Uli Blumenthal: Eine vom Zentrum für Krankheitskontrolle und Vorbeugung (CDC) in den USA entwickelte Labortechnik habe gezeigt, so ein Sprecher der Behörde, , dass die bisherige Annahme von etwa 40.000 Neuinfektionen jährlich viel zu niedrig angesetzt gewesen sei. Herr Winkelheide, wie kommen diese neuen Zahlen zustande?
Martin Winkelheide: Es ist eine Frage der Methodik und der Statistik. Entscheidend war vor allen Dingen, dass neue Bluttests zum Einsatz gekommen sind. Dabei kann man ungefähr bestimmen, wie lange es her sein muss, dass sich jemand mit HIV angesteckt hat. Es ist eine Art genetischer Test. Ich habe hier gestern auch noch einmal einen Vortrag gehört zum Ablauf einer Infektion, was die Wissenschaft hierzu Neues herausgefunden hat. Demnach ist es so, dass bei einer Infektion es so eine Art Flaschenhals gibt - das heißt, bei einem Infizierten gibt es eine große Bandbreite, eine genetische Vielfalt des HI-Virus, das ja sehr wandlungsfähig ist und auch sehr viele Mutationen, also genetische Veränderungen anreichert. Wenn diese infizierte Person, die schon sehr lange infiziert ist, jemand anderes ansteckt, dann tritt in der Regel ein Virus nur über. Das heißt, dieses neue Virus, diese neue Infektion, die Viren, die man dort findet, sind relativ homogen. Die hatten noch keine Zeit, sich sehr stark zu verändern. Und das heißt, wenn man in dem Bluttest dann nachschaut, wie groß ist die genetische Vielfalt der Viren, die man im Blut findet, und man findet eine geringe Vielfalt, dann kann man sagen, diese Infektion muss jünger sein als fünf Monate. Und genau auf diesem Test basieren die neuen Schätzungen der CDC, der Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta.
Blumenthal: Heißt das aber auch, dass die Zahlen nicht nur in den USA, sondern auch weltwei nach oben korrigiert werden müssen?
Winkelheide: Es sind ja in der Regel sowieso Schätzungen. Man kann davon ausgehen, dass stichprobenartig jetzt auch in anderen Ländern mal genau geschaut wird, wie viele Altinfektionen haben wir und wie viele Neuinfektionen haben wir. Ob die Zahlen dann tatsächlich überall nach oben korrigiert werden müssen, ich glaube, das ist fraglich. Was aber natürlich ein Faktor ist, auch in Deutschland zum Beispiel, oder in Holland, also vor allen Dingen in europäischen Ländern, dass es eigentlich entscheidend ist, diese jungen Infektionen früh herauszufinden, denn wer gerade frisch infiziert ist, hat besonders viele Viren im Blut und er ist besonders ansteckend. Und auf diese Zielgruppe muss sozusagen in Zukunft stärker fokussiert werden, sagen hier viele Experten.
Blumenthal: Stecken hinter den neuen Zahlen auch Verschiebungen innerhalb der von HIV betroffenen Bevölkerungsgruppen in den USA?
Winkelheide: Die Verschiebungen sind eher marginal. Es gibt einen leichten Anstieg bei homosexuellen Männern, es haben sich etwas weniger Heterosexuelle angesteckt und etwas weniger Drogennutzer. Aber man muss sagen, die Hauptgruppe hat sich eben nicht verschoben und besonders betroffen in den USA sind eben schwarze Menschen. Es gibt Schätzungen, dass eben 600.000 Schwarze mit HIV in den USA leben und das macht deutlich mehr als die Hälfte der Infizierten aus.
Blumenthal: Das Black Aids-Institute hat eine Initiative gestartet, bis Ende 2009 eine Million Schwarze zu testen. Was ist der Anlass für diese Initiative?
Winkelheide: Das Black Aids-Institute ist ein Think Tank in den USA und sagt, wir können nicht darauf warten. dass der Staat etwas macht, sondern wir müssen unsere eigenen Leute schützen, wir müssen ihnen das Wissen vermitteln, dass es eben wichtig ist, zu wissen, ist man HIV-infiziert oder nicht, um sich selber zu schützen und auch um seine Nächsten zu schützen. Und sie sagen, dieser Aids-Test muss Routine werden, das Leben mit HIV muss enttabuisiert werden und vor allen Dingen muss diese fürchterliche Epidemie unter schwarzen Menschen in den USA aufgehalten werden. Sie sagen, wenn man eine Liste machen würde der am meisten betroffenen Länder und man würde die schwarze Community in den USA als ein Land nehmen, dann würde man auf Platz 16 weltweit landen. Also tatsächlich sind das Zustände wie in Afrika.
