Mittwoch, 08. Mai 2024

Archiv


Risse in den Wänden und schiefe Fußböden

Ingenieurwissenschaften. – Italien ist ein Land, das auf Ruinen gebaut ist. Fast alle italienischen Kommunen sind auf antiken Städten errichtet worden. Die Folge können Hauseinstürze oder zumindest ein gefährliches Absinken der Gebäude sein. Ein römisches Weltraumunternehmen will der Gefahr nun vorbeugen. Mit Satellitenhilfe sollen unsichere Häuser ermittelt werden, um Vorsichtsmaßnahmen einleiten zu können.

25.04.2002
    Francesco Pascucci will die Italiener darüber aufklären, ob ihre Häuser sicher sind. Der Ingenieur ist technischer Direktor des italienischen Weltraumunternehmens Alenia in Rom. Er hat ein Projekt entwickelt, mit dessen Hilfe Italiens Gebäude sicherer gemacht werden können. Auch wenn der Erdboden fest wirkt, so kommt es in Italien häufig zu Hauseinstürzen und zu einem gefährlichem Absinken der Gebäude. Meist liegt es daran, dass die Häuser auf älteren Strukturen errichtet worden sind. Häufig aber baute man die Häuser einfach illegal und bereitete das Erdreich deshalb nicht fachmännisch auf die Last eines Gebäudes vor. Um Gebäude und Stadtgebiete auf unsicherem Boden ausfindig machen zu können, nutzt die Alenia die Technik von Radarsatelliten, erklärt Franscesco Pascucci: "Einzige Voraussetzung für unser Projekt ist, dass das Gebäude, das wir messen wollen, über eine reflektierende Fläche von mindestens zehn Mal zehn Zentimetern verfügt. Nur dann kann der Satellit mit den Radarstrahlen feststellen, ob sich das Gebäude im Vergleich zu vorherigen Aufnahmen bewegt hat. Das ist natürlich nur möglich, wenn wir viel Bildmaterial als Vergleich zur Verfügung haben."

    Mit Hilfe von Radarsatelliten der Europäischen Weltraumbehörde werden in regelmäßigen Abständen Aufnahmen von Stadtgebieten gemacht. Auf diese Weise lassen sich Unregelmäßigkeiten in der Position von Gebäuden ermitteln. Der Satellit kann Positionsveränderungen von bis zu drei Zentimetern feststellen. Fast immer entdeckt er dabei ein Absinken von Gebäuden. Der Computer, der die Satellitendaten auswertet, liefert so genannte Absinkkurven, auf denen deutlich wird, ob es sich um eine gefährliche oder harmlose Tendenz handelt. Ermittelt wird auch der Zeitraum, in dem sich ein Gebäude einen bestimmten Weg von seiner Ausgangsposition abgewandt hat. Damit ist es möglich, sagt Ingenieur Pascucci, die Besitzer oder die Behörden zu warnen.

    Pascucci kann für alle italienischen Großstädte Daten liefern. Das Projekt der Alenia könnte, so Pascucci, von den Kommunen benutzt werden, um Unglücken vorzubeugen. Vor allem Städte wie Neapel und Rom, in denen die Stadtzentren auf uraltem Baugrund stehen, könnten von der neuen Technik profitieren. Städte also, in denen Risse in den Wänden und schiefe Fußböden zum Alltag gehören, auch wenn sich niemand so richtig Gedanken darüber macht, wo die Risse und schiefen Fußböden hinführen könnten.

    [Quelle: Thomas Migge]