht groß bei, hat ein bisschen Schnupfen, und fühlt sich krank, aber es ist nicht so, dass man direkt den Verdacht hat: ah, oh, ich könnte Masern haben.
    A propos anstecken: Ich habe nicht schlecht gestaunt, als ich gesehen habe in meinem Impfpass, dass ich nicht geimpft bin, auch nicht gegen Mumps und Röteln, das werde ich auch direkt schnell nachholen. Aber auch, wie viele meiner Freunde in meinem Alter das tatsächlich auch nicht sind. Viele müssen erst einmal die Mutter fragen: Hatte ich das? Bin ich geimpft? Viele müssen nachgucken, und es ist bei einigen auch rausgekommen, dass sie einfach noch nicht gegen Masern geimpft sind, so wie ich. Ich wundere mich ja auch: Ich bin hier in Deutschland groß geworden, hatte hier auch einen Kinderarzt, aber in meinem Impfausweis steht das nicht. Ich hab auch gut gestaunt, und werde das natürlich jetzt direkt nachholen."