Martin Winkelheide: Es ist eine Frage der Methodik und der Statistik. Entscheidend war vor allen Dingen, dass neue Bluttests zum Einsatz gekommen sind. Dabei kann man ungefähr bestimmen, wie lange es her sein muss, dass sich jemand mit HIV angesteckt hat. Es ist eine Art genetischer Test. Ich habe hier gestern auch noch einmal einen Vortrag gehört zum Ablauf einer Infektion, was die Wissenschaft hierzu Neues herausgefunden hat. Demnach ist es so, dass bei einer Infektion es so eine Art Flaschenhals gibt - das heißt, bei einem Infizierten gibt es eine große Bandbreite, eine genetische Vielfalt des HI-Virus, das ja sehr wandlungsfähig ist und auch sehr viele Mutationen, also genetische Veränderungen anreichert. Wenn diese infizierte Person, die schon sehr lange infiziert ist, jemand anderes ansteckt, dann tritt in der Regel ein Virus nur über. Das heißt, dieses neue Virus, diese neue Infektion, die Viren, die man dort findet, sind relativ homogen. Die hatten noch keine Zeit, sich sehr stark zu verändern. Und das heißt, wenn man in dem Bluttest dann nachschaut, wie groß ist die genetische Vielfalt der Viren, die man im Blut findet, und man findet eine geringe Vielfalt, dann kann man sagen, diese Infektion muss jünger sein als fünf Monate. Und genau auf diesem Test basieren die neuen Schätzungen der CDC, der Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta.
Blumenthal: Heißt das aber auch, dass die Zahlen nicht nur in den USA, sondern auch weltwei nach oben korrigiert werden müssen?
Winkelheide: Es sind ja in der Regel sowieso Schätzungen. Man kann davon ausgehen, dass stichprobenartig jetzt auch in anderen Ländern mal genau geschaut wird, wie viele Altinfektionen haben wir und wie viele Neuinfektionen haben wir. Ob die Zahlen dann tatsächlich überall nach oben korrigiert werden müssen, ich glaube, das ist fraglich. Was aber natürlich ein Faktor ist, auch in Deutschland zum Beispiel, oder in Holland, also vor allen Dingen in europäischen Ländern, dass es eigentlich entscheidend ist, diese jungen Infektionen früh herauszufinden, denn wer gerade frisch infiziert ist, hat besonders viele Viren im Blut und er ist besonders ansteckend. Und auf diese Zielgruppe muss sozusagen in Zukunft stärker fokussiert werden, sagen hier viele Experten.
Blumenthal: Stecken hinter den neuen Zahlen auch Verschiebungen innerhalb der von HIV betroffenen Bevölkerungsgruppen in den USA?
Winkelheide: Die Verschiebungen sind eher marginal. Es gibt einen leichten Anstieg bei homosexuellen Männern, es haben sich etwas weniger Heterosexuelle angesteckt und etwas weniger Drogennutzer. Aber man muss sagen, die Hauptgruppe hat sich eben nicht verschoben und besonders betroffen in den USA sind eben schwarze Menschen. Es gibt Schätzungen, dass eben 600.000 Schwarze mit HIV in den USA leben und das macht deutlich mehr als die Hälfte der Infizierten aus.
Blumenthal: Das Black Aids-Institute hat eine Initiative gestartet, bis Ende 2009 eine Million Schwarze zu testen. Was ist der Anlass für diese Initiative?
Winkelheide: Das Black Aids-Institute ist ein Think Tank in den USA und sagt, wir können nicht darauf warten. dass der Staat etwas macht, sondern wir müssen unsere eigenen Leute schützen, wir müssen ihnen das Wissen vermitteln, dass es eben wichtig ist, zu wissen, ist man HIV-infiziert oder nicht, um sich selber zu schützen und auch um seine Nächsten zu schützen. Und sie sagen, dieser Aids-Test muss Routine werden, das Leben mit HIV muss enttabuisiert werden und vor allen Dingen muss diese fürchterliche Epidemie unter schwarzen Menschen in den USA aufgehalten werden. Sie sagen, wenn man eine Liste machen würde der am meisten betroffenen Länder und man würde die schwarze Community in den USA als ein Land nehmen, dann würde man auf Platz 16 weltweit landen. Also tatsächlich sind das Zustände wie in Afrika.