Archiv


Ringen um den Schutz des Wassers

Umwelt. - In Kioto beginnt heute das dritte Welt-Wasser-Forum. Die Mammutkonferenz mit Tausenden von Delegierten und Beobachtern will sich dem drängendsten Problem des kommenden Jahrhunderts widmen: der Versorgung mit Wasser. Doch damit nach gut acht Tagen Konferenzmarathon mehr als wohlfeile Erklärungen herauskommt, will sich das Forum vornehmlich mit erfolgreichen Beispielen beschäftigen, von denen man lernen kann.

    Von Dagmar Röhrlich

    Der Zugang zu Wasser in ausreichender Menge und ausreichender Qualität wird schon 2025 für ein Drittel der Menschheit ein Problem sein, so prognostizieren die Experten des Welt-Wasserrates. Häufig ist es weniger der Mangel an sich sondern die falsche Verteilung des Wassers, die die Krise hervorruft. Gigantische Bewässerungsprojekte wurden in der Vergangenheit ohne Rücksicht auf Umwelt und andere Nutzer durchgesetzt. Ger Berkamp, Wasserexperte der Internationalen Naturschutzunion IUCN in Genf:

    Ein Beispiel ist der Betrieb von Infrastrukturprojekten wie Dämmen. Da wurden die Entscheidungen gewöhnlich von zentralen Institutionen getroffen, ohne auf die Bedürfnisse der Leute Rücksicht zu nehmen, die stromabwärts lebten. Das ändert sich jetzt, da diese Leute jetzt auch ihre Ansprüche geltend machen, etwa auf Wasser für ihre Fische. Dadurch kann so etwas nicht länger durch eine kleine Gruppe im Elfenbeinturm entschieden werden.

    Die Internationale Naturschutzunion IUCN selbst versucht mit ein paar Projekten zu zeigen, wie man die Sünden der Vergangenheit zumindest lindern kann. Eins davon ist im afrikanischen Sahelstaat Kamerun. Dessen Nordregion liegt am Logone, einem Fluss, der in den Tschadsee fließt. Der Fluss trat einmal im Jahr über die Ufer und versorgte so eine fruchtbare Überflutungsebene mit Nährstoffen und Wasser. In den 70er Jahren wurde der Logone allerdings gestaut, um im trockenen Sahel Wasser für 5000 Hektar -Reisfelder zu bekommen. Ein See entstand – aber Waza Logone, die vormals fruchtbare Ebene flussabwärts, vertrocknete. Wildtiere und Hirten wurden verdrängt. Jean-Yves Pirot, Chef des Wasser- und Feuchtgebietsprogramms bei der IUCN:

    Der Bau dieses Damms am Logone hat dazu geführt, dass eine halbe Million Hektar funktionierender und sehr fruchtbarer Überflutungsebene vertrocknete. Zu allem Überfluss ist mitten drin noch ein bekannter Nationalpark. In den vergangenen zehn Jahren haben wir künstliche Überflutungen ausgelöst, um erst einmal zu sehen, welche Folgen die für die Umwelt haben.

    Für das Pilotprojekt wurden mit dem Bagger kurzzeitig Löcher in den Flussdamm aus Erde gerissen und die Ebene überflutet. Der Erfolg war bemerkenswert. Wo das Wasser regelmäßig hinkam, kehrte die ursprüngliche Vegetation zurück, die Nahrungsgrundlage für Wildtiere und Vieh ist. Pirot:

    Unsere Pilotversuche haben gezeigt, dass nach drei bis vier Jahren die Vegetation mit mehrjährigen Gräsern in 80 Prozent des Gebiets zurückgekommen ist. Und sobald es gutes Weideland gibt, kommen die Nomaden mit ihren Viehherden zurück. Und nach vier bis fünf Jahren nahm auch die Zahl der Wildtiere wieder zu. Die Wildfauna hat ebenso von den Flutungen profitiert wie die Menschen.

    Derzeit verhandelt die IUCN mit der Regierung von Kamerun und westlichen Geldgebern. Eine Investition von etwa zehn Millionen Dollar könnte einer ganzen Region die ursprüngliche Fruchtbarkeit zurückgeben, ohne dass die Reisfelder am Oberlauf aufgegeben werden müssen. Berkamp:

    Es ist dringend erforderlich, von diesen Beispielen zu einem einheitlichen politischen Willen und mehr Durchschlagskraft zu gelangen. Und hier kann das 3. Welt-Wasser-Forum eine Rolle spielen, indem es die Beispiele zusammenträgt und das Anliegen ganz oben auf die politische Agenda setzt.

    Kleine Beispiele wie das aus dem Norden Kameruns sollen in Kyoto Mut machen, die Existenzfrage dieses Jahrhunderts zumindest in Angriff zu nehmen